Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 52
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Ein Geschäftsbetrieb (business) ist in IFRS 3 Appendix A definiert als eine integrierte Gruppe von Tätigkeiten und Vermögenswerten, die in der Lage ist, mit dem Zweck geführt und geleitet zu werden, den Investoren oder anderen Eigentümern, Mitgliedern oder Teilnehmern eine Rendite in Form von Dividenden zu zahlen oder niedrigere Kosten oder sonstigen wirtschaftlichen Nutzen direkt zukommen zu lassen.
Tz. 53
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Mit dem Ziel der internationalen Konvergenz wurde die Definition eines Geschäftsbetriebs in IFRS 3 (rev. 2008) gegenüber der bisherigen Definition in IFRS 3 (2004) insofern erweitert, als dass es nun bereits ausreicht, wenn andere Marktteilnehmer (vgl. IFRS 13 Appendix A) "in der Lage" (being capable) sind, mit der Gruppe von Vermögenswerten Produkte oder Leistungen zu erwirtschaften, indem sie diese Vermögenswerte beispielsweise in ihre eigenen Ressourcen und Geschäftsprozesse integrieren. Die weit gefasste Formulierung "in der Lage sein" erfordert Ermessensentscheidungen bei der Einschätzung, ob eine erworbene Gruppe von Tätigkeiten und Vermögenswerten einen Geschäftsbetrieb bildet, dessen Erwerb gem. der Erwerbsmethode abzubilden ist. Bei wortgenauer Auslegung sind damit zahlreiche Käufe einzelner Vermögenswerte als Unternehmenszusammenschlüsse zu behandeln (zur Bilanzierung des Erwerbs einzelner Vermögenswerte und Schulden vgl. Tz. 28).
Tz. 54
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Ein Geschäftsbetrieb ist grundsätzlich ein System mit Inputs, Prozessen und Outputs, das darauf ausgerichtet ist, Erträge zu erzielen. Die Anwendungsrichtlinien zu IFRS 3 enthalten erstmals Erläuterungen zu den drei Elementen (IFRS 3.B7 ff.)
- Input-Faktoren (zB Anlagevermögen, Know-how, Mitarbeiter),
- Prozesse, in denen die Input-Faktoren eingesetzt werden,
- Leistungen (outputs), die zu Erträgen oder anderen ökonomischen Vorteilen (zB Kosteneinsparungen) bei den Eignern führen.
Tz. 55
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
In IFRS 3 ist festgelegt, dass ein erworbener Geschäftsbetrieb nicht alle Input-Faktoren und Prozesse beinhalten muss, die der Veräußerer zu dessen Betrieb verwandt hat. Auch dies führt zur Erweiterung der Definition eines Geschäftsbetriebs, da Outputs iSv. Produkten oder Leistungen für eine integrierte Gruppe von Tätigkeiten und Vermögenswerten zwar idR gegeben sind, sie aber nicht erforderlich sind, damit eine Gruppe von Tätigkeiten und Vermögenswerten einen Geschäftsbetrieb iSd. IFRS 3 bildet (IFRS 3.BC18; zum Sonderfall eines sich im Aufbau befindlichen Geschäftsbetriebs vgl. Tz. 60). Im Ergebnis muss eine übertragene Gruppe von Aktivitäten und Vermögenswerten sich nicht selbst aufrechterhalten können bzw. eigenständig sein (self-sustaining), damit sie als Geschäftsbetrieb angesehen werden kann. Zudem kommt es nicht darauf an, ob der Verkäufer die übertragene Gruppe von Vermögenswerten in der Vergangenheit als Geschäftsbetrieb geführt hat oder ob der Erwerber beabsichtigt, die übertragene Gruppe als Geschäftsbetrieb zu führen.
Tz. 56
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Zusätzlich enthält IFRS 3 die Vermutung, dass eine Gruppe von Tätigkeiten und Vermögenswerten einen Geschäftsbetrieb darstellt, wenn für diese Gruppe ein Goodwill existiert (IFRS 3.B12). Hieraus ergibt sich allerdings ein gewisser Zirkelschluss, da ein Goodwill ex definitione nur dann vorliegen kann, wenn IFRS 3 angewendet wird, dh. ein Unternehmenszusammenschluss vorliegt. Liegt aber ein Unternehmenszusammenschluss vor, so muss indes auch mindestens ein Geschäftsbetrieb vorliegen (vgl. hierzu Hommel/Benkel/Wich, BB 2004, S. 1268).
Tz. 57
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Werden diese Prinzipien auf erworbene Gruppen von Tätigkeiten und Vermögenswerten angewandt, ergibt sich vor allem bei folgenden Sachverhalten ein zT erheblicher Auslegungsbedarf:
- Erwerb einzelner Vermögenswerte bzw. sog. Ein-Objekt-Gesellschaften; und
- im Aufbau befindliche Unternehmen.
Tz. 58
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Einzelne Vermögenswerte (zB Grundstücke, Immobilien, Maschinen) stellen nach IFRS 3 grundsätzlich keine Geschäftsbetriebe dar. Ihr Erwerb ist damit nicht nach der Erwerbsmethode abzubilden, sondern als Erwerb einzelner Vermögenswerte und Schulden (vgl. Tz. 150 ff.). Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Vermögenswert mittels einer Gesellschaft (sog. Ein-Objektgesellschaft) gehalten wird. Anders verhält es sich, wenn eine Gruppe von miteinander verbundenen Vermögenswerten veräußert wird und diese etwa zur Renditeerzielung verwendet werden (zB Grundstück mit vermieteter Immobilie und entsprechender Verwaltung; Lizenz für ein Medikament und die Entwickler; Leasinggesellschaft). In diesem Fall liegt idR bereits ein Geschäftsbetrieb vor, dies gilt auch, wenn kein Output erzeugt wird. Vielmehr reicht es bereits aus, dass die für den Betrieb des erworbenen Vermögenswerts erforderlichen Tätigkeiten einfach auf Dritte auslagert werden können (zB durch einen Betreibervertrag für ein ohne die erforderlichen Mitarbeiter erworbenes Ölfeld). Vor allem Unternehmen in ...