Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 20
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
IFRS 10 enthält die Definition von Beherrschung (control). Der Beherrschungsbegriff weist drei Elemente auf, anhand derer zu beurteilen ist, ob ein Investor (investor) als potenzielles Mutterunternehmen ein Beteiligungsunternehmen (investee) als potenzielles Tochterunternehmen beherrscht. Dies ist auf Ebene von "Unternehmen" (entities) zu beurteilen (IFRS 10 Appendix A, vgl. Tz. 43). Beherrschung eines Beteiligungsunternehmens liegt gem. IFRS 10.7 vor, wenn
- der Investor Verfügungsgewalt (power) über das Beteiligungsunternehmen hat,
- der Investor schwankenden Renditen (variable returns) ausgesetzt ist oder ihm Rechte an diesen schwankenden Renditen aufgrund seiner Beziehung (involvement) zu dem Beteiligungsunternehmen zustehen und
- der Investor die Möglichkeit hat, seine Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen zu nutzen, um die Höhe der Renditen zu beeinflussen (link between power and returns).
Die Beherrschungskonzeption nach den IFRS wird im Folgenden ausführlich diskutiert (vgl. Tz. 55 ff.)
Tz. 21
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Bei der Beurteilung der Beherrschung sind alle Sachverhalte und Umstände zu berücksichtigen (IFRS 10.8). Der Anspruch zur Ausübung des beherrschenden Einflusses muss uneingeschränkt durchsetzbar sein. Dies hat der IASB in IFRS 10 klargestellt, in dem explizit ausgeführt wird, dass Verfügungsgewalt grds. auf Rechten basiert (power arises from rights, IFRS 10.10). Dabei nur auf Stimmrechte als Möglichkeit zur Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens abzustellen, würde indes bei Weitem nicht das ganze "Machtspektrum" zum Ausdruck bringen, welches die Definition in IFRS 10.7 begründet. In IFRS 10 ist das Konzept der faktischen Beherrschung ausdrücklich geregelt. Dabei hat ein Investor auch die Art seiner Beziehung zu Dritten zu berücksichtigen und abzuwägen, ob diese in seinem Namen handeln (ausführlich zu De-facto-Agenten vgl. Tz. 106 ff.).
Tz. 22
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Im Zuge der Beurteilung, ob ein Investor mit Entscheidungsbefugnissen (Entscheidungsträger) ein Beteiligungsunternehmen beherrscht, muss der Investor feststellen, ob dieser ein Prinzipal oder Agent ist, und außerdem ermitteln, ob ein anderes Unternehmen als Agent für ihn handelt.
Jedes auf vertraglichen oder gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen basierende Recht der Einflussnahme auf die maßgeblichen Tätigkeiten eines Beteiligungsunternehmens (investee) stellt eine Entscheidungsbefugnis dar (IFRS 10.B58). Jedes Unternehmen mit substanziellen Entscheidungsbefugnissen hinsichtlich der maßgeblichen Tätigkeiten eines Beteiligungsunternehmens ist ein Entscheidungsträger. Dabei kann es sich um eine Person oder ein Gremium mehrerer Personen handeln. Üblicherweise stellen die Geschäftsleitung, der Verwaltungsrat, der Fondsmanager oder ein Investitionskomitee den oder die Entscheidungsträger dar. Grundsätzlich ist für jeden Entscheidungsträger zu bestimmen, ob dieser seine Entscheidungsbefugnisse als Prinzipal oder Agent ausübt. Entscheidungsbefugnisse stellen eine Teilhabe an der Entscheidungsfindung dar, dh., Entscheidungsbefugnisse führen nicht zwingend zur Beherrschung. Beherrschung liegt vor, wenn der Investor nicht nur Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen besitzt und schwankende Renditen aus dem Engagement bei dem Beteiligungsunternehmen hat, sondern seine Verfügungsgewalt auch dazu einsetzen kann, seine Renditen aus dem Engagement bei dem Beteiligungsunternehmen zu beeinflussen (Prinzipal, IFRS 10.17). Die Verfügungsgewalt des Prinzipals kann sich mitunter durch einen Agenten wahrgenommen werden (IFRS 10.B58). Ein Agent ist eine Partei, die vorrangig den Auftrag hat, im Namen und zum Vorteil einer oder mehrerer Prinzipale zu handeln (zur Feststellung, ob ein Entscheidungsträger ein Prinzipal oder ein Agent ist, vgl. Tz. 155).
Tz. 23–25
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
(einstweilen frei)