Dr. Stefan Bischof, Dr. Sonja Harms
Tz. 218
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
IFRIC 1 fordert, dass Veränderungen von Entsorgungsverpflichtungen, die Kostenbestandteil einer Sachanlage sind, aufgrund geänderter Kostenschätzungen oder einer Änderung des Diskontierungszinssatzes, den Wertansätzen der entsprechenden Vermögenswerte des Sachanlagevermögens hinzuzurechnen sind bzw. von diesen abgezogen werden müssen. Der so angepasste Kostenbestandteil der Sachanlage ist gem. IAS 8 prospektiv über die (Rest-)Nutzungsdauer abzuschreiben.
Tz. 219
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Gemäß dem Umstellungsgrundsatz des IFRS 1 ist IFRIC 1 grundsätzlich rückwirkend auf zum Übergangszeitpunkt bestehende Entsorgungsverpflichtungen, die Kostenbestandteil einer Sachanlage sind, anzuwenden (vgl. IFRS 1.IG13). Damit sind zunächst rückwirkend auf den Zeitpunkt des Entstehens der Verpflichtung unter Zugrundelegung der damals gültigen Verhältnisse die geschätzten Kosten der Entsorgungsverpflichtungen zu ermitteln und über die (Rest-)Nutzungsdauer abzuschreiben, die damals in einem IFRS-Abschluss zur Anwendung gekommen wäre. Zu jedem nachfolgenden Stichtag bis zur IFRS-Eröffnungsbilanz ist sodann rückwirkend zu überprüfen, ob sich die Kostenschätzungen und der anzuwendende Diskontierungszinssatz geändert haben. Sich ergebende Änderungen sind dann zu jedem betroffenen Abschlussstichtag rückwirkend entsprechend den Vorschriften von IFRIC 1 bei der Bewertung der Sachanlage zu berücksichtigen und prospektiv über die zu diesem Zeitpunkt geschätzte (Rest-)Nutzungsdauer abzuschreiben. Zur Ermittlung des auf die Entsorgungsverpflichtung entfallenden Kostenbestandteils einer Sachanlage in der IFRS-Eröffnungsbilanz ist damit seit dem Entstehungszeitpunkt der entsprechenden Verpflichtung für jeden nachfolgenden Abschlussstichtag bis zur IFRS-Eröffnungsbilanz eine detaillierte Berechnung der Verpflichtung vorzunehmen, um das Ausmaß und den Zeitpunkt der entsprechenden Änderungen bestimmen zu können.
Tz. 220
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Der IASB ist vor diesem Hintergrund zu dem Schluss gekommen, dass eine retrospektive Anwendung von IFRIC 1 in vielen Fällen nicht praktikabel ist (IFRS 1.BC63C). Er gewährt IFRS-Erstanwendern in IFRS 1.D21 daher das erleichternde Wahlrecht, den auf eine Entsorgungsverpflichtung entfallenden Kostenbestandteil der Sachanlage in der IFRS-Eröffnungsbilanz vereinfacht zu berechnen.
Tz. 221
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Bei Anwendung dieses Wahlrechts bildet der nach IAS 37 ermittelte Barwert der Verpflichtungen zum Übergangszeitpunkt den Ausgangspunkt für die Ermittlung des Kostenbestandteils der Sachanlage in der IFRS-Eröffnungsbilanz (IFRS D.21 (a)). Dieser Wert ist, soweit die Verpflichtung im Anwendungsbereich von IFRIC 1 ist, auf den Entstehungszeitpunkt der Verpflichtung abzuzinsen. Hierbei ist ein historischer risikoangepasster Diskontierungszinssatz (bzw. -sätze) für den Zeitraum zwischen Entstehung der Verpflichtung und dem Übergangszeitpunkt zu verwenden (IFRS 1.D21 (b)). Bei der Ermittlung des (der) historischen Diskontierungszinssatzes(-sätze) ist die im Vergleich zum Übergangzeitpunkt auf die IFRS geänderte (längere) Fristigkeit der Verpflichtung zu berücksichtigen. Der so ermittelte Barwert zum Entstehungszeitpunkt der Verpflichtung bildet den ursprünglichen Kostenbestandteil der Sachanlage. Die kumulierte Abschreibung auf diesen Betrag zum Übergangszeitpunkt ist unter Zugrundelegung der zum Übergangszeitpunkt geschätzten Nutzungsdauer der Sachanlage nach der vom Unternehmen nach IFRS angewandten Abschreibungsmethode zu ermitteln (IFRS 1.D21 (c)).
Siehe zur Illustration das folgende Beispiel basierend auf IFRS 1.IG203:
Beispiel:
Der Übergangszeitpunkt von Unternehmen A auf die IFRS ist der 1. Januar 2019 und der Abschlussstichtag des ersten IFRS-Abschlusses ist der 31. Dezember 2020. Am 1. Januar 2017 hat das Unternehmen eine Anlage mit einer Nutzungsdauer von 40 Jahren erworben. Zum Übergangszeitpunkt schätzt das Unternehmen, dass die Entsorgungskosten in 37 Jahren 470 GE betragen werden und dass der angemessene risikoangepasste Diskontierungszinssatz 5 % beträgt. Das Unternehmen geht zudem davon aus, dass sich der angemessene Diskontierungszinssatz seit dem 1. Januar 2017 nicht geändert hat.
Die Entsorgungsverpflichtung beträgt damit zum Übergangszeitpunkt 77 CU (470 GE abgezinst über 37 Jahre mit 5 %). Abgezinst auf den Entstehungszeitpunkt der Verpflichtung zum 1. Januar 2017 ergibt eine Verpflichtung von 67 GE, die in die Kosten der Anlage einzubeziehen sind. Die kumulierten Abschreibungen zum 1. Januar betragen mithin 5 GE (67 GE * 3/40). Damit werden zum 1. Januar 2019 die folgenden Werte erfasst:
|
GE |
In die Kosten der Anlage einbezogene Entsorgungskosten |
67 |
Kumulierte Abschreibungen |
5 |
Entsorgungsverpflichtung |
77 |
Effekt auf die Gewinnrücklagen (vor Steuern) |
15 |
Im Übrigen sollten IRS-Erstanwender, die vom Wahlrecht Gebrauch machen, bei Vermögenswerten gem. IFRS 1D5ff. einen Ersatz für Anschaffungskosten anzusetzen, die Interaktion mit IFRIC 1 beachten, um eine p...