Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Thomas Krolak
Tz. 23
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
IAS 36.12 (a)–(d) enthält die folgenden vier Anhaltspunkte aus externen Informationsquellen, die ein Unternehmen zu einem Wertminderungstest verpflichten:
(a) |
Beobachtbare Hinweise deuten darauf hin, dass der Wert eines Vermögenswerts während der Berichtsperiode signifikant stärker gesunken ist als dies durch den Zeitablauf oder die gewöhnliche Nutzung zu erwarten wäre. |
(b) |
Das technische, marktbezogene, ökonomische oder gesetzliche Umfeld des Unternehmens hat sich während der Berichtsperiode signifikant nachteilig verändert oder wird sich in der nächsten Zukunft entsprechend ändern. |
(c) |
Die Marktzinssätze oder andere Marktrenditen, die für die Bestimmung des Nutzungswerts eines Vermögenswerts herangezogen werden, haben sich während der Berichtsperiode erhöht, wodurch sich der erzielbare Betrag des Vermögenswerts wesentlich vermindert. |
(d) |
Der Buchwert des Reinvermögens des berichtenden Unternehmens übersteigt die Börsenkapitalisierung des Unternehmens. |
Diese Auflistung externer Informationsquellen ist nicht abschließend, vielmehr ist nach der Intention des Standardsetters die Berücksichtigung weiterer den Mindestumfang ergänzender externer Anhaltspunkte erforderlich. Diese weiteren, nicht ausdrücklich in IAS 36.12 (a)–(d) aufgeführten Anhaltspunkte verpflichten das Unternehmen ebenfalls zur Durchführung eines Wertminderungstests. Ein Beispiel hierfür ist die negative Entwicklung spezieller Unternehmens- oder Branchenkennzahlen (vgl. Erb/Eyck/Jonas/Thomas, in: Beck IFRS-Handbuch, 5. Aufl., § 27 Wertminderung und Wertaufholung, Tz. 12 und Budde, BB 2005, S. 2571–2573).
Tz. 24
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Die in Kriterium (a) genannten beobachtbaren Hinweise können zum Beispiel aus Marktpreisänderungen resultieren, sind aber nicht auf diese beschränkt. Auch in Fällen, in denen keine Marktpreise existieren oder solche nicht bekannt sind, können relevante beobachtbare Hinweise vorliegen. Dies ist bspw. der Fall, wenn bei Immobilien Änderungen im Umfeld dazu führen, dass die Lage als weniger attraktiv einzustufen ist, ohne dass sich dies aufgrund fehlender tatsächlicher Transaktionen bereits in bekannten Marktpreisen niedergeschlagen hätte. Die im Anhaltspunkt (a) gewählte Formulierung "während der Berichtsperiode" macht deutlich, dass die alleinige Erwartung eines sinkenden Marktwerts in der nächsten Zukunft nicht zu einem Wertminderungstest zwingt, sondern dass ein Wertminderungstest nur dann erforderlich ist, wenn der Marktwert bereits gesunken ist. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang, ob die Absicht besteht, Vermögenswerte zu veräußern oder Unternehmensbereiche aufzugeben. Sofern die Voraussetzungen des IFRS 5.6 erfüllt sind, wird der in IFRS 5.15 beschriebene Wertminderungstest – Buchwert im Vergleich zum beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten – angewendet. Beim Impairment-Test gemäß IFRS 5.15 wird im Unterschied zu den Regelungen des IAS 36 der Nutzungswert nicht berücksichtigt. Dies ist konsequent, da ohnehin eine Aufgabe oder Veräußerung beabsichtigt ist. Unmittelbar vor der erstmaligen Bewertung nach IFRS 5 sind die umklassifizierten Vermögenswerte allerdings letztmalig gemäß den übrigen IFRS zu bewerten (IFRS 5.18). Dazu gehört auch ein Impairmenttest gemäß IAS 36. Sofern die Voraussetzungen von IFRS 5.6 nicht erfüllt sind, hat eine Aufgabe- oder Veräußerungsabsicht grundsätzlich keine unmittelbaren Konsequenzen für die Bilanzierung. Allerdings kann die Absicht der Aufgabe oder Veräußerung darauf hindeuten, dass Abwertungsbedarf nach IAS 36 vorliegen könnte. Des Weiteren konkretisiert die Formulierung "signifikant stärker gesunken", dass ein geringfügiges Absinken des Marktwerts unter den durch Zeitablauf oder planmäßige Nutzung zu erwartenden Wert nicht hinreichend ist (vgl. Krolak, 2000, S. 110). In diesen Regelungen kommt der Wesentlichkeitsgrundsatz (materiality) zum Ausdruck.
Tz. 25
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Der in Tz. 22 genannte Anhaltspunkt (b) (vgl. Tz. 22) bezieht sich auf das Umfeld, in dem das Unternehmen tätig ist. Auch hier reichen geringfügige nachteilige Veränderungen nicht aus, sondern erst "signifikant nachteilige" Veränderungen im Umfeld verpflichten zu einem Wertminderungstest. Dabei wird zwischen dem "technischen, marktbezogenen, ökonomischen und gesetzlichen Umfeld des Unternehmens" differenziert. Als konkreter Anhaltspunkt für eine nachteilige Veränderung im technischen Umfeld ist der technische Fortschritt zu nennen, da technisch weiterentwickelte oder neu entwickelte Anlagen idR günstiger und mit einer besseren Qualität bzw. einer größeren Kapazität arbeiten als die bisherigen Anlagen (vgl. ADS, 6. Aufl., § 253 HGB, Tz. 371). Eng mit dem technischen Umfeld ist das marktbezogene Umfeld eines Unternehmens verbunden. So kann ein neues Qualitätsbewusstsein der Verbraucher oder ein neues Konsumverhalten den Wert der Vermögenswerte des Unternehmens erheblich beeinträchtigen. Das ökonomische und gesetzliche Umfeld des Unternehmens ist gemeinsam zu...