Dipl.-Ök. Ulf Blaum, Prof. Dr. Meike Utzerath
Tz. 70
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
Eine aktivische latente Steuerabgrenzung ist grundsätzlich in allen Fällen vorzunehmen, in denen es wahrscheinlich ist, dass steuerliche Gewinne verfügbar sein werden, um die gebildeten aktivischen latenten Steuern in den späteren Perioden ihrer Auflösung steuerlich wirksam nutzen zu können (IAS 12.24). Unter dieser Voraussetzung sind zwei Fälle für die Entstehung aktivischer latenter Steuern ursächlich (IAS 12.25): Schulden sind in der IFRS-Bilanz durch höhere Verbindlichkeitsposten berücksichtigt als in der Steuerbilanz und/oder Vermögensposten sind in der IFRS-Bilanz durch einen niedrigeren Wertansatz erfasst als in der Steuerbilanz. Von der grundsätzlichen Pflicht zur Erfassung aktivischer latenter Steuern auf diese temporary differences sieht IAS 12 – analog zur Regelung der passivischen Steuerabgrenzung (vgl. Tz. 56) – folgende Ausnahmen vor:
- erfolgsneutrale Unterschiede zwischen IFRS- und Steuerbilanzansatz bei Erstverbuchung, soweit sie nicht in Zusammenhang mit einer Unternehmensakquisition stehen (IAS 12.24) sowie
- unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. Tz. 77) Unterschiede im Wertansatz von Beteiligungen an verbundenen Unternehmen, assoziierten Unternehmen und Anteilen an gemeinsamen Vereinbarungen (IAS 12.24 iVm. IAS 12.44).
IAS 12 nennt folgende Beispiele für das Entstehen aktivischer latenter Steuern aus temporary differences (IAS 12.26):
Tz. 71
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
Beispiel 1:
Werden Rückstellungen für Altersversorgung in der IFRS-Bilanz höher angesetzt, als es in der Steuerbilanz zulässig ist, so entsteht dadurch eine temporary difference. Diese führt zu aktivischen latenten Steuern, weil die späteren tatsächlichen Zahlungen für Altersvorsorge insoweit zu abzugsfähigen Betriebsausgaben führen, wie diese in der Steuerbilanz über eine Rückstellungsbildung nicht vorweggenommen werden konnten. Damit kommt es also in Höhe der temporary difference zu einer späteren Steuerentlastung.
Tz. 72
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
Beispiel 2:
Forschungsaufwendungen, die im Rahmen des IFRS-Abschlusses das Ergebnis der Periode belasten, im steuerlichen Abschluss erst zu einem späteren Zeitpunkt als Betriebsausgabe abzugsfähig sind, kommt es ebenfalls zu temporary differences, die zu aktivischen latenten Steuern führen. Vergleichbares gilt zum Beispiel auch dann, wenn es aufgrund einer Betriebsprüfung zu Nachaktivierungen im Rahmen der Steuerbilanz kommt, die in der IFRS-Bilanz nicht nachvollzogen werden, oder wenn handelsrechtlich gebotene Rückstellungen steuerlich nicht anerkannt werden, wie dies bei Drohverlustrückstellungen der Fall ist.
Tz. 73
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
Beispiel 3:
Bei einer Akquisition werden die erworbenen identifizierbaren Vermögenswerte und übernommenen Schulden mit begrenzten Ausnahmen mit ihren beizulegenden Zeitwerten zum Erwerbszeitpunkt angesetzt. Führt dies bspw. zur Aufwertung von Verbindlichkeitspositionen, ohne dass diese Aufwertungen auch im steuerlichen Abschluss relevant werden, weil die Akquisition steuerlich in Form einer Buchwertfortführung vollzogen wird oder in Form eines share deals erfolgt, so entstehen temporary differences, die zu aktivischen latenten Steuern Anlass geben. Dasselbe gilt analog, wenn es zu einer Wertminderung von Vermögensgegenständen im IFRS-Abschluss des übernehmenden Unternehmens oder im Konzernabschluss kommt.
Tz. 74
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
Resultiert aus einem Unternehmenszusammenschluss ein negativer Unterschiedsbetrag, so sind die Wertansätze der Vermögenswerte und Schulden unter Berücksichtigung der Gegenleistung zunächst erneut zu überprüfen. Ein dann noch verbleibender negativer Unterschiedsbetrag ist in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen (IFRS 3.34). Steuerlich ist ein negativer Geschäftswert in den meisten Fällen ebenfalls nicht anzusetzen. Sollte dies dennoch der Fall sein, so kann ein negativer Unterschiedsbetrag in der Steuerbilanz auszuweisen sein. Der Betrag würde dann nach IAS 12.9 iVm. IAS 12.24 zur Abgrenzung einer aktivischen latenten Steuer führen (vgl. von Eitzen/Dahlke/Kromer, DB 2005, S. 511ff.).
Tz. 75
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
Beispiel 4:
In bestimmten Fällen erlauben die Rechnungslegungsgrundsätze gem. IFRS eine erfolgsneutrale Neubewertung von Vermögenswerten (IAS 16.29). Sofern die steuerlichen Vorschriften eine entsprechende äquivalente Neubewertung nicht zulassen, kommt es dann zu temporary differences, die zu latenten Steuerabgrenzungen führen.
Tz. 76
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
(einstweilen frei)
Tz. 77
Stand: EL 39 – ET: 11/2019
Deductible temporary differences können sich auch aus Bewertungsunterschieden bei einer Beteiligung an einem verbundenen Unternehmen, assoziierten Unternehmen oder Anteilen an gemeinsamen Vereinbarungen ergeben (IAS 12.44). Hierfür sind insoweit grundsätzlich aktivische latente Steuern abzugrenzen als die Auflösung voraussichtlich in der nächsten Zukunft erfolgt und ausreichendes zu versteuerndes Ein...