Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
7.8.1 Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen
Neben der bereits bestehenden, auf Basis der Vorgaben der EU-Amtshilferichtlinie ("DAC6") eingeführten, Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (§§ 138d bis 138k AO) soll mit dem Wachstumschancengesetz auch eine Mitteilungspflicht für bestimmte rein innerstaatliche Gestaltungen eingeführt werden (§§ 138l, 138m und 138n AO). Als innerstaatlich gelten gem. § 138l Abs. 2 AO nur solche Gestaltungen, die keine grenzüberschreitende Steuergestaltung im Sinne der DAC6 (§ 138d Abs. 2 i.V.m. § 138e AO) sind. Erfasst werden lediglich Gestaltungen, die eine Steuer vom Einkommen oder Vermögen, die Gewerbesteuer, die Erbschaft- oder Schenkungsteuer, die Grundsteuer oder die Grunderwerbsteuer zum Gegenstand haben. Wie bei DAC6 muss zusätzlich mindestens ein sog. Kennzeichen auf die Gestaltung zutreffen.
Dagegen anders als bei DAC6 muss außerdem für sämtliche Kennzeichen zusätzlich ein Relevanztest ("Main Benefit Test") erfüllt sein. D.h., der oder ein Hauptvorteil der Gestaltung muss in der Erlangung eines steuerlichen Vorteils i.S.d. § 138d Abs. 3 Satz 1 AO bestehen, der zudem im Geltungsbereich der Abgabenordnung (in Deutschland) entstehen muss. Auch für innerstaatliche Gestaltungen erhält die Finanzverwaltung ausdrücklich die Befugnis, per BMF-Schreiben Gestaltungen zu bestimmen (sog. "Whitelist"), bei denen ein steuerlicher Vorteil i.S.d. Mitteilungspflicht besteht, weil dieser gesetzlich vorgesehen ist (§ 138l Abs. 2 Satz 3 AO). Die auf dieser noch zu veröffentlichenden Whitelist genannten Gestaltungen wären nicht mitteilungspflichtig.
Im Unterschied zu den grenzüberschreitenden Steuergestaltungen sollen innerstaatliche Gestaltungen nur dann einer Mitteilungspflicht unterliegen, wenn der Nutzer der Gestaltung mindestens eines der sog. nutzerbezogenen Kriterien erfüllt (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO), u. a. Umsatz-, Einkünfte oder Einkommensschwelle.
Prioritär soll auch bei der Mitteilungspflicht für innerstaatliche Gestaltungen ein eingebundener Intermediär (z.B. Steuerberater, Rechtsanwalt oder Bank) für die Mitteilung verantwortlich sein, wenn er über einen Inlands-Nexus verfügt (§ 138m Abs. 1 Satz 1 AO).
Die unter die Mitteilungspflicht fallenden innerstaatlichen Gestaltungen sind in der Steuererklärung anzugeben (§ 138k Abs. 2 AO). Die fehelende oder nicht rechtzeitige Erfüllung der Mitteilungspflicht ist sanktionsbewehrt, vgl. § § 379 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j und k und Abs. 5 AO.
Die neue Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen soll am Tag nach der Verkündung des Wachstumschancengesetzes in Kraft treten. Das BMF hat die Möglichkeit, den Stichtag festzulegen und im Bundesgesetzblatt bekannt zu machen, ab dem ein maßgebendes Ereignis die Mitteilungspflicht auslöst. Das BMF muss den Stichtag mindestens ein Jahr zuvor bestimmen, als spätester Stichtag gilt der 31.12.2027 (Art. 97 § 33 Abs. 7 EGAO).
Bezüglich der bestehenden Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen sollen ebenfalls einige Änderungen erfolgen. So wird künftig in § 138e Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b AO (Kennzeichen D2) auf den "wirtschaftlich Berechtigten" (bisher wirtschaftlicher Eigentümers) abgestellt. Hinsichtlich der Mitteilung durch Intermediäre (§ 138f AO) wird u.a. aufgenommen, dass ein Intermediär Angaben zu anderen Intermediären nur mit deren Einwilligung an das BZSt melden kann (Abs. 3 Satz 2). Ebenfalls erfolgt (u.a.) eine Ergänzung in § 138f Abs. 6 Satz 3 AO (Verlangen einer Mitteilung vom zur Verschwiegenheit verpflichteten Intermediär sowie Anpassungen der Sanktionsvorschrift des § 379 AO).
Anmerkung der Redaktion
Zur Umsetzung dieser Maßnahme im finalen Wachstumschancengesetz basierend auf der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses siehe hier.
7.8.2 Schwellenwerte für Buchführungspflichten
Für nach dem 31.12.2023 beginnende Geschäftsjahre sollen die Schwellenwerte in § 141 AO (Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger, entsprechend in § 241a HGB) von 600.000 EUR auf 800.000 EUR (Gesamtumsatz) und von 60.000 EUR auf 80.000 EUR (Gewinn aus Gewerbebetrieb bzw. Gewinn auf LuF) angehoben werden.
Unterhalb dieser Schwellenwerte dürfen steuerpflichtige Einzelkaufleute statt einer handelsrechtlichen Buchführung mit Jahresabschlusserstellung (und entsprechender steuerlicher Gewinnermittlung) nur eine Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung mit vereinfachter Buchführung durchführen.
Anmerkung der Redaktion
Zur Umsetzung dieser Maßnahme im finalen Wachstumschancengesetz basierend auf der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses siehe hier.
7.8.3 Schwellenwerte für Aufbewahrungspflichten
Steuerpflichtige, die Überschusseinkünfte von mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr erzielen, haben die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zu Grunde liegenden Einnahmen und Werbungs...