1.4.1 Stärken
Die Stärken des Modells liegen auf der Hand. Anhand einer einheitlichen Systematik werden verschiedene Kostenarten untersucht, die im direkten Zusammenhang mit Entscheidungen über Informationstechnologie stehen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ein Preis, eine einfache Kennzahl, die Aufschluss gibt über die Kosten, die an jedem IT-Arbeitsplatz entstehen. Damit sind die Aussagen, die aufgrund von TCO-Analysen getroffen werden, erheblich detaillierter als die meisten bisher bekannten Ansätze zur Erhebung von Kosten in der IT.
Die TCO-Kennzahl eignet sich bei gleicher Systematik auch für einen Vergleich zwischen Unternehmen, die ihre Computer für die gleichen Zwecke einsetzen. Der in vielen Unternehmen vorkommende "Information Worker" stellt deshalb einen guten Ausgangspunkt für vergleichende TCO-Untersuchungen dar, denn viele Arbeitsplätze unterscheiden sich lediglich durch das Unternehmen, nicht aber durch Schwierigkeitsgrad sowie verwendete Hardware und Software. In einer solchen Situation kann eine TCO-Analyse die Frage beantworten, ob die eigene IT im Verhältnis zu anderen eher billig oder teuer ist. Noch besser eignet sich TCO jedoch für die Untersuchung der kostenmäßigen Auswirkungen von Veränderungen der IT innerhalb eines Unternehmens. Da man hier viel eher die gleiche Systematik, das gleiche Verständnis bei der Durchführung und den gleichen Wahrheitsgehalt der Untersuchung voraussetzen kann, sind auch die Ergebnisse aussagekräftiger als beim Vergleich unterschiedlicher Unternehmen.
TCO zeigt, dass die Kosten von IT grundsätzlich genauso zu handhaben sind, wie Kosten in anderen Unternehmensbereichen. Ein Informationstechnik-Bereich kann deshalb genauso geführt und behandelt werden, wie Forschungs-, Marketing- oder Produktionsabteilungen. TCO bietet eine neue Perspektive – weg von Technologieorientierung in der IT hin zu modernem Management, Prozessverbesserung, Best Practices und kostenoptimalen Lösungen.
1.4.2 Schwächen
Der größte Anteil der TCO-Kennzahl wird von der relativ unstrukturierten und unscharf definierten Komponente "End-User Activities" ausgemacht. Damit sind mehr als 30 % der Kosten nicht oder nur sehr schlecht nachzuprüfen, was die Aussage der gesamten Analyse erheblich schwächt. Hier müssten andere Untersuchungsmethoden wie etwa die Prozesskostenanalyse herangezogen werden, um die anfallenden indirekten Kosten genauer aufzuschlüsseln.
Das Verfahren und die Systematik von TCO sind nicht standardisiert. Das hat dazu geführt, dass innerhalb kurzer Zeit Dutzende verschiedener Analysen durchgeführt wurden, die alle aufgrund unterschiedlicher Systematiken zu verschiedenen Ergebnissen kamen. So wurden beispielsweise die durchschnittlichen "Cost of Ownership" für einen "Standard Business PC" im Fortune Magazin mit mehr als 9.000 $, im Economist mit 6.400 $, in der New York Times mit 13.000 $ und in Business Week mit 8.000 $ angegeben. Diese Zahlen sind ungefähr genauso aussagekräftig wie ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Eine Anwendung von TCO als universelle Kennzahl wie z. B. Gewinn vor Steuern zu eingesetztem Kapital (Return on Investment) verbietet sich daher von vornherein. Bei einheitlicher Systematik kann eine TCO-Untersuchung jedoch trotzdem aussagekräftige Ergebnisse liefern.
Eine TCO-Analyse befasst sich ausschließlich mit den Kosten von Informationstechnologie und macht keine Aussage über deren Nutzen. Erst wenn Kosten und Nutzen gegenübergestellt werden, lassen sich Aussagen über Leistungsfähigkeit und Effizienz machen und somit richtige Entscheidungen bei der Auswahl von IT-Systemen treffen (Total Benefit of Ownership).
Ein weiteres Problem stellen der rapide Preisverfall und die rasante technologische Entwicklung dar. Sie vermindern die Aussagefähigkeit von TCO-Kennzahlen, denn die Analysen gehen von den Anschaffungskosten, nicht von den Wiederbeschaffungskosten aus. Üblicherweise geben die Untersuchungen die Kosten pro Arbeitsplatz pro Jahr an. In diesem Jahr verringern sich aber die Kosten für die Hardware bereits beträchtlich (ein PC kann linear über drei Jahre abgeschrieben werden), sodass eine TCO-Kennzahl nur der kurzfristigen Kontrolle bei relativ unveränderten Marktpreisen dient. Da davon auszugehen ist, dass sich die Anwendungen sehr viel langsamer verändern, sind TCO-Kennzahlen tendenziell zu hoch.
Ein zusätzlicher Faktor, der bei den Überlegungen zu TCO nicht genügend berücksichtigt wurde und deren langfristige Aussagefähigkeit vermindert, ist das generelle Entwicklungspotenzial von IT. Innovative Technologien ändern nicht nur Hardware oder Software, sie ändern Prozesse. Veränderte Prozesse verlangen aber nach einer neuen Systematik in der Analyse und machen die Vergleichbarkeit zunichte. Obgleich sich dieser Faktor nicht so direkt auswirken mag wie der Preisverfall, verhindert er potenziell den Einsatz von TCO als langfristiges und strategisches Planungswerkzeug. Nicht nur die Kosten selbst, sondern auch die Kostenarten und die Systematik sind zeitlichen Veränderungen unterworfe...