Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
Tz. 219
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Die hiermit verbundenen Abgrenzungsprobleme waren zunächst Gegenstand einer eigenen Interpretation (IFRIC Interpretation 11 IFRS 2 – Group and Treasury Share Transactions; vgl. dazu ua. Gallowsky et al., BB 2007, S. 203ff. oder Schreiber et al., BB 2007, S. 1999f.). Die dort enthaltenen Ausführungen sind im Juni 2009 in den IFRS 2 integriert worden. Die folgenden beiden Fälle sind zu unterscheiden:
Fall 1:
Werden Mitarbeitern eines Unternehmens Optionen auf Anteile eines anderen Konzernunternehmens direkt von diesem anderen Unternehmen (zB Mutterunternehmen) gewährt, handelt es sich um eine equity-setteld share-based payment transaction, und zwar sowohl bei dem (Tochter-)Unternehmen, dessen Arbeitnehmer begünstigt werden (IFRS 2.43B, IFRS 2.B53), als auch bei dem – die Anteile gewährenden – anderen Konzernunternehmen (IFRS 2.43C, IFRS 2.B54).
Beispiel (vgl. IFRS 2.IG Beispiel 14):
Sachverhalt: Ein Mutterunternehmen gewährt 100 Mitarbeitern (AN) seines Tochterunternehmens jeweils 200 Aktienoptionen unter der Voraussetzung, dass diese weitere zwei Jahre beim Tochterunternehmen tätig sind. Der beizulegende Zeitwert (fair value) der Optionen beträgt bei Ausgabe EUR 30. Das Tochterunternehmen geht bei Ausgabe davon aus, dass von den begünstigten Arbeitnehmern 80 % die geforderten zwei Jahre im Unternehmen verbringen werden; an dieser Einschätzung ändert sich auch während des Erdienungszeitraums (vesting period) nichts. Letztlich erfüllen tatsächlich 81 Arbeitnehmer des Tochterunternehmens die geforderte Bedingung. Das Mutterunternehmen verlangt von seinem Tochterunternehmen keinen (Bar-)Ausgleich für die von ihm ausgegebenen Aktienoptionen.
Lösung: Im Konzernabschluss des Mutterunternehmens ist der Vorgang wie eine gewöhnliche equity-settled share-based payment transaction abzubilden. Insoweit bestehen keine Besonderheiten.
Die Abbildung im Abschluss des Tochterunternehmens entspricht der des Mutterunternehmens, allerdings ist die (Gegen-)Buchung des Periodenaufwands im Eigenkapital nicht als unmittelbare Auswirkung der Bestimmung von IFRS 2.7 zu würdigen, sondern als Folge eines Gesellschafterzuschusses. Über die Buchungen beim Tochterunternehmen gibt auch die nachfolgende Übersicht Aufschluss.
Jahr |
Berechnung Periodenaufwand/-ertrag |
Aufwand |
Eigenkapital (hier Gesellschafterzuschuss) |
Kumulierter Aufwand |
1 |
200 Optionen * 100 AN * 80 % * EUR 30 * 1/2 |
EUR 240.000 |
EUR 240.000 |
EUR 240.000 |
2 |
(200 Optionen * 100 AN * 80 % * EUR 30) – EUR 240.000 |
EUR 246.000 |
EUR 246.000 |
EUR 486.000 |
In IFRS 2.43D wird zwar klargestellt, dass etwaige konzerninterne (Kompensations-)Zahlungen (intragroup payment arrangement) keinen Einfluss auf die Einordnung einer konzerninternen anteilsbasierten Vergütung als equity-settled oder cash-settled haben. Der IASB hat aber leider darauf verzichtet, Regelungen zur bilanziellen Abbildung derartiger Zahlungen in den Standard aufzunehmen (IFRS 2.B46); Anhaltspunkte für die Behandlung finden sich aber im Beispiel zum Entwurf der Interpretation IFRIC 11, in der konzerninterne Vergütungsvereinbarungen ursprünglich geregelt waren (IFRIC D17.IE3 und IFRIC D17.IE5). Danach wäre beim Mutterunternehmen die Beteiligung an dem Tochterunternehmen zu erhöhen; erfolgt ein Ausgleich durch das Tochterunternehmen, der den Zuschuss des Mutterunternehmens übersteigt, ist der übersteigende Betrag beim Tochterunternehmen als Ergebnisverwendung (distribution) zugunsten des Mutterunternehmens abzubilden (vgl. weiterführend Deloitte, iGAAP 2022, Kap. A16, Abschn. 8.5 mit Beispielen).
Fall 2:
Werden durch ein (Tochter-)Unternehmen Optionen auf Erwerb von Anteilen eines anderen Konzernunternehmens (zB des Mutterunternehmens) gewährt, handelt es sich im Abschluss des (Tochter-)Unternehmens demgegenüber um eine anteilsbasierte Vergütung mit Barausgleich (cash-settled share-based payment transaction). Das Unternehmen profitiert von der Arbeitsleistung des Mitarbeiters und muss seine Gegenleistung in bar bzw. mittels anderer Vermögenswerte (hier die Anteile des anderen Konzernunternehmens) erfüllen (IFRS 2.43B). Dies gilt unabhängig davon, wie sich das Unternehmen die an die Begünstigten zu übertragenden Anteile beschafft (IFRS 2.B55). Im Konzernabschluss des Mutterunternehmens ist diese Gestaltung als equity-settled share-based payment transaction zu behandeln, da aus Konzernsicht Eigenkapitalinstrumente gewährt werden. Wie bei Fall 1 bestehen insoweit keine Besonderheiten.
Tz. 220
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Die in IFRS 2.43A–C vorgegebene Behandlung von konzerninternen anteilsbasierten Vergütungen wurde zT erheblich kritisiert. Die Kritik entzündete sich vor allem an der unterschiedlichen Abbildung wirtschaftlich ähnlicher Geschäftsvorfälle (vgl. ua. Schreiber, KoR 2006, S. 340f.).