Dr. Walter Schmidt, Dr. Herwig R. Friedag
Dieser 2. Teil des Berichts von Johannes Lorenz befasst sich mit den Ebenen Strategieentwicklung, Strategieumsetzung und Strategienutzung.
1.1 Eine Agenda als Orientierung
Partnerschaft trägt weiter
In den "Nullerjahren" gab es ein ständiges Auf und Ab. Von den Problemen der Gesundheitsreform 2004 und deren Auswirkungen auf mein Unternehmen hatte ich schon erzählt. Auch über unsere Entscheidung, keinen Preiskampf auszufechten, sondern eine Qualitätsstrategie zu verfolgen. Wertvoll sein für wertvolle Kunden. Damit hatten wir Erfolg. Lorenz Dental konnte wertvolle Zahnärzte als Kunden neu gewinnen. Und die Erfolgreichen unter unseren gewonnenen Kunden erweiterten ihre Zusammenarbeit mit uns.
Dann kam die globale Finanzkrise 2008/2009. Aber diesmal waren wir besser aufgestellt als 2004. In der Not trägt Partnerschaft doch weiter! Die Geldschneiderei mancher unserer Wettbewerber in den Jahren zuvor hatte Vertrauen zerstört. Wir hingegen hatten Vertrauen aufgebaut. Das kam uns nun zugute. Die krisenbedingte Delle konnten wir schnell ausgleichen und zu erneutem Wachstum übergehen.
2010 setzten wir dann unseren Wachstumsprozess weiter fort. Durch den Ausbau unserer bestehenden Standorte und durch den Erwerb weiterer zahntechnischer Labore. Eine der wichtigsten Erkenntnisse daraus war, dass jedes Labor, das wir erworben haben, seine eigene Unternehmenskultur entwickelt hatte. Dabei meine ich nicht die auf Hochglanzprospekt beschriebene, sondern die tatsächlich im Unternehmen bewusst oder unbewusst gelebte Kultur.
Kulturelle Integration weiterer Unternehmen
Besonderes Augenmerk legten wir daher auf den Prozess der kulturellen Integration. Dieser Transformationsprozess gestaltet sich zu einer ernst zu nehmenden Herausforderung. Die Aufgabe war und ist es hierbei, andere Unternehmenskulturen in die bestehende und gefestigte Lorenz-Dental-Kultur zu integrieren.
Das wichtigste in diesem Prozess ist das Mitnehmen der Menschen. Hier gilt es auch Personalentscheidungen zu treffen. Aber manche meiner Personalentscheidungen erwiesen sich im Nachhinein als kontraproduktiv.
Eine wichtige Erkenntnis hieraus ist, dass die zu integrierende Kultur mit unseren Grundwerten übereinstimmen muss. Und man muss im gemeinsamen Tun die Werte in der täglichen Arbeit erleben. Dafür haben wir viel Manpower und finanzielle Mittel aufgewendet.
Strategie lässt sich nicht 1:1 übertragen
Außerdem zeigte sich, dass wir unsere Qualitätsstrategie der Partnerschaft zu erfolgreichen Zahnärzten nicht 1:1 auf andere Standorte übertragen konnten. Das lässt sich nicht im Workshops umsetzen.Das lässt sich nur durch direktes Engagement vor Ort realisieren. Die alte Weisheit: Hingehen, Zuhören, Hindernisse beseitigen und die Menschen machen lassen.
So lernen wir weiter hinzu. Eine der Lehren aus dieser Zeit ist eigentlich eine Binsenweisheit: Jede Strategie muss finanziert werden können. Ohne in eine Schuldenfalle zu tappen. Ich war in Finanzierungsfragen immer vorsichtig gewesen. Doch eher aus dem Bauch heraus. Jetzt aber begannen wir Größenordnungen zu erreichen, die ein fundierteres Herangehen erforderten. Wir brauchten eine Orientierung, die allen im Unternehmen auf verständliche Weise verdeutlichen konnte, wo die Reise hingeht. Wir brauchten eine Agenda. Wir haben sie UPO genannt: Unternehmens-Politische Orientierung. Und wir wollten sie auf solide Füße stellen.
Unternehmens-Politische Orientierung
Um die UPO zu erarbeiten und in die gesamte Lorenz-Gruppe hineinzutragen, habe ich 2010 einen "beratenden Vorstand" gebildet. Er umfasste – in Anlehnung an die EFQM-Kriterien – Verantwortliche für die Aufgabenfelder
- Politik und Strategie
- Mitarbeiterentwicklung
- Kunden
- Prozesse
- Finanzen & Investitionen sowie
- Entwicklung der Gruppe.
Für jedes Aufgabenfeld wurden eigenständige Orientierungen entworfen, mit allen Standorten diskutiert und schließlich Ende 2011 als "UPO 2020" vereinbart (s. Abb. 1).
Abb. 1: UPO der Lorenz-Gruppe bis 2020, verantwortlich für die Zielerreichung sind die beratenden Vorstandsmitglieder
UPO hat sich bewährt
Inzwischen sind 6 Jahre vergangen. Die Agenda hat sich als Orientierung bewährt und wurde bedarfsweise angepasst.
- Der EFQM-Prozess brachte und bringt uns spürbar voran. Wie schon berichtet konnten wir beim Ludwig-Erhard-Preis ausgezeichnet werden. Und wir nutzen die EFQM-Methodik, um kontinuierlich mit allen Mitarbeitern an Verbesserungen insbesondere in deren Arbeitsumfeld zu arbeiten.
- Unser Weiterbildungskonzept haben wir schrittweise ausgebaut. Die Gründung der Akademie ist für 2018 vorgesehen.
- Im Beziehungsmanagement zu unseren Kunden gehen wir gerade einen wesentlichen Schritt zu mehr Nähe: Durch den Aufbau unserer Betreuungs-, Beratungs- und Verkaufsteams.
- Unser Prozessmanagement begreifen wir als das Setzen und Durchsetzen gemeinsamer Regeln zur Gewährleistung unserer Werte. "Regeln sichern unsere Werte" ist ein ganzes Programm geworden. Auch dabei haben wir Lehrgeld bezahlt. Prozesse sind kein bürokratisches Werk von Definitionen für Strukturen und Abläufe. Da hatten wir anfa...