Clemens Jungsthöfel, Katharina Rohde
Tz. 184
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Der Standard sieht grundsätzlich den GMM als Standard (default)-Methode für die Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen vor. Für Verträge mit direkter Gewinnbeteiligung des Versicherungsnehmers (zB in der fondsgebundenen Lebensversicherung) ist eine Spezifikation vorgesehen: der Variable Fee Approach (VFA). Für Verträge mit nur kurzer Laufzeit ist ein vereinfachter Ansatz über den Premium Allocation Approach (PAA) zulässig. Sowohl für die Anwendung des VFA als auch für den PAA sind Nachweise zu führen, ob die unterliegende Vertragsstruktur die jeweiligen Kriterien erfüllt (im Einzelnen vgl. Tz. 85ff.).
Während Verträge mit direkter Gewinnbeteiligung zwingend mit dem VFA zu bewerten sind, ist der PAA ein optional durch den Standard bereitgestelltes Modell, das zwar die Komplexität des GMMs mitigiert, aber gleichwohl nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn die sich ergebenden versicherungstechnischen Rückstellungen nachweislich nicht wesentlich von einer Bewertung unter dem GMM abweichen. Rückversicherungsverträge sind vom VFA ausgeschlossen, können aber durchaus für den PAA qualifizieren (vgl. Tz. 101).
Tz. 185
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Die Spezifikation des VFA (vgl. Tz. 89–98) gegenüber dem GMM folgt im Wesentlichen der Natur des unterliegenden Geschäftes und berücksichtigt Marktwertschwankungen der sog. underlying items in der CSM. Die underlying items umfassen den für die Überschussbeteiligung des Versicherungsnehmers maßgeblichen Vermögenswert, zB ein Referenzportfolio. Die CSM, also die erwartete Gewinnmarge auf der noch zu erbringenden Laufzeit des Vertrags, muss in der Folgebewertung stets die aktuelle fair value-Bewertung der underlying items reflektieren. Die CSM spiegelt dabei den zu jedem Zeitpunkt mit aktuellen ökonomischen Parametern bewerteten Ertrag aus dem Portfolio der underlying items wider, der dem Versicherungsunternehmen zusteht (die sog. Variable Fee). Ist etwa das unterliegende Referenzportfolio von einer Marktwertminderung betroffen und sinken somit die zugehörigen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherungsnehmer, sind in der Folge die fulfilment cash flows (FCF) für zukünftige Deckung zu reduzieren. Gleichzeitig ist eine Neukalkulation der erwarteten Beteiligung des Versicherungsunternehmens an den Erträgen der underlying items durchzuführen und alle Änderungen in der CSM zu erfassen. Die CSM ist im VFA also (im Gegensatz zum GMM) stets mit aktueller Ökonomie zu bewerten. Konsequenterweise ergeben sich alle Aufwände und Erträge des finance results zu aktuellen Zinsen. Es ergibt sich in der GuV eine in den wesentlichen Posten per Definition abgestimmte Bewertung zwischen Versicherungstechnik und zugehöriger Kapitalanlage. Die Vereinnahmung der mit dem Versicherungsnehmer vereinbarten "Servicegebühr" für die Anlage/Verwaltung des Kapitals verbleibt als einzige erfolgswirksame Komponente. Sie ist gemäß ihrer Kopplung an die ökonomische Entwicklung eine "variable fee".
Tz. 186
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Auf diesem Wege gelingt es dem VFA, künstliche Volatilität in der GuV zu vermeiden und jederzeit die aktuelle und voraussichtliche Ertragskraft des Geschäftsmodells transparent zu machen. Da die Anwendung des VFA für Verträge mit direkter Überschussbeteiligung verpflichtend ist, ergibt sich innerhalb des Marktes ein hoher Grad an Konsistenz und Vergleichbarkeit in der Darstellung. Die ähnlich des GMMs umfangreichen zusätzlichen Anhangangaben (vgl. Tz. 113–125) können Annahmenänderungen transparent machen und ermöglichen einen klaren Blick auf die Margenerwartung des Unternehmens.
Obwohl also in der Bewertung der CSM signifikant von der Default-Methodik des GMM abgewichen wird, ist weder ein Verlust in der Transparenz noch brancheninterner Vergleichbarkeit zu beobachten.
Tz. 187
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Im Vergleich zum VFA ist der PAA (vgl. Tz. 85–88) nicht "maßgeschneidert" für eine klar eingegrenzte Geschäftssparte aufgesetzt worden, sondern dient übergreifend als vereinfachtes Bewertungsmodell für Verträge mit kurzer Risikoperiode (idR ≤ 1 Jahr). Obwohl eine Reihe von Kriterien erfüllt sein und auch regelmäßig erneut nachgewiesen werden müssen, qualifizieren sich diverse Geschäftszweige für den PAA. So können sowohl Erst- als auch Rückversicherungsverträge sowie sowohl Sparten der Schaden-/Unfallversicherung als auch Zweige der Lebensversicherung für den PAA "eligible" sein. In der Praxis finden sich daher diverse Mischkonstellationen, die schon unternehmensintern Vergleichbarkeit und konsistente Analysemethoden erschweren können. Für den externen Betrachter ist es ungemein wichtig, stets das unterliegende Bewertungsmodell und die zugehörige Mechanik einzubeziehen, um einen unverstellten Blick auf die Ertragskraft des Unternehmens herzustellen.
Tz. 188
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Charakteristisch für den PAA (vgl. Tz. 85–88) ist ein vereinfachter Ansatz für die LRC. Ähnlich der Mechanik im früheren IFRS verzichtet der PAA auf eine Zerlegung der LR...