Katrin Kuhls, Lothar Kuhls
3.1 Entwicklung des Projektes
Der Unternehmer erwarb Anfang der 90-er Jahre von einem weltweit agierenden deutschen Konzern die Verkaufsrechte für die von diesem Konzern hergestellten Investitionsgüter für ausgewählte Länder in Osteuropa. Er war viele Jahre im Verkauf des Konzerns tätig und kannte daher nicht nur die Produkte, sondern auch die Struktur des Konzerns und die Möglichkeiten, die sich ihm mit diesen Verkaufsrechten auf der Basis eines Handelsvertretervertrages in diesen Ländern boten.
Jetzt hieß es, eine starke Verkaufsmannschaft in den Ländern aufzubauen. Mit viel Geschick hat der Unternehmer die richtigen Verantwortlichen in den Ländern gefunden, ihnen das Geschäft beigebracht und diese als erfolgreiche Geschäftsleute vor Ort etabliert.
Die einzelnen Vertriebsgesellschaften in den Ländern agierten vor Ort eigenständig. Die dortigen Aktivitäten wurden von Deutschland aus gesteuert. Dafür wurde ein einheitliches Berichtswesen entwickelt. Die Finanzdaten basierten in allen Ländern auf Monats-/Jahresabschlüssen, die von dort ansässigen Steuerberatern erstellt wurden.
Gegenseitiges Vertrauen ist der Schlüssel zum Erfolg
In Deutschland entschied sich das Unternehmen Jahre vor dem Übergabeprozess für uns als Berater zur Einführung eines neuen ERP-Systems. Das Projekt wurde letztlich nicht realisiert. Gleichwohl wollte der Unternehmer uns näher kennenlernen. Wie sich später heraus stellte aus einem einzigen Grund: er suchte einen Partner, zu dem er Vertrauen aufbauen konnte, um sein Hauptthema, das er zu der Zeit schon im Kopf hatte, eines Tages angehen zu können.
Über Jahre hat der Unternehmer das Thema der Unternehmensübergabe uns gegenüber zunächst nicht angesprochen, sondern uns vielmehr mit kleinen Aufträgen geprüft, ob wir die richtigen Partner für ihn seien. Das bezog sich sowohl auf die fachliche Expertise als auch auf die Chemie des Miteinanders.
3.2 Rahmenbedingungen
Lieferant an Übernahme interessiert
Die rasante Entwicklung der Vertriebsgesellschaften in den einzelnen Ländern haben die Verantwortlichen genutzt und stets gute bis sehr gute Ergebnisse erwirtschaftet. Den Aufbau der Vertriebsgesellschaften kann man als vollen Erfolg betrachten.
Das blieb dem Wunschpartner für die Übernahme nicht verborgen; denn er war der Lieferant der Investitionsgüter. Über die Abnahmemengen konnte er erkennen, wie erfolgreich die Gesellschaften in den Ländern agierten. Es war klar, dass der Lieferant den Verkauf in diesen Ländern gern in seine eigene Regie übernehmen wollte.
Viele Rahmenbedingungen waren damit gesetzt, über die im Detail nicht gesprochen werden musste, weil alle Beteiligten das Geschäft sehr gut kannten. Daher ging es zentral um die Findung des richtigen Preises für die Übernahme der ausländischen Vertriebsgesellschaften. Einigkeit gab es frühzeitig über:
- die Durchführung über einen Asset Deal, also ohne die Übernahme bilanzieller Risiken, sondern nur der Kunden, Mitarbeiter und des Anlagevermögens.
- die Bewertungsmethode. Wir verständigten uns frühzeitig auf die Discounted-Cash-Flow-Methode. Sie setzt eine plausible Planrechnung mit der Verständigung über die gemachten Annahmen voraus, mit der die diskontierten Einzahlungsüberschüsse ermittelt werden. Wichtig sind dabei zwei weitere Faktoren: Die Anzahl der Jahre für die Planrechnung und der Zinssatz, der das Risiko der zukünftigen Entwicklung zum Ausdruck bringt. Andere Bewertungsverfahren (Ertragswertmethode, Substanzwertmethode) haben in der Entwicklung keine Rolle gespielt.
Da sich die handelnden Personen alle kannten, gab es ein gewisses Grundvertrauen. Im Übrigen arbeiteten wir gut mit dem beim Verhandlungspartner Zuständigen für Merger & Acquisition zusammen. Mit ihm galt es, alle Details abzustimmen.
Gemeinsames Verständnis zu den Annahmen ist sehr wichtig
Für die weiteren Verhandlungen war die Erstellung von in sich abgestimmten Planrechnungen wesentlich. In dieser Phase gelang es uns, die Zahlenwerke immer schneller zu überarbeiten als unser Verhandlungspartner, der unsere Daten dann als geprüft bestätigte. So konnten wir sicher sein, keine Überraschungen mehr zu erleben, wenn die nächste Verhandlungsrunde anstand.
3.3 Entwicklung des Weges
Als wir die ersten Kaufpreiswerte ermittelten, lagen diese in Höhen, die wenig wahrscheinlich waren, durchgesetzt zu werden. Natürlich hatten sie auch etwas mit den Variablen der Bewertungsmethode – s. o. – zu tun, mit denen die Werte unabhängig von den geplanten Stückzahlen nach oben oder nach unten gerechnet werden können.
Der Prozess dauerte am Ende ein Jahr, während dem der Unternehmer regelmäßig im Kontakt mit den Partnern beim Lieferanten war. In dieser Zeit haben wir uns immer wieder mit dem Unternehmer getroffen. Oft gingen wir dabei im Prozess nur kleine Schritte, um Daten zu präzisieren oder Inhalte noch genauer zu definieren. Dem Unternehmer war es wichtig, immer wieder persönlichen Kontakt zu haben. Dabei stand nicht die Sache im Vordergrund, sondern es ging vor allem um den Prozess der eigenen emotionalen Absicherung. Das wiederum war dann die Grundlage, den für ihn emo...