Die Vorräte eines Unternehmens an Rohstoffen oder Materialien, an Halbfertigteilen und Fertigwaren können erheblich sein und die Bilanzwerte dominieren. Das ist regelmäßig der Fall bei Fertigungsunternehmen die Massenprodukte herstellen und bei Handelshäusern. Dienstleister oder Handwerker haben meist keine großen Vorräte, da sich Arbeitsleistung allein nicht lagern lässt. Beeinflusst wird die Vorratshöhe vor allem durch Entscheidungen im Tagesgeschäft, die auch auf der operativen Ebene der Hierarchie getroffen werden.
Um dazu notwendige Managementregeln aufstellen zu können, müssen die Parameter bekannt sein, die für die Bestandshöhe ausschlaggebend sind. Die Bestandshöhe wird von der Höhe der Bestellmengen bestimmt. Diese wiederum hat verschiedene Parameter.
Lieferzeit
Die Lieferzeit ist definiert als Zeitraum zwischen einer Bestellung und dem Wareneingang. Wäre dieser Zeitraum Null, dann wäre ein Lager überflüssig. Je länger die Lieferzeit ist, desto höher muss der Lagerbestand sein. Der Bestand muss ausreichen, um den Verbrauch des Unternehmens während der Lieferzeit zu decken. Die Lieferzeit selbst ist abhängig vom Lieferanten und von der Transportdauer.
Ein Lieferant, der in China beheimatet ist, kann nach einigen Tagen liefern. Der Transport der Waren per Schiff nach Deutschland benötigt einige Wochen. Die Reaktionszeit des Lieferanten und die Transportzeit addieren sich zur Lieferzeit. Eine Maßnahme zur Senkung des Working Capital könnte darin bestehen, Rohstoffe und Waren möglichst regional einzukaufen, was zu niedrigeren Transportdauern und damit zu niedrigeren Lieferzeiten führt.
Sicherheitszeit
In der Zeit zwischen der Bestellung und der Warenankunft kommt es in der Praxis immer wieder zu Problemen. Der Unfall des transportierenden Lkw oder Lieferprobleme beim Lieferanten führen dazu, dass die bestellten Waren nicht pünktlich im Unternehmen ankommen. Diese Zeit muss mit vorhandenen Beständen, die zur Sicherheit zusätzlich gelagert werden, überbrückt werden.
Wie hoch dieser Sicherheitsbestand ist, hängt von einigen Antworten ab:
- Wie hoch wird die Wahrscheinlichkeit eines Problems eingeschätzt? Je weiter der Transportweg ist, desto höher ist das Risiko. Je unzuverlässiger der Lieferant in der Vergangenheit war, desto eher wird es zu Problemen kommen.
- Kann die Ware im Problemfall schnell von anderer Stelle besorgt werden? Ein Standardprodukt ist leicht zu finden.
- Wird die Ware zentral gelagert? Die Lagerung an mehreren dezentralen Stellen erhöht die Gefahr des Untergangs beim Transport zwischen diesen Lagern.
- Wie groß ist das Sicherheitsbedürfnis im Unternehmen? Je mehr Wert die Unternehmensführung auf einen störungsfreien Ablauf legt, desto höher ist das Sicherheitsbedürfnis. Entsprechend hoch sind die Sicherheitsbestände.
Kosten
Neben dem Einfluss auf das Working Capital hat die Veränderung der Vorratshöhe auch Auswirkungen auf die Kosten. Hohe Bestände verursachen hohe Kosten für die Lagerhaltung und die Finanzierung. Auf der anderen Seite kostet jede Bestellung einen gewissen Betrag. Je niedriger die Bestände sind, desto häufiger wird bestellt, da nur niedrige Bestellmengen auch geringe Vorräte gewährleisten.
Mengenrabatte
Neben dem Ausgleich von Nachfrageschwankungen hat ein Lager auch die Aufgabe, Preisvorteile z. B. in Form von Mengenrabatten realisieren zu können. Wenn das Unternehmen also über den aktuellen Bedarf hinaus einkauft, erzielt es Vorteile in den Materialkosten. Das wird bezahlt durch die Lagerkosten und ein höheres Working Capital.
Bedarf
Die Höhe der Bestellmenge und damit die Höhe der Vorräte ist vor allem abhängig vom Bedarf an den Stoffen, Materialien und Produkten. Je größer der Verbrauch ist, je mehr von den Produkten verkauft werden, desto größer sind auch die Bestände. Niemand will den Bedarf, der sich aus dem Verkaufserfolg der Endprodukte ergibt, durch Verkaufsbeschränkungen reduzieren. Es gibt andere Wege, um das Working Capital wie gewünscht über den Bedarf zu beeinflussen.
Der Bedarf an Rohstoffen, Materialien oder Bauteilen kann reduziert werden, wenn in der Produktion unterschiedlicher Endprodukte gleiche Teile verwendet werden. Bei den Verkaufsprodukten kann eine durch Marketing betriebene Differenzierung eine Bedarfskonzentration verschiedener Verkaufsprodukte auf einen Artikel erreichen. Das gleiche Produkt wird in unterschiedlichen Märkten mit unterschiedlichen Argumenten verkauft, bisher verschiedene Produkte werden auf eins konzentriert. Dadurch steigt der Bedarf dieses Produktes, während der Bedarf der anderen Produkte sinkt. Insgesamt sinkt dadurch die Vorratshöhe.
Bewertung
Die Aktivitäten der Buchhaltung bei der Bewertung der Vorräte haben einen buchhalterischen aber keinen finanziellen Einfluss auf das Working Capital. Die gelagerten Waren müssen bewertet werden. Der Spielraum dafür ist durch rechtliche Vorgaben stark reduziert, aber in gewissem Maße noch vorhanden. Auch ist die Zuordnung der Gemeinkosten von Einkauf und Logistik nicht immer exakt definierbar. Einkau...