Prof. Dr. Martin Weiblen, Dipl.-Ing. Angela Wenzel
Value Chains sind mehr als herkömmliche Supply Chains
Wertschöpfungsketten aus unabhängigen Unternehmen sind das Organisationsmodell der Zukunft, wenn unter den Bedingungen der Globalisierung durch die Maximierung des Kundennutzens maximale Wertbeiträge für die beteiligten Unternehmen geschaffen werden sollen. So verstandene Value Chains gehen weit über herkömmliche Supply Chain- oder Einkaufsorganisationen hinaus, indem sie nicht nur logistische oder produktionstechnische Abläufe optimieren und Mengenvorteile ausnutzen, sondern von Grund auf die Gedanken der Wertorientierten Unternehmensführung systematisch in einer (korrekt definierten) Value Chain umsetzen. Dadurch werden Effizienzvorteile aufgedeckt, die beim klassischen Wirtschaften zum Einzelvorteil eines Unternehmens nicht zum Vorschein kommen würden: Zum einen, weil, insbesondere in Konzernen, Größenvorteile in -nachteile umschlagen, zum anderen, weil die reinen Marktmechanismen beim herkömmlichen Zusammenwirken von und mit Kleinbetrieben und Mittelständlern diese nicht automatisch aufdecken. Wichtig ist die klare Fokussierung aller Teilnehmer an der Wertschöpfungskette auf den Nutzen für den Endkunden, denn nur dann entsteht ausreichend Wert, der unter den Kettenmitgliedern verteilbar ist.
Neuartige Herausforderungen und Karrierechancen für den Value Chain Controller
Auf den Controller kommen in dieser neuen Zusammenarbeitsform zum einen eine Fülle von Aufgaben zu, die sich durch die Fortentwicklung und intelligente Anwendung vorhandener Controlling-Tools zumindest näherungsweise bewältigen lassen. Zum anderen erfordert sie eine neue Rolle im Führungsverständnis und in der Partnerschaft mit dem Management – nun nicht mehr "nur" auf ein Einzelunternehmen oder einen Konzern ausgerichtet, sondern auf die Gesamtheit aller Kettenmitglieder. Da diese häufig über die Kontinente verstreut sind, erfordert seine Funktion außerdem interkulturelle Kompetenzen sowie Kenntnisse der Mechanismen und Gepflogenheiten des internationalen Warenaustauschs und Finanzverkehrs. Nicht zuletzt entstehen mit den neuartigen Herausforderungen aber auch neue Einsatz- und Karrierechancen für den Controller.
Wie die Überlegungen in diesem Beitrag gezeigt haben, ist auf der fachlichen Seite eine Denkweise des Controllers erforderlich, die sich insbesondere von rechtlichen Strukturen löst, diese aber weiterhin als "Gehäuse" zur Gestaltung tatsächlicher Aktionen zu nutzen vermag. Vielfältige und pragmatische Lösungen für das Value Chain Controlling zeichnen sich ab; die meisten davon sind aber noch nicht ausgereift genug für den praktischen Einsatz. Bis dieser Zustand erreicht ist, wird es – typisch für das Controlling – um die Verwirklichung von Ansätzen gehen, die "in die richtige Richtung" zielen. Hierzu wurden in diesem Beitrag Anregungen und Vorschläge formuliert. Die Gilde der Controller – und insbesondere der neuartigen Value Chain Controller – bleibt aufgefordert, diese Zug um Zug zu verfeinern.