Prof. Dr. Andreas Klein, Cornelia Putzhammer
1.1 Kostenträgerrechnung – Produktkostencontrolling
Das Produktkostencontrolling ist die zweite Ebene nach dem die Kostenarten- und Kostenstellenrechnung zusammenfassenden Gemeinkostencontrolling im Datenflussplan des QUATTRO-Modells. Aufgabe des Produktkostencontrolling ist es, sicherzustellen, dass die Erbringung der betrieblichen Leistungen in möglichst wirtschaftlicher Weise geschieht. Das Produktkostencontrolling liefert somit die erforderlichen Informationen für die Planung, Steuerung und Kontrolle der gesamten Produktkosten. Als wesentliches Instrument steht dem Produktkostencontrolling dafür die Kostenträgerrechnung zur Verfügung.
Definition Kostenträger
Unter einem Kostenträger versteht man sowohl Absatzleistungen als auch innerbetriebliche Leistungen. Abhängig vom Auswertungszweck und von der Art der Fertigung kann ein Kostenträger als abstrakte Kalkulationseinheit sowohl ein einzelnes Stück, ein Auftrag (Kunden- oder Fertigungsauftrag), ein Produkt, eine Produktgruppe als auch deren Bauteile bzw. Zwischenprodukte sein. Im Dienstleistungsbereich sind Kostenträger beispielsweise ein Projekt, eine Operation im Krankenhaus, eine Festnetzgesprächsminute eines Telekommunikationsunternehmens oder ein bearbeiteter Antrag bei einer Behörde.
„Wofür sind die Kosten entstanden?”
Mit der Kostenträgerrechnung soll gezeigt werden, wofür – für welche Kostenträger – die Kosten entstehen bzw. entstanden sind. Die Kostenträgerrechnung wird traditionell in die Kostenträgerstück- und die Kostenträgerzeitrechnung unterteilt. Die Kostenträgerstückrechnung ist gemeinhin unter dem Begriff der Kalkulation (Vor-, Nachkalkulation etc.) bekannt und soll nun im Anschluss näher erläutert werden.
Kostenträgerzeitrechnung
In der Kostenträgerzeitrechnung als Periodenrechnung werden die gesamten in einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten – strukturiert nach Kostenträgern – ermittelt. Die geschlossene Form der Kostenträgerzeitrechnung gliedert sich wiederum in die Betriebsleistungsrechnung, die Bestandsrechnung und die Betriebsergebnisrechnung, Letztere auch häufig kurzfristige Erfolgsrechnung genannt. Betriebsleistungs- und Bestandsrechnung werden im nächsten Beitrag unserer QUATTRO-Serie als Instrumente des Produktkostencontrolling beschrieben. Aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung, insbesondere auch für das gesamte Vertriebscontrolling, wird die Ergebnisrechnung in zwei weiteren, die Serie dann abschließenden Beiträgen dargestellt.
1.2 Grundstruktur der Kalkulation
Mit Hilfe der Kalkulation werden die Herstell- und Selbstkosten, die bei der Erstellung der betreffenden absatzfähigen bzw. innerbetrieblichen Leistungen entstanden sind, ermittelt und auf die Leistungseinheiten verrechnet. Diese Kostenermittlung im Rahmen des Produktkostencontrolling ist:
- die Grundlage der Bewertung der Bestände an Halb- und Fertigfabrikaten sowie der selbst erstellten Anlagen und Werkzeuge in der Handels- und Steuerbilanz (Herstellungskosten) sowie in der kurzfristigen Erfolgsrechnung (Herstellkosten);
- die Grundlage der Planung und Kontrolle des Periodenerfolgs durch Bestimmung der Selbstkosten der abgesetzten Leistungen;
- die Grundlage preispolitischer Entscheidungen, z.B. die Kalkulation des Angebotspreises oder die Ermittlung von Preisuntergrenzen. Aufgrund der Entwicklung hin zu Käufermärkten, auf denen Marktpreise für die einzelnen Produkte immer häufiger eine im Großen und Ganzen gegebene Größe darstellen, hat sich der ursprüngliche Zweck der Kostenträgerrechnung weg von einer reinen Preiskalkulation hin zu einer Kontrollrechnung verschoben. Diese Kontrollrechnung soll Auskunft darüber geben, ob der am Markt erzielbare Preis die durch das Produkt verursachten Kosten sowie den angestrebten Gewinn decken kann.
Kostenzuordnung nach dem Verursachungsprinzip
Ziel der Kalkulation ist es, die entstandenen Kosten den Kostenträgern möglichst nach dem Verursachungsprinzip zuzurechnen. Da dies nicht für alle Kosten möglich ist (im Hinblick auf die eindeutige Zurechenbarkeit zu einem Kostenträger), wird in der Praxis auch nach dem Tragfähigkeits- oder Durchschnittsprinzip vorgegangen. Bei der Anwendung der Letzteren ist jedoch zu bedenken, dass diese Prinzipien bei allen nur kurzfristig relevanten Fragestellungen zu verzerrten Entscheidungsgrundlagen führen (oder: Fehlentscheidungen nahe legen) können.
Bezugsgrößenkalkulation
Vor diesem Hintergrund wurde die Bezugsgrößenkalkulation entwickelt. Aus der Kostenartenrechnung werden die dem Produkt bzw. der Leistung direkt zurechenbaren Einzelkosten wie Fertigungsmaterial oder Sondereinzelkosten (Spezialbetriebsmittel, Ausgangsfrachten etc.) entnommen. Die Gemeinkosten fallen für mehrere Erzeugnisse gemeinsam an und werden mittelbar mit Hilfe von – in der Kostenstellenrechnung ermittelten – Kalkulationssätzen den Kostenträgern zugerechnet. Die Grundlage für Bezugsgrößenkalkulationen bilden Stücklisten und Arbeitspläne.
Stücklisten
Stücklisten sind Verzeichnisse, aus denen hervorgeht, in welcher Weise Erzeugnisse aus Einsatzmaterialien, Teilen oder Baugruppen untergeordneter Fertigungsstufen zu...