Dr. Matthias Michael Nelde, Prof. Dr. Reinhold Hölscher
Zinsfutures und Risikoabsicherung
Auch im Rahmen der Risikoabsicherung (auch als Hedging bezeichnet) können Zinsfutures eingesetzt werden. Hedging bedeutet grundsätzlich nichts anderes als die Zusammenstellung verschiedener risikobehafteter Einzelpositionen zu einer Gesamtposition, wobei die sich ergebende Kombination ein deutlich geringeres Risiko als die Einzelpositionen aufweist. In Übertragung dieses Sachverhalts auf den Einsatz von Futures ist neben einer bestehenden oder zukünftigen Kassaposition, dem sog. Grundgeschäft, eine entgegengesetzte Terminposition aufzubauen, deren Wertänderung bei einer bestimmten Marktentwicklung genau entgegengesetzt zu derjenigen des Grundgeschäfts verläuft. Auf diese Weise wird die Wertänderung der Gesamtposition minimiert. Wird der günstigste Fall einer Wertänderung von 0 erreicht, so spricht man von einem "Perfect Hedge".
2 Varianten des Hedging
Grundsätzlich kann das Hedging auf 2 Wegen erfolgen:
- durch einen Long Hedge sowie
- durch einen Short Hedge.
Ein Long Hedge beinhaltet den Kauf eines Zinsterminkontrakts, um das Risiko fallender Zinsen resp. steigender Kurse zu begrenzen. Er kommt zum Einsatz, wenn für eine zukünftige Kapitalanlage noch das aktuelle höhere Zinsniveau gesichert werden soll. Ein Short-Hedge besteht demgegenüber aus dem Aufbau eines Verkaufsengagements auf dem Financial-Futures-Markt, um das Risiko steigender Zinsen zu vermindern. Ein Short Hedge eignet sich daher — bei einer entsprechenden Zinserwartung — zur Absicherung einer bereits bestehenden Kapitalanlage oder einer geplanten Kreditaufnahme.
Erfolg der Absicherung
Der Erfolg dieser Absicherung gegen die verschiedenen Risiken hängt letztendlich von der Anzahl der zur Absicherung einer Kassaposition einzusetzenden Future-Kontrakte ab. Um diese Anzahl zu berechnen, muss das optimale Gewichtungsverhältnis zwischen den einzusetzenden Kontrakten im Vergleich zur abzusichernden Kassaposition ermittelt werden, eine Kennzahl, die als Hedge Ratio bezeichnet wird. Die Risikoabsicherung durch einen Long- oder Short-Hedge zielt somit darauf ab, die Verluste einer Position am Kassamarkt mit den Gewinnen aus der entgegengesetzten Terminposition zu kompensieren. Fällt der Wert der Kassaposition, steht dem Verlust der Gewinn aus der Terminposition gegenüber. Bei umgekehrter Marktpreisentwicklung wird der Gewinn bei der Kassaposition allerdings auch durch den Verlust bei der Terminposition aufgezehrt, da es sich bei Futures um unbedingte Termingeschäfte handelt.
Ein konkretes Beispiel zum Short Hedge soll die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen. Im Beispiel soll eine Long-Position in der Bundesanleihe durch einen Short-Hedge mit dem Euro-Bund-Future gegen ansteigende Marktzinssätze und damit zurückgehende Anleihekurse abgesichert werden. Ferner wird angenommen, dass der Investor die Bundesanleihe mit einem Kupon von 3,5 % und einem Zinstermin am 4.7. zu dem am 20.8.01 gültigen Kurs von 102,30 % erwirbt. Inklusive der zu zahlenden Stückzinsen führt der Kassakauf der Bundesanleihe damit zu einer Auszahlung von 102.750,69 EUR (= 102,30 % x 100.000 + 3,5 % x 100.000 x 47/365). Der Kauf der Anleihe wird am Geldmarkt zu einem Zinssatz von 2 % finanziert.
Da ein Zinsanstieg und damit Kursverluste bei der Kassaposition erwartet werden, wird am Terminmarkt gleichzeitig ein Euro-Bund-Future zum Kurs von 124,77 % verkauft (Short-Future). Am Verfalltag des Termingeschäfts (10.9.01) ist der Kurs der Bundesanleihe aufgrund zwischenzeitlich gestiegener Marktzinsätze auf 100,20 % gefallen. Bei der Kassaposition sind am Verfalltag die Stückzinsen der Anleihe in Höhe von 652,06 EUR (= 3,5 % x 100.000 x 47/365 + 3,5 % x 100.000 x 21/365) sowie die Aufwendungen für die Finanzierung des Kassakaufs in Höhe von 118,23 EUR (= 2 % x 102.749,45 x 21/365) zuzüglich der Kreditrückzahlung von 102.750,69 EUR zu berücksichtigen. Bei ungesicherter Kassaposition entstünde somit insgesamt ein Verlust in Höhe von 2.016,86 EUR (= (100.200 EUR+652,06 EUR) – 102.868,92).
Durch den Aufbau des Short-Hedge kann der Verlust aus der Kassaposition vollständig durch die Gegenposition am Terminmarkt ausgeglichen werden. In diesem Fall ist für den Investor am Verfalltag nicht der Anleihekurs, sondern der im Rahmen des Termingeschäfts vereinbarte Basispreis von 124,77 % von Bedeutung. Durch Erfüllung des Terminkontrakts und Lieferung der Anleihe zu dem am Abschlusstag vereinbarten Basispreis kann am Verfalltag des Sicherungsgeschäfts ein Erlös von 102.217,09 EUR erzielt werden. Die Zins- und Tilgungszahlung des Kredits, der zur Finanzierung der Kassaposition aufgenommen wurde, beläuft sich auf 102.868,92 EUR. Aus der Kassaposition fließen dem Investor ferner die Stückzinsen der Anleihe in Höhe von 652,06 EUR zu. Aus der Gesamtposition ergibt sich am Verfalltag somit kein Zahlungssaldo (= 652,06 – 102.868,92 + 102.217,09 ≈ 0 EUR), wobei leichte Abweichungen in der Beispielrechnung durch Rundungen entstehen. Den Aufbau und das Ergebnis des Short Hedge verdeutlic...