Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Dr. Kathrin Köhling
Tz. 127
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Ein beobachtbarer Preis für die Übertragung einer identischen oder ähnlichen Schuld bzw. eines unternehmenseigenen Eigenkapitalinstrumentes als Passivum steht regelmäßig nicht zur Verfügung (zB wenn keine aktuellen Preise für die Emission eines Schuldscheines vorliegen). Falls genau diese Position jedoch von Dritten als Vermögenswert gehalten wird, muss das bilanzierende Unternehmen den beizulegenden Zeitwert aus der Perspektive eines Marktteilnehmers ermitteln, der solch einen Vermögenswert zum Bewertungszeitpunkt hält (IFRS 13.37). IFRS 13.38 gibt für den Fall eines existierenden Surrogats eine hierarchische Vorgehensweise vor (vgl. Weber/Lauer, DB 2014, S. 2359–2363; ausführlich zur Anwendung der Bewertungsvorschriften auf Schulden vgl. Lauer, 2014, S. 132–170).
Tz. 128
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Zunächst ist, sofern solch ein Preis verfügbar ist, der Preis auf einem aktiven Markt anzusetzen, der für den korrespondierenden Vermögenswert (des Fremd- oder Eigenkapitalinstrumentes) der anderen Partei existiert (IFRS 13.38 (a)). Somit ist auch bei der Bewertung mittels eines aktivischen Surrogats primär auf beobachtbare Preise aktiver Märkte abzustellen. Im Rahmen der Bewertung von Fremd- bzw. Eigenkapitalinstrumenten ist die Anwendung von beobachtbaren Preisen (der Surrogate) auf einem aktiven Markt grundsätzlich auch auf der ersten Stufe der Inputhierarchie möglich. Falls diese Werte nicht zugänglich sind, müssen andere beobachtbare Inputparameter wie der notierte Preis derselben Position als Vermögenswert auf einem inaktiven Markt oder der notierte Preis einer ähnlichen Position herangezogen werden (IFRS 13.38 (b)).
In den Illustrative Examples wird diese Vorgehensweise verdeutlicht (IFRS 13.IE40–42): So kann der Wert einer emittierten Anleihe über den notierten Preis der Anleihe an einem aktiven Markt (gehalten als Vermögenswert) als Inputparameter ermittelt werden. Dabei darf der beobachtete Preis des Vermögenswertes allerdings keine Effekte erfassen, die für die Fair-Value-Bewertung der Schuld nicht zulässig wären (bspw. Bonitätsverbesserungen, vgl. Tz. 131, 139). Ist dies der Fall, sind der so ermittelte Preis als Inputparameter genau wie die Bewertung insgesamt in diesem Beispiel auf der ersten Ebene der Inputparameterhierarchie einzustufen.
Tz. 129
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Falls keine beobachtbaren Daten für einen korrespondierenden Vermögenswert verfügbar sind, ist einer der beiden nachstehenden Bewertungsansätze anzuwenden (IFRS 13.38 (c)):
- Im Rahmen des barwertorientierten Ansatzes (vgl. Tz. 54–58b) wird der Barwert künftiger Mittelzuflüsse berechnet, den eine andere Partei, welche die Schuld bzw. das Eigenkapitalinstrument als Vermögenswert hält, erwartet.
- Im Rahmen des marktorientierten Ansatzes (vgl. Tz. 53f.) werden Preise von ähnlichen Schulden bzw. Eigenkapitalinstrumenten, die eine andere Partei als Vermögenswert hält, verwendet.
Tz. 130
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Im Rahmen der Ermittlung des Fair Value bei Schulden bzw. Eigenkapitalinstrumenten wird der quotierte Wert des korrespondierenden Vermögenswertes nur um diejenigen spezifischen Faktoren korrigiert, in denen sich die Schuld bzw. das Eigenkapitalinstrument vom korrespondierenden Vermögenswert unterscheidet (IFRS 13.39). Hierbei hat das bilanzierende Unternehmen jedoch sicherzustellen, dass der quotierte Preis des Vermögenswertes keinesfalls mögliche Auswirkungen, die aus einer Verkaufsrestriktion resultieren, umfasst (IFRS 13.39). Der IASB gibt exemplarisch einige Indikatoren an, die auf eine erforderliche Anpassung hindeuten. Eine Korrektur ist bspw. dann vorzunehmen, wenn der beizulegende Zeitwert der Schuld bzw. des Eigenkapitalinstrumentes mit dem Marktwert des korrespondierenden Vermögenswertes einer (lediglich) ähnlichen Position approximiert wird (IFRS 13.39 (a)). Die zu bewertende Fremd- bzw. Eigenkapitalposition kann also ein spezifisches Charakteristikum (bspw. ein bestimmtes Risikoprofil) aufweisen, das sich von den Eigenschaften der ähnlichen Position (gehalten als Vermögenswert) unterscheidet. Bei der Fair-Value-Bewertung sind derartige Unterschiede zu bereinigen. In dem Zusammenhang einer ggf. erforderlichen Anpassung sind bspw. auch voneinander abweichende Kreditausfallrisiken der zu bewertenden Schuld und des ähnlichen Vermögenswertes als Surrogat zu nennen (vgl. IDW RS HFA 47, Tz. 28).
Tz. 131
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Eine Anpassung ist auch dann vorzunehmen, falls die unit of account (vgl. Tz. 21) des korrespondierenden Vermögenswertes von der zu bewertenden Fremd- bzw. Eigenkapitalposition abweicht (IFRS 13.39 (b)). Dieser Fall kann zB bei einer Schuld auftreten, wenn der Preis des korrespondierenden Vermögenswertes tatsächlich den kombinierten Wert aus den Zahlungsströmen der Forderung und aus zusätzlichen Bonitätsverbesserungen (credit enhancements) einer dritten Partei abbildet. Das bilanzierende Unternehmen muss hierbei den beizulegenden Zeitwert einzig für die Schuld und nicht für da...