Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
7.1 Neue Vorschriften für die Grundbesitzbewertung
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 v. 16.12.2022 (BGBl 2022 I S. 2294) wurden die Vorschriften zur Grundstücksbewertung im Bewertungsgesetz insbesondere bei Anwendung des Ertrags- und Sachwertverfahrens sowie der Verfahren in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die neue Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) v. 14.7.2021 (BGBl 2021 I S. 2805) angepasst. U. a. wurde die Höhe der Zinssätze in § 188 Abs. 2 Satz 2 BewG (Liegenschaftszinssätze) und in § 191 Satz 2 BewG i.V.m. Anlage 25 zum BewG (Wertzahlen für das Sachwertverfahren) an das aktuelle Marktniveau angepasst.
Die für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 geänderten Bewertungsregelungen können insbesondere bei Übertragungen von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen zum Anstieg der Schenkung- und Erbschaftsteuer führen, soweit im Einzelfall das Sachwertverfahren einschlägig ist. Auch bei Mehrfamilienhäusern, bei denen regelmäßig auf den Ertragswert statt auf den Sachwert abgestellt wird, kann wegen der sich ändernden Wertermittlung eine Steuererhöhung resultieren.
Die Finanzverwaltung äußerte sich in den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.3.2023 zur Anwendung der neuen Bewertungsregelungen. Zugleich wurden entsprechende Anpassungen und Ergänzungen der R B ErbStR 2019 vorgenommen. Der Erlass enthält u.a. Ausführungen zur zeitlichen Anwendung von weiterhin noch maßgeblichen Daten der Gutachterausschüsse, zur Höhe der gesetzlichen Liegenschaftszinssätze nach § 188 BewG sowie zum Ansatz der Bewirtschaftungskosten (statt pauschalem Prozentsatz in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer und der Grundstücksart Unterscheidung nicht nur nach Grundstücksart, sondern auch nach Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis). Ebenfalls enthalten sind Erläuterungen zu den neu im Rahmen des Sachwertverfahrens zu beachtenden Regionalfaktoren sowie zu den Sonderfällen, wie etwa der Bewertung von Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremden Grund und Boden.
7.2 Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel bei Umwandlungen
Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel unterliegen nicht den erbschaftsteuerlichen Begünstigungsvorschriften. Junges Verwaltungsvermögen ist das Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb, der Gegenstand des Erwerbs ist, im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG). Junge Finanzmittel sind der positive Saldo der eingelegten und entnommenen Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG). Zu den Folgen von Umwandlungen für junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel äußert sich die Finanzverwaltung in den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 13.10.2022 (BStBl 2022 I S. 1517). Danach kann sich bei Umwandlungen für einzelne Wirtschaftsgüter ein Rechtsträgerwechsel ergeben, der zur Begründung jungen Verwaltungsvermögens führen kann. Für die Frage, ob junges Verwaltungsvermögen vorliegt, ist eine betriebsbezogene Betrachtungsweise sowie die Änderung der Betriebszuordnung des Wirtschaftsguts entscheidend.
Laut der Erlasse wird bei einer Aufwärtsverschmelzung dem aufnehmenden Rechtsträger junges Verwaltungsvermögen zugeführt. Eine Anrechnung der Zurechnungszeit des bisherigen Rechtsträgers erfolgt nicht, vielmehr beginnt die Frist von zwei Jahren bei der aufnehmenden Gesellschaft neu (vgl. dazu auch BFH, Urteil v. 22.1.2020, II R 41/18, BStBl 2020 II S. 577). Dies gelte auch für andere Verschmelzungsrichtungen und unabhängig davon, ob bilanziell ein Aktivtausch vorliegt oder nicht.
Weiter erläutern die Erlasse die Auswirkung von Umwandlungen auf die Auf-, Abspaltung und Ausgliederung, Einbringung, Formwechsel sowie Anwachsung. Auch für junge Finanzmittel ist laut der Erlasse die gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise anzuwenden. Die Begriffe der Einlage oder Entnahme sind nach erbschaft- und schenkungsteuerlichen Kriterien zu bestimmen. Maßgebend sei, ob die Umwandlung zu einem Rechtsträgerwechsel führt. Darüber hinaus erläutern die Erlasse bewertungsrechtliche Fragen (u.a. Ausführungen zu den Folgen von Umwandlungsvorgängen für das vereinfachte Ertragswertverfahren).
Im Hinblick auf die Auswirkungen des Optionsmodells nach § 1a KStG für die Erbschaft- und Schenkungsteuer verweist die Finanzverwaltung auf die gleich lautenden Ländererlasse v. 5.10.2022 (BStBl 2022 I S. 1494).
7.3 Auswirkungen des Optionsmodells auf Erbschaften und Schenkungen
Durch das Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz v. 25.6.2021 (BGBl 2021 I S. 2050) wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2022 eine Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsbesteuerung für Personenhandelsgesellschaften geschaffen (§ 1a KStG). Dabei wird ertragsteuerlich ein Formwechsel fingiert (§ 1a Abs. 2 KStG), zivilrechtlich bleibt die optierende Gesellschaft eine Personengesellschaft. Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie für die Bewertung von Beteiligungen an Personengesellschaften wird die optierende Personengesellschaft weiterhin als Personengesellschaft behandelt (vgl. §...