Für den Betriebswirt stellt sich nach der Identifikation der immateriellen Ressourcen die Frage nach der effektiven Nutzung:
- Wie sieht die optimale Konfiguration oder Ausprägung dieser Faktoren für mein System aus?
- Wie stellen sich diese Faktoren aktuell dar und wie sollen sie entwickelt werden?
- Welche Maßnahmen wären konkret zu setzen, um einen "optimalen Status" zu erreichen?
Die Antworten auf diese und weitere Fragen ergeben sich aus einer Wissensbilanz. Wir ziehen Bilanz, ob wir schon oder noch immer auf dem richtigen Weg sind oder ob es Anpassungsbedarf bei dem einen oder anderen Faktor gibt. Als Bewertungsmaßstab verwenden wir die Strategie.
Definition Wissensbilanz: Eine Wissensbilanz ist ein Instrument zur gezielten Darstellung und Entwicklung des Intellektuellen Kapitals einer Organisation. Sie zeigt Zusammenhänge zwischen den Zielen, den Geschäftsprozessen und dem Intellektuellen Kapital eines Unternehmens auf und ermöglicht, dieses zielgerichtet zu entwickeln.
2.1 System abgrenzen und Einflussfaktoren klären
Welches System ist gemeint?
Obwohl für die meisten Organisationen die Frage nach der Abgrenzung relativ einfach zu beantworten ist, ergeben sich aus unklaren Schnittstellen immer wieder große Probleme für die tägliche Arbeit. Wer eine Wissensbilanz erstellt, soll daher zu Beginn definieren, welches System er genau meint, was "drinnen" ist und was nicht.
Für sehr kleine Organisationen wie auch für Teilgesellschaften in Konzernen verschwimmen die Grenzen:
- Humankapital wird zu Beziehungskapital (z. B. wenn klar wird, dass vermeintliche Mitarbeiter eigentlich Freelancer sind).
- Vermeintliches Strukturkapital stellt sich möglicherweise als gar nicht vorhanden heraus (z. B. wenn klar wird, dass vorwiegend in Projekten und nicht in Prozessstrukturen gearbeitet wird).
Was ist wichtig für den Erfolg?
Es folgt die Beantwortung der Frage: Was ist zentral für unseren Erfolg? Damit liefert die Wissensbilanz als erstes Ergebnis ein grobes Inventar an (immateriellen) Ressourcen, mit denen die strategischen Ziele besser erreicht werden. Es ist verlockend, mit einem "Set an Standardfaktoren" zu beginnen, um sich die mühevolle Suche nach den eigenen Erfolgsfaktoren zu ersparen. Trotz der offensichtlichen Ökonomie dieser Abkürzung ist aber genau dieser Ansatz der Grund für viele Frustrationen bei der späteren Ergebnisinterpretation. Wie kann man "spezifische" und "konkrete" Hinweise aus einer Analyse erwarten, ohne sich die Mühe zu machen, sie dem Unternehmen anzupassen?
Wenn das Intellektuelle Kapital einer Organisation den entscheidenden Wettbewerbsvorteil begründet, dann ist es nicht zu viel verlangt, hier auch den Aufwand zur Identifikation und sauberen Abgrenzung zu leisten. Insbesondere die saubere Definition und vor allem das gemeinsame Verständnis über diese Einflussfaktoren ist entscheidend, um auch für die tägliche operative (Selbst-)Steuerung der Mitarbeiter die passende Sprache zu entwickeln.
Die Unternehmensstrategie bildet den zentralen Maßstab für alle Bewertungen
Der entscheidende Akt in dieser Phase einer Wissensbilanz ist aber die Definition des Bewertungsmaßstabs. Da die Wissensbilanz sich auf die Zukunft bezieht, zählt nicht, was in der Vergangenheit erreicht wurde, sondern, ob die derzeit verfügbaren Ressourcen und Strukturen angemessen sind, um die strategischen Ziele zu erreichen. Für viele kleine Organisationen kann die Antwort relativ einfach ausfallen: Weiter wie bisher! Für ambitioniertere Organisationen mag das aber zu wenig sein.
2.2 Bewerten des Intellektuellen Kapitals
Für den langfristigen Unternehmenserfolg ist die Ausprägung des Intellektuellen Kapitals entscheidend. Um den Status zu bewerten und um die Ergebnisse zumindest innerhalb einer Organisation vergleichen zu können, haben sich einige einfache Fragen bewährt:
- Haben wir ausreichend viel von einem Faktor, um unsere strategischen Ziele zu erreichen?
- Reicht die Qualität von dem, was wir von diesem Faktor haben, um die strategischen Ziele zu erreichen?
- Pflegen und entwickeln wir den Faktor systematisch genug, um unsere strategischen Ziele zu erreichen und um Verschlechterung zu vermeiden?
Während Menge und Qualität vermutlich etablierte Begriffe sind, wird die Systematik unterschiedlich interpretiert. Für die Wissensbilanzierung ist die folgende Definition hilfreich:
Definition Systematik: Von systematischem Vorgehen kann man sprechen, wenn zu einem wesentlichen Thema eine Zielvorstellung über den Endzustand vorliegt, ein klares Konzept, wie man dorthin kommt (Umsetzung), und das Ergebnis kontrolliert oder überprüft wird, ob es dem ursprünglichen Ziel entspricht. Im Fall der Abweichung muss ein Korrekturmechanismus greifen. Schließlich muss jemand die Verantwortung für dieses Thema haben.
Begründete Positionen sind die Basis für Verständnis
Werden diese Fragen mit einer repräsentativen Gruppe aus dem System diskutiert, treten häufig deutliche Unterschiede auf. Die einzelnen Positionen zu begründen und zu klären, warum genau eine Fraktion eher optimistisc...