Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch
Tz. 125
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Die Bewertungsregeln, die nach dem deutschen Bilanzverständnis als allgemeine Bewertungsgrundsätze zu bezeichnen sind, werden in dem Normensystem des IASB nicht geschlossen abgehandelt. Sie werden teils im Conceptual Framework und teils in IAS 1 dargestellt (Grundsatz der Periodenabgrenzung; Grundsatz der Unternehmensfortführung; Grundsatz der Stetigkeit). Andere Bewertungsgrundsätze sind – soweit sie überhaupt angewendet werden – dagegen nur implizit aus den Standards herleitbar (Grundsatz der Bilanzidentität; Grundsatz der Einzelbewertung; Stichtagsprinzip).
Tz. 126
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Anders als die handelsrechtliche Rechnungslegung ist die IFRS-Rechnungslegung sehr viel stärker einzelfallbezogen (rule based) geregelt. Das Conceptual Framework gibt zwar eine sog. underlying assumption (going concern; CF.3.9) vor; ebenso finden sich in IAS 1, der sich primär auf die Darstellung des IFRS-Abschlusses bezieht, sog. general features (IAS 1.15–1.46). Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass der Stellenwert dieser Regelungen nicht mit den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen der handelsrechtlichen Rechnungslegung gleichzusetzen ist. Auch wenn sie (terminologisch) den Anschein einer allgemeinen Bindungswirkung erwecken (principle based), ist eine Anwendung ohne Prüfung der einzelfallbezogenen Regelungen in den Standards nicht hinreichend.
Tz. 127
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Konzeptionell enthalten die IFRS-Regelungen weiterhin die Besonderheit, dass die Bewertung sachgebietsorientiert geregelt ist. Der Ausweis eines Postens als kurz- oder langfristig determiniert damit nicht die Bewertungsfrage. Demgegenüber leitet sich im HGB (zumindest auf der Aktivseite) die Bewertungsfrage aus der Ausweisfrage ab. Werden demnach Vermögenswerte als Anlage- oder Umlaufvermögen klassifiziert (zur Zweckbestimmtheit vgl. § 247 Abs. 2 HGB), sind auch die für Anlage- bzw. Umlaufvermögen geltenden Regelungen des § 253 Abs. 3 HGB bzw. § 253 Abs. 4 HGB anzuwenden.
Tz. 128
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Vorbehaltlich des eingeschränkten Grundsatzcharakters der Regelungen des Conceptual Framework und von IAS 1 können folgende Regelungen als allgemeine Bewertungsgrundsätze angesehen werden:
- Grundsatz der Unternehmensfortführung (CF.3.9; IAS 1.25);
- Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (CF.2.26; IAS 1.13); und
- Grundsatz der (eingeschränkten) Bilanzidentität (CF.2.24–2.29).