Prof. Dr. Hans-Joachim Böcking, Roman Mala'ebeh
Tz. 21
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die begriffliche Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen Vermögenswerten ist von zentraler Bedeutung, denn lediglich langfristige Vermögenswerte können unter IFRS 5 subsumiert werden. In IAS 1.66 erfolgt eine Negativabgrenzung, ob ein Vermögenswert als langfristig zu klassifizieren ist. Langfristigkeit liegt demnach vor, wenn nicht mindestens eines der nachstehenden Merkmale eines kurzfristigen Ausweises erfüllt ist (vgl. auch IFRS 5.Anhang A):
a) |
die Realisierung des Vermögenswerts wird innerhalb des normalen Geschäftszyklus des Unternehmens erwartet oder er wird zum Verkauf oder Verbrauch innerhalb dieses Zeitraums gehalten (vgl. Tz. 22); |
b) |
der Vermögenswert wird primär für Handelszwecke gehalten; |
c) |
seine Realisierung wird innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag erwartet; |
d) |
es handelt sich um Zahlungsmittel oder -äquivalente, es sei denn, der Tausch oder die Nutzung des Vermögenswerts zur Erfüllung einer Verpflichtung ist für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr nach dem Bilanzstichtag eingeschränkt. |
Tz. 22
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Als Geschäftszyklus gilt der Zeitraum zwischen dem Zugang von Vermögenswerten, die in einen Prozess eingehen, und deren Umwandlung in Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquivalente. Ist der Geschäftszyklus nicht eindeutig bestimmbar, wird von einem Zeitraum von zwölf Monaten ausgegangen. Beispiele für kurzfristige Vermögenswerte sind Vorräte und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die als Teil des gewöhnlichen Geschäftszyklus verkauft, verbraucht und realisiert werden (IAS 1.68).
Tz. 23
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die Frist von zwölf Monaten in IAS 1.66 schließt auf den ersten Blick die Anwendbarkeit von IFRS 5 bei langfristigen Vermögenswerten, die innerhalb von einem Jahr veräußert werden sollen, aus. Nach IAS 1.66 müssten solche Vermögenswerte als kurzfristig eingestuft werden, wodurch IFRS 5 nicht zur Anwendung käme. Dieser Regelung trägt IFRS 5.3 dadurch Rechnung, dass ursprünglich als langfristig klassifizierte Vermögenswerte dann in die kurzfristigen Vermögenswerte umgegliedert werden dürfen, wenn sie zur Veräußerung gehalten werden (zu diesem Kriterium vgl. Tz. 30ff.). IFRS 5.3 bezieht sich somit nur auf langfristige Vermögenswerte, die infolge ihres geplanten Abgangs als kurzfristig einzustufen wären. Vermögenswerte, die per se current assets (zB Vorräte) darstellen, sind grundsätzlich nicht im Anwendungsbereich von IFRS 5 (jedoch vgl. Tz. 26ff.).
Tz. 24
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Werden Vermögenswerte mit der Absicht einer Weiterveräußerung innerhalb von zwölf Monaten erworben, müsste nach IAS 1.66 (c) ein kurzfristiger Ausweis des Vermögenswerts erfolgen. IFRS 5 würde aufgrund des fehlenden langfristigen Charakters nicht zur Anwendung kommen. Allerdings dürfen gemäß IFRS 5.3 Vermögenswerte, die ein Unternehmen normalerweise als langfristig einstufen würde, nur dann als kurzfristige Vermögenswerte ausgewiesen werden, wenn sie zur Veräußerung gehalten werden. Bei der Klassifizierung als zur Veräußerung gehalten ist in diesem Falle IFRS 5.11 zu berücksichtigen (zu den Voraussetzungen vgl. Tz. 42).
Tz. 25
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Gliedert ein Unternehmen die Bilanz nicht nach Fristigkeit, sondern nach Liquidität, gelten diejenigen Vermögenswerte als langfristig, die für eine Dauer von mehr als zwölf Monaten im Unternehmensbestand verbleiben (IFRS 5.2).