Tz. 6

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Der IASB hat in IFRS 16 einige – für die Praxis äußerst relevante – Erleichterungsvorschriften implementiert, um ein verhältnismäßiges Gleichgewicht zwischen den Kosten der Bilanzierung für den Ersteller auf der einen Seite und dem daraus resultierenden Nutzen für die Adressaten aus den bereitgestellten Informationen auf der anderen Seite in Einklang zu bringen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen den zwei Ansatzwahlrechten gem. IFRS 16.5–8, die nur für den Leasingnehmer anwendbar sind, sowie der sog. Portfolioausnahme gem. IFRS 16.B1, die sowohl den Leasingnehmer als auch den Leasinggeber betrifft (zur Portfolioausnahme vgl. Tz. 9f.).

Für Leasingnehmer sind die zwei wahlweise in Anspruch zu nehmenden Ansatzwahlrechte (recognition exemptions) in IFRS 16.5–8 einschlägig. So muss ein Leasingnehmer im Rahmen dieser Ausnahmen die Ansatz- und Bewertungsvorschriften nach IFRS 16.22–49 auf ein bestehendes Leasingverhältnis nach IFRS 16 dann nicht anwenden, wenn

  • es sich um ein kurzfristiges Leasingverhältnis handelt (short-term lease; IFRS 16.5 (a); vgl. Tz. 77b) oder
  • der (Neu-)Wert des dem Leasingverhältnis zugrunde liegenden Vermögenswertes gering ist (lease for which the underlying asset is of low value; IFRS 16.5 (b) iVm. IFRS 16.B3–B8; vgl. Tz. 88b).

Wird von diesen expliziten Ansatzwahlrechten Gebrauch gemacht, sind die entsprechenden Leasingverhältnisse allerdings nicht etwa vom Anwendungsbereich des IFRS 16 ausgeschlossen. Vielmehr sind gem. IFRS 16.6 die Leasingzahlungen als Aufwand linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses zu verteilen und entsprechend ergebniswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung der jeweiligen Periode zu erfassen. Von einer linearen Aufwandsverteilung kann abgesehen werden, wenn eine andere Verteilungssystematik die Nutzung besser skizziert (IFRS 16.6). Insofern entfällt im Zuge der Inanspruchnahme dieser Wahlrechte eine bilanzwirksame Erfassung des jeweiligen Leasingverhältnisses iSd. right-of-use models zugunsten einer bilanziellen Abbildung, die derjenigen von Operating-Leasingverhältnissen nach IAS 17 entspricht.

Werden kurzfristige und/oder geringwertige Leasingverhältnisse iSd. IFRS 16.6 abgebildet, wird also eines der Wahlrechte ausgeübt, so ist dies im Anhang anzugeben (IFRS 16.60; vgl. Tz. 85). Ferner sind derartige Leasingverhältnisse dann auch nach dem Bereitstellungsdatum auf drohende Verluste zu überprüfen (IAS 37.5 (c); vgl. Tz. 53).

 

Tz. 6a

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Die Ausübung des Wahlrechts für kurzfristige Leasingverhältnisse ist stringent auf jede Klasse von zugrunde liegenden Vermögenswerten einheitlich anzuwenden (IFRS 16.8). Unter einer Klasse versteht IFRS 16.8 eine Gruppe ähnlich gearteter Vermögenswerte (similar nature), die im Rahmen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ähnlich genutzt werden (use in an entitiy’s operations). Mit Blick auf die identische Beschreibung von Klassen ist dabei für Sachanlagen bzw. für immaterielle Vermögenswerte auf diejenigen Klassen abzustellen, die auch im Rahmen der Bilanzierung von Sachanlagen (IAS 16.36f.) bzw. im Rahmen der Bilanzierung von immateriellen Vermögenswerten (IAS 38.119) herangezogen werden (vgl. so auch in Bezug auf Sachanlagen Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 107).

Anders als bei kurzfristigen Leasingverhältnissen kann die Erleichterungsvorschrift für Leasingverhältnisse über geringwertige Vermögenswerte auf jedes Leasingverhältnis einzeln (lease-by-lease) angewendet werden (IFRS 16.8), was faktisch zu einer Ausdünnung der sachlichen Stetigkeit führt. Der IASB begründet diese Entscheidung damit, dass eine solche Wahlrechtsausübung für Leasingverhältnisse über geringwertige Vermögenswerte, die auf Einzelfallbasis in Anspruch genommen werden kann, einfacher und vorteilhafter für den Leasingnehmer ist, während eine Vorgabe zur Anwendung dieses Wahlrechts auf eine ganze Klasse von geringwertigen Vermögenswerten eine zusätzliche Belastung für die Unternehmen bedeutet hätte (IFRS 16.BC103), was dann wohl der Intention dieses Wahlrechts zuwiderliefe.

Wenn ein Leasingnehmer allerdings einen geleasten Vermögenswert untervermietet (sublease) oder dies beabsichtigt, kann das Hauptleasingverhältnis (head lease) nicht als geringwertig eingestuft werden, sodass in diesem Fall das Wahlrecht für geringwertige Vermögenswerte nicht in Anspruch genommen werden darf (IFRS 16.B7; zu Untermietverhältnissen vgl. Tz. 161161d). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Untermietverhältnis (oder dessen Beabsichtigung) auch erst im Rahmen eines bereits laufenden Leasingverhältnisses ergeben kann, sodass dann ab diesem Zeitpunkt eine ggf. bisherige Inanspruchnahme des Wahlrechts für ein geringwertiges Leasingverhältnis nicht mehr zulässig ist (vgl. KPMG, Insights into IFRS 2019/20, Tz. 5.1.140.180).

 

Tz. 6b

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Zu betonen ist, dass neben diesen explizit in IFRS 16 verankerten Erleichterungsvorschriften für den Leasingnehmer auch we...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge