Katrin Kuhls, Lothar Kuhls
2.1 Ausgangssituation
Im Mittelpunkt jeder Entscheidungsfindung stehen Fragen, Fragen, Fragen …
Das Unternehmen ist seit mehr als zehn Jahren auf das Bedrucken von T-Shirts mit ansprechenden grafischen Designs spezialisiert. Der Qualitätsanspruch ist bis heute hoch. Die Preise liegen im mittleren Segment. Die Kundschaft besteht sowohl aus Laufkundschaft als auch aus Firmen und Institutionen, die größere Stückzahlen bestellen. Neben dem Inhaber wurden zwei fest angestellte Mitarbeiter und einige "Freie" beschäftigt.
Der Anstoß für den Unternehmer, die Firma zu übergeben, entstand im Zusammenhang mit Mietvertragsthemen. Es wurde aufgrund der Lage über deutliche Mieterhöhungen gesprochen. Diese Situation führte zu Überlegungen, das Geschäft aufzugeben und sich ins Privatleben zurückzuziehen. Zu dem Zeitpunkt sprach der Inhaber unseren späteren Kunden an, der bereits seit Jahren in dem Geschäft arbeitete, ob er Interesse an einer Übernahme hätte.
Dieser Mitarbeiter wandte sich frühzeitig an uns, um mit uns die Frage der möglichen Übernahme vom Vorbesitzer zu erörtern einschl. des zu erwartenden Umzuges des Geschäfts. Klar war für ihn, dass er die Übernahme nur gemeinsam mit dem Grafiker, der als freier Mitarbeiter auch bereits seit Jahren im Unternehmen mitarbeitete, in Partnerschaft realisieren würde.
Der Übergebende erwartete einen finanziellen Ausgleich für den Erwerb der bisherigen technischen Ausstattung sowie für den Kundenstamm mit wichtigen Geschäftskunden. Über die Summe wurde aufgrund der langjährigen persönlichen Beziehungen relativ schnell Einigkeit erzielt.
Die folgenden Fragen blieben für die Übernehmenden besonders wichtig:
- Was war der bisherige Schlüssel für den Erfolg des Unternehmens?
- Was wollen wir von dem was sich bewährt hat übernehmen und auch zukünftig erhalten?
- Welche Begrenzungen hatte das Geschäft bisher, die wir zukünftig überwinden wollen?
- Sind wir fähig und in der Lage Unternehmer zu sein?
- Wie wirkt sich der Umzug in die neuen Räume auf das Geschäft aus?
- Schaffen wir die Finanzierung?
- Welche Chancen haben wir in der Zukunft?
- Was sind für uns die größten Risiken?
- Die beiden Übernehmenden haben sich intensiv mit diesen Fragen auseinandergesetzt und waren entschlossen, die Risiken in Kauf zu nehmen. Sie sahen vor allem die Chancen in der neuen Lage und ihre eigene Arbeitsqualität, um damit nachhaltig Kunden anzuziehen und entsprechend erfolgreich zu sein.
2.2 Vier-Faktoren-Prüfung zur Eignung als Unternehmer
Viele junge Manager beschäftigen sich mit der Frage von Selbständigkeit. Sie wollen sich von den Zwängen in fest gefügten Unternehmensorganisationen lösen und mehr selbstbestimmt arbeiten. Dabei gibt es neben der Frage der Finanzierbarkeit des Vorhabens vor allem die Sorge, was passiert, wenn es schief geht und eine Insolvenz droht. So war es auch in diesem Fall.
Aus dieser Fragestellung heraus haben wir die Vier-Faktoren-Prüfung als Werkzeug für die Eignung als Unternehmer eingesetzt. Sie ist ein wesentliches Element, wie im dargestellten Fall die Übernahme und die Unternehmerschaft zum Erfolg geführt wurden.
Persönlichkeit
Innere Stabilität erforderlich
Jeder Unternehmer kommt irgendwann einmal in seinen persönlichen Grenzbereich, in dem es heißt, extreme Belastungen als Mensch auszuhalten. Dann heißt es, innerlich sehr stabil zu sein und bei entsprechendem Gegenwind nicht gleich einzubrechen beispielsweise, wenn wichtige Mitarbeiter das Unternehmen verlassen oder – ganz häufig – wenn die finanzielle Situation besorgniserregend wird und zum Beispiel kein eigenes Gehalt mehr gezahlt werden kann und die Zustimmung zur nächsten Finanzierungsrunde auf sich warten lässt. Das kann zu Stress in höchstem Maße führen, den der Unternehmer aushalten können muss: gegenüber sich selbst, der Familie, den Mitarbeitern, den weiteren Entscheidern, den Bankern, den Gläubigern. In diesen Phasen gilt es, die innere Sicherheit zu bewahren und mit Zuversicht und Ruhe die Zukunft weiter zu gestalten.
Teamfähigkeit mit Partnern
Ist er nicht allein als Jungunternehmer gestartet, heißt es, sich mit seinen Partnern abzustimmen, bevor Unternehmensentscheidungen getroffen werden. Es ist unabdingbar, dass die Chemie der Gründer passen muss, andernfalls wird es später an entscheidenden Punkten schwierig, die zu Beginn gar nicht abzuschätzen sind.
Die Prüfung dieser Fragen muss jeder für sich klären. Sie sind im Vergleich zu den folgenden Prüfkriterien nur schwer objektivierbar und daher nur individuell zu lösen. Der Business-Coach bewirkt in derartigen Situationen den Perspektivwechsel, in dem er Fragen stellt, die die Betroffenen sich selbst nicht stellen oder auf die sie selbst nicht kommen.
Leistung
Gefahr der Überschätzung
Viele Gründer/Übernehmer fokussieren sich sehr auf ihr besonderes Leistungsspektrum im Bereich ihrer kognitiven und methodischen Kompetenzen. Darin liegen zwei Gefahren:
- Wunschvorstellungen oder idealisierte Vorstellungen vom eigenen Leistungsvermögen in Bezug auf die tatsächliche Nachfrage überdecken die erwarteten Möglichkeiten des Geschäftsmodells.
- Das eigene Können und das m...