Prof. Dr. Helmut Wannenwetsch
Zusammenfassung
Die XYZ-Analyse wird neben der ABC-Analyse als Basisanalyse in der Lagerhaltung und im Logistik-Controlling eingesetzt. Je nach Branche sind bis zu 60 % des Umlaufvermögens eines Unternehmens in Vorräten gebunden. Diese Vorräte bzw. Lagerbestände verursachen hohe Kapitalbindungskosten. Hohe Kapitalbindungskosten haben negative Auswirkungen auf den Gewinn und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Durch die Ermittlung der Verbrauchsstruktur der Teile trägt die XYZ-Analyse wesentlich zur Optimierung der Lagerhaltung und damit zur Reduzierung der Kapitalbindungskosten bei.
1 Was ist die XYZ-Analyse?
Die XYZ-Analyse klassifiziert die Beschaffungsobjekte anhand ihrer Verbrauchsstruktur. Die XYZ-Analyse ist eine Erweiterung der ABC-Analyse. Bei der ABC-Analyse wird ein Mengen-Wert-Verhältnis zugrunde gelegt, bei der XYZ-Analyse wird die Verbrauchsstruktur der Waren zur Klassifizierung herangezogen. Für die Bestimmung der Beschaffungs- und Lagerstrategien sind genaue Kenntnisse der Verbrauchsstuktur der einzelnen Beschaffungsobjekte notwendig.
2 Welchen Nutzen bringt die Durchführung der Analyse?
Das Kriterium zur Klassifizierung ist die Einteilung der Beschaffungsgüter nach der Möglichkeit, den voraussichtlichen Verbrauch vorherzusagen. Betrachtet man den Verbrauch oder Verkauf an Waren über einen längeren Zeitraum, so ist festzustellen, dass es Beschaffungsobjekte gibt, die in relativ gleichmäßiger Menge verbraucht werden. Bei anderen Gütern ist der Verbrauch saisonbedingt oder durch Trends Schwankungen unterworfen. Schließlich gibt es auch Materialien, deren Verbrauch völlig unregelmäßig ist.
Durch eine Einteilung werden Aussagen über die Art des Verbrauchsverlaufs und damit auch über die Vorhersagegenauigkeit des Materialverbrauchs möglich. Man unterscheidet drei Verbrauchsverläufe (s. Tab. 1):
Einteilung nach dem Verbrauch |
Materialgruppe |
Verbrauchsgewohnheit |
Vorhersagegenauigkeit |
X-Material |
gleichmäßiger Verbrauch |
hohe Vorhersagegenauigkeit |
Y-Material |
schwankender Verbrauch |
mittlere Vorhersagegenauigkeit |
Z-Material |
unregelmäßiger Verbrauch |
niedrige Vorhersagegenauigkeit |
Tab. 1: Vorhersagegenauigkeit des Materialverbrauchs
Einteilung nach Verbrauchsformen
Teile mit gleichmäßigem Verbrauch (X-Teile) bzw. Bedarf sind beispielsweise Reifen oder Auto-Radios bei der Pkw-Produktion.
Materialien mit schwankendem Verbrauch (Y-Teile) können auch Trend- und Saisonprodukte sein. Gartengeräte und Gartenmöbel sind z. B. Saisonprodukte. Bestimmte Kleidung, Uhren, Schuhe oder andere Gebrauchsartikel können Trendprodukte sein. Trendprodukte sind oft schwerer planbar und ihre absetzbare Menge ist von vielen Einflussfaktoren abhängig. Viele Trendprodukte wurden anfangs in ihrer Nachfragekraft unterschätzt wie z. B. Swatch-Uhren, was Lieferengpässe bewirkte. Bei anderen Trendprodukten kann durch billige Imitate oder Konkurenzprodukte die Nachfrage plötzlich nachlassen.
Teile mit völlig unplanbarem Bedarf (Z-Teile) können langlebige Teile von Maschinen sein, die beim Einsatz der Maschine plötzlich ausfallen. Problematisch sind Teile an Maschinen oder Fahrzeugen, für welche der sofortige Ersatz notwendig ist wie z. B. Saisonmaschinen, Kühlaggregate oder Flugzeuge.
Nach validen Datengrundlagen suchen
Vorhandene und verlässliche Verbrauchswerte und Vergangenheitswerte, die auf zukünftige Bedarfe schließen lassen, erleichtern die Planung und die Klassifizierung der Teile und Produkte.
3 Wie geht man bei der XYZ-Analyse vor?
Das zu analysierende Material muss einer der drei Gruppen auf Basis von Erfahrungswerten oder durch Berechnung von Schwankungskennzahlen zugeordnet werden. Erfahrungswerte zeigen in der Praxis für XYZ-Teile folgendes Verbrauchsverhalten:
- Etwa 50 % der Teile sind X-Materialien.
- Ca. 20 % aller Beschaffungsobjekte fallen in die Y-Klasse.
- Ca. 30 % aller Teile sind Z-Materialien.
Das folgende Beispiel zeigt die Vorgehensweise bei der XYZ-Analyse in der praktischen Anwendung mit entsprechenden Daten.
Durchführung der Analyse
Es werden 10 Teile (Tx) betrachtet (s. Tab. 2). Stetiger Verbrauch (X) wird mit 9–10 Punkten, schwankender Verbrauch (Y) mit 4–8 Punkten und unstetiger Verbrauch (Z) mit 1–3 Punkten bewertet.
Bewertung der Verbrauchsschwankungen |
Teile |
Monatliches Beschaffungsvolumen (in TEUR) |
Wertmäßiger Anteil des Beschaffungsvolumens (in %) |
Anteil an der Gesamtmenge (in %) |
Bewertung der Verbrauchsschwankung |
T1 |
630 |
6,3 |
15,7 |
2 |
T2 |
910 |
9,1 |
7,5 |
6 |
T3 |
1.090 |
10,9 |
5,4 |
6 |
T4 |
690 |
6,9 |
10,8 |
10 |
T5 |
500 |
5,0 |
18,0 |
1 |
T6 |
400 |
4,0 |
10,5 |
5 |
T7 |
2.050 |
20,5 |
6,2 |
8 |
T8 |
2.710 |
27,1 |
7,0 |
10 |
T9 |
320 |
3,2 |
6,6 |
6 |
T10 |
700 |
7,0 |
12,3 |
7 |
Summe |
10.000 |
100,0 |
100,0 |
|
Tab. 2: Beispieldaten
Es wird hierbei untersucht, wie stark die Verbrauchsschwankung der einzelnen Teile bezogen auf den Beschaffungswert ist. Das Teil mit dem höchsten Beschaffungswert und der geringsten Verbrauchsschwankung erhält die höchste Punktzahl (10). In diesem Fall sind dies die Teile T4 und T8. Bei vielen Einzelteilen können die Unterschiede zwischen den einzelnen Teilen geringer ausfallen. Zur Berechnung ist hier der Einsatz von EDV notwendig.
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