Tz. 45

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Grundsätzlich sind bei der Aufstellung eines IFRS-Abschlusses alle Informationen zu berücksichtigen, die zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Veröffentlichung des Abschlusses bekannt werden (IAS 10.3). IFRS 1 schränkt diesen Wertaufhellungszeitraum für einen ersten IFRS-Abschluss indes ein. Zum Übergangszeitpunkt haben die nach IFRS vorgenommenen Schätzungen grundsätzlich mit den Schätzungen nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen zu demselben Zeitpunkt übereinzustimmen (IFRS 1.14; zu Ausnahmen vgl. Tz 48ff.). Nach IFRS 1.14 gilt für die IFRS-Eröffnungsbilanz damit der gleiche Wertaufhellungszeitraum wie für den zu diesem Stichtag nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellten Abschluss. IFRS 1.14–16 gelten darüber hinaus auch für die im ersten IFRS-Abschluss darzustellende Vergleichsperiode (IFRS 1.17), dh., dass der Wertaufhellungszeitraum der IFRS-Vergleichsperiode mit dem Wertaufhellungszeitraum des letzten nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellten Abschlusses über­einstimmt. Der in IAS 10.8f. bestimmte Wertaufhellungszeitraum, der bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Abschlusses reicht, ist im ersten IFRS-Abschluss somit faktisch nur für die Berichtsperiode zu beachten sowie für die Eröffnungsbilanz und die Vergleichsperiode für die Fälle, in denen nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen anders als nach IFRS keine Schätzung vorzunehmen war.

 

Tz. 46

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Gemäß IFRS 1.14 stimmt bspw. bei einer IFRS-Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2019 der Wertaufhellungszeitraum mit dem Wertaufhellungszeitraum des nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen zum 31. Dezember 2018 erstellten Abschlusses überein. Entsprechendes gilt für den Abschlussstichtag der Vergleichsperiode. Der Wertaufhellungszeitraum wird damit nicht bis zur späteren tatsächlichen Erstellung der IFRS-Eröffnungsbilanz resp. des Abschlusses zum Stichtag der Vergleichsperiode oder gar der erstmaligen Erstellung des gesamten IFRS-Abschlusses verlängert. Damit ist der Erhalt von "eigentlich" wertaufhellenden Tatsachen iSv. IAS 10, zB ein nach dem damaligen Wertaufhellungszeitraum (zB am 1. August 2019) zu Ungunsten des Unternehmens ergangenes Gerichtsurteil für einen Sachverhalt, für den keine Rückstellung gebildet wurde, für die IFRS-Eröffnungsbilanz unbeachtlich, soweit die diesbezüglichen vorherigen Rechnungslegungsmethoden mit den IFRS, hier IAS 37, konsistent sind (IFRS 1.15; vgl. auch IFRS 1.IG3 und IFRS 1.BC84): Die nach dem in IFRS 1.14 definierten Wertaufhellungszeitraum für die IFRS-Eröffnungsbilanz resp. den Abschluss der Vergleichsperiode eingetretenen Ereignisse sind gem. IFRS 1.15 erst in der Vergleichs- resp. Berichtsperiode zu berücksichtigen, dh., im Beispiel ist die Rückstellung in der Vergleichsperiode 2019 aufwandswirksam zu bilden. In der Terminologie des IFRS 1.15 sind damit alle nach dem in IFRS 1.14 definierten Wertaufhellungszeitraum eingetretenen Ereignisse als wertbegründende Tatsachen zu qualifizieren; die diesbezügliche Definition in IAS 10.3 wird insoweit außer Kraft gesetzt.

 

Tz. 47

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Der IASB ist der Auffassung, dass den Abschlussadressaten durch die Regelungen des IFRS 1.14ff., nach denen grundsätzlich die nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen zu Grunde gelegten Schätzungen für die IFRS-Eröffnungsbilanz resp. den Abschluss der Vergleichsperiode maßgebend sind, mehr gedient ist, als wenn für diese Zeitpunkte ggf. abweichende Einschätzungen vorgenommen würden, dh. die Einschätzungen in der IFRS-Eröffnungsbilanz und der Vergleichsperiode neu vorgenommen werden würden (vgl. IFRS 1.BC84). Implizit wollte der IASB damit wohl auch bilanzpolitische Maßnahmen verhindern. Durch die Verwendung abweichender Schätzungen in der IFRS-Eröffnungsbilanz hätten Unternehmen bewusst erfolgsneutral Anpassungen vornehmen können, die an sich in der Folgeperiode ergebniswirksam zu berücksichtigen gewesen wären.

 

Tz. 48

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Zum Übergangszeitpunkt haben die nach IFRS vorgenommenen Schätzungen grundsätzlich mit den Schätzungen nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen zu demselben Zeitpunkt übereinzustimmen, es sei denn, dass diese objektiv fehlerhaft waren (IFRS 1.14; siehe zu einem Anwendungsbeispiel IFRS 1.IG3). Damit sind bspw. die Plangrößen, die einer zum 31. Dezember 2018 im HGB-Abschluss vorgenommenen Beteiligungsbewertung zu Grunde gelegt wurden, auch der IFRS-Eröffnungsbilanz zu Grunde zu legen, auch wenn zwischenzeitlich diese Plangrößen revidiert wurden.

Es scheint dabei unerheblich zu sein, ob nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen konzeptionell die Abgrenzung zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Ereignissen von den IFRS abweicht (zu Unterschieden in der Abgrenzung zwischen HGB und IAS 10 vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 10, Tz. 4). Entscheidend ist, dass die nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen vorgenommene Schätzung nicht fehlerhaft war. Eine (zutreffend) nach vorherigen Rech...

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