Die deutsche Diskussion zum Verhältnis vom Vermögensgegenstand (Handelsbilanz) und Wirtschaftsgut (Steuerbilanz) hat eine lange Tradition. In unterschiedlichen Facetten wurde dabei die handelsrechtliche Aktivierungsvoraussetzung der selbstständigen Verkehrsfähigkeit der steuerlichen Aktivierungsvoraussetzung der selbstständigen Bewertbarkeit gegenübergestellt. Die Diskussion hatte immer einen hohen theoretischen Reiz. Praktisch ließ sie sich freilich auf den Bereich der immateriellen Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zurückführen. Eine zwangsläufige Konkretisierung ergibt sich hier dadurch, dass eine Aktivierungspflicht in beiden Bilanzen nur im Fall eines entgeltlichen Erwerbs gegeben ist (§ 248 HGB, § 5 Abs. 2 EStG). Die theoretisch so reizvollen Unterscheidungen der ersten Stufe ("Liegt überhaupt ein Vermögensgegenstand respektive Wirtschaftsgut vor?") werden damit auf der zweiten Stufe ("Ist dieser eventuelle Vermögensgegenstand respektive dieses Wirtschaftsgut zu aktivieren?") weitgehend gegenstandslos.
Ein ähnliches Missverhältnis zwischen theoretischer Anstrengung und praktischer Bedeutsamkeit würde sich ergeben, wenn man das ebenfalls zweistufige Aktivierungskonzept der IFRS und den Begriff des asset in ein Verhältnis zum Handelsrecht und zum Begriff des Vermögensgegenstands setzen würde. Stattdessen hier die Begrenzung auf das Verständnisnotwendige:
Die Bilanzposten werden im Rahmenkonzept folgendermaßen definiert (CF.4.1 ff.):
- Ein Vermögenswert ist eine Ressource, die vom Unternehmen als Resultat vergangener Ereignisse beherrscht wird (CF.4.3). Im Begriff der Ressource steckt das Potenzial für künftigen wirtschaftlichen Nutzen (CF.4.4).
- Eine Schuld ist eine gegenwärtige Außenverpflichtung des Unternehmens aus vergangenen Ereignissen, von deren Erfüllung erwartet wird, dass vom Unternehmen Ressourcen abfließen werden (CF.4.26).
- Das Eigenkapital ist als Residualbetrag der nach Abzug aller Schulden des Unternehmens verbleibende Restbetrag seiner Vermögenswerte (CF.4.63).
Vermögenswerte und Schulden im Sinne der obigen Definitionen erscheinen nicht immer in der Bilanz. Voraussetzung für die Aufnahme in die Bilanz ist, dass die Vermögenswerte und Schulden auch die Ansatzkriterien erfüllen (Stufe zwei). Vermögenswerte und Schulden werden u. U. dann nicht in der Bilanz angesetzt, wenn ihre Existenz oder die Wahrscheinlichkeit eines Ressourcenzuflusses oder -abflusses zu niedrig ist oder eine hinreichend verlässliche Bewertung nicht möglich ist (CF.5.6 ff.). Aus dem (Nicht-)Ansatz von Vermögenswerten oder Schulden ergeben sich Folgerungen für den (Nicht-)Ansatz von Erträgen und Aufwendungen, da Letztere über die Veränderung von Vermögenswerten und Schulden definiert sind (sog. asset-liability-approach).
Auch die Posten im Zusammenhang mit der Leistung (performance) werden definiert (CF.4.71):
- Erträge stellen Zunahmen des wirtschaftlichen Nutzens innerhalb der Berichtsperiode dar, in der Form von Zuflüssen oder Erhöhungen von Vermögenswerten oder Abnahmen von Schulden, die zu Zunahmen des Eigenkapitals führen, aber nicht als Beiträge von Eigenkapitalgebern veranlasst sind (CF.4.68).
- Aufwendungen stellen entsprechend Abnahmen des wirtschaftlichen Nutzens innerhalb der Berichtsperiode dar (CF.4.69).
Aufwendungen und Erträge im Sinne der obigen Definitionen erscheinen nicht immer in der Gesamtergebnisrechnung. Voraussetzung für die Aufnahme in die Gesamtergebnisrechnung ist, dass die Ansatzkriterien erfüllt werden. Erträge (income) umfassen sowohl Gewinne (gains; etwa aus dem Abgang von langfristigem Vermögen) als auch Erlöse (revenues; etwa aus dem Verkauf von Handelswaren). Auf der Gegenseite umfassen Aufwendungen sowohl Verluste (losses) als auch andere Aufwendungen (other expenses; CF.4.29-4.35).
Ähnlich wie die meisten Unterscheidungsversuche zwischen Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut werden auch die meisten Differenzierungsversuche zwischen einem asset nach IFRS und einem Vermögensgegenstand nach HGB (Stufe eins) auf der zweiten Stufe gegenstandslos. So könnten etwa Werbeaufwendungen wegen ihres Potenzials, zukünftige Umsätze zu generieren, zwar ein asset nach IFRS darstellen, mangels Verkehrsfähigkeit bzw. Einzelveräußerbarkeit hingegen keinen Vermögensgegenstand nach HGB (Stufe eins). Dieser Unterschied ist jedoch praktisch bedeutungslos. Die durch Werbeaufwendungen generierten zusätzlichen Ertragspotenziale können nicht zuverlässig genug eingeschätzt werden. Auch nach IFRS ist deshalb keine konkrete Aktivierungsfähigkeit gegeben (Stufe zwei).
Tipp
Im Vergleich zwischen dem asset-Begriff und dem Begriff des Vermögensgegenstands bleibt im Wesentlichen nur ein für den Ausweis bedeutsamer Unterschied: der Begriff asset beinhaltet anders als der Vermögensgegenstandsbegriff des HGB auch Rechnungsabgrenzungsposten. Eine gesonderte Behandlung beim Bilanzausweis (und bei der Bewertung: Abschreibung auf den beizulegenden Wert) ist damit im Gegensatz zum HGB grundsätzlich nicht mehr geboten.