Tz. 55

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Die Vorschriften zur Ausbuchung nicht derivativer finanzieller Vermögenswerte und Schulden des IFRS 9 (IFRS 9.3.2 und IFRS 9.3.3) sind gem. IFRS 1.B2 von einem IFRS-Erstanwender für Geschäftsvorfälle, die zum oder nach dem Zeitpunkt des Übergangs auf die IFRS auftreten, grundsätzlich prospektiv anzuwenden, dh., der Umstellungsgrundsatz der retrospektiven Anwendung ist dafür nicht zugelassen (zur Ausnahme des IFRS 1.B3; vgl. Tz. 57f.). Demnach sind sämtliche nicht derivative finanzielle Vermögenswerte und nicht derivative finanzielle Schulden, die nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen aufgrund eines vor dem Übergangszeitpunkt eingetretenen Ereignisses ausgebucht worden sind, nicht nach IFRS anzusetzen, es sei denn, diese sind aufgrund späterer Ereignisse oder Geschäftsvorfälle nach den Regelungen des IFRS 9 in der Bilanz anzusetzen (vgl. IFRS 1.B2). Dies gilt auch dann, wenn sie nach den Regelungen des IFRS 9 nicht auszubuchen gewesen wären. Unter den Anwendungsbereich von IFRS 1.B2 können bspw. Wertpapierpensionsgeschäfte oder Forderungsverkäufe (asset backed securities-Transaktionen) fallen, die zwar nach HGB, aber nicht notwendigerweise nach IFRS zur Ausbuchung führen. Bei revolvierenden Transaktionen, zB bei Forderungsverkäufen, ist indes zu beachten, dass für nach dem Zeitpunkt des Übergangs auf die IFRS entstehende Forderungen der Forderungsabgang nach den entsprechenden Ausbuchungsregelungen in IFRS 9 zu beurteilen ist, auch wenn die zu Grunde liegende Rahmenvereinbarung schon längere Zeit in Kraft ist (vgl. IFRS 1.IG53).

 

Tz. 56

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Die Regelung des IFRS 1.B2 bezieht sich explizit nur auf nicht derivative Finanzinstrumente. Derivative Finanzinstrumente sind in der IFRS-Eröffnungsbilanz anzusetzen, auch wenn diese auf Geschäftsvorfällen vor dem Übergangszeitpunkt beruhen und nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen ausgebucht wurden (IFRS 1.IG53).

 

Tz. 57

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Gleichermaßen lässt IFRS 1.B2 die Frage der Einbeziehung von Zweckgesellschaften unberührt (vgl. IFRS 1.BC23(b)). Diese sind in den Konzernabschluss einzubeziehen, soweit nach den Kriterien von IFRS 10 "Konzernabschlüsse" Kontrolle vorlag. Ist zB im Zusammenhang mit asset backed securities-Transaktionen der Käufer der Forderungen eine Zweckgesellschaft, die nach den vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen ihrerseits die von ihr verkauften Forderungen nicht ausgebucht hat, und ist diese nach IFRS 10 zu konsolidieren, sind die finanziellen Vermögenswerte und Schulden zum Übergangszeitpunkt im Zuge der Konsolidierung zu bilanzieren. Die Anwendung von IFRS 1.B2 ist damit unter Konzernaspekten zu würdigen. Umgekehrt ist eine Zweckgesellschaft, soweit die Voraussetzungen von IFRS 10 erfüllt sind, auch dann zu konsolidieren, wenn im obigen Beispiel die Zweckgesellschaft nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen die Forderungen ausgebucht hatte; in diesem Fall sind jedoch gem. IFRS 1.B2 die Forderungen, soweit sie vor dem Übergangszeitpunkt entstanden sind, im IFRS-Konzernabschluss nicht zu bilanzieren, es sei denn, sie wurden mit der Ausbuchung an eine weitere konzerninterne (vollzukonsolidierende) Zweckgesellschaft oder an ein anderes Tochterunternehmen übertragen.

 

Tz. 58

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IFRS 1.B3 erlaubt indes IFRS-Erstanwendern, die Vorschriften des IFRS 9 zur Ausbuchung finanzieller Vermögenswerte und Schulden (IFRS 9.3.2 und IFRS 9.3.3) retrospektiv ab einem vom Unternehmen beliebig bestimmbaren Zeitpunkt anzuwenden, wenn die Informationen, die ein Unternehmen für die ordnungsmäßige Anwendung der Ausbuchungsvorschriften des IFRS 9 benötigt, für diese Geschäftsvorfälle zum Zeitpunkt der erstmaligen Bilanzierung dieser Transaktionen vorlagen (IFRS 1.B3); die Einschränkung dient dazu, nachträgliche Sachverhaltsgestaltungen zu vermeiden und führt faktisch dazu, dass die meisten IFRS-Erstanwender keinen früheren Zeitpunkt wählen werden (können).

 

Tz. 59

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(einstweilen frei)

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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