Tz. 22

Stand: EL 35 – ET: 6/2018

Die Beteiligungsquote an assoziierten Unternehmen liegt im Regelfall zwischen 20 % und 50 %. Bei einem Stimmrechtsanteil ab 20 % greift die sog. Assoziierungsvermutung, dh., im Zweifelsfall wird ein (zumindest) maßgeblicher Einfluss vermutet, wenn der Investor direkt oder indirekt (also auch durch ein Tochterunternehmen) 20 % oder mehr der Stimmrechte (voting power) des assoziierten Unternehmens hält. Demnach wird aus Konzernsicht bspw. auch dann das Vorliegen eines maßgeblichen Einflusses vermutet, wenn ein 60 %iges Tochterunternehmen eine 20 %ige Beteiligung an einem Unternehmen hält. Die Assoziierungsvermutung ist ex definitione widerlegbar (IAS 28.5, vgl. auch Tz. 23).

 

Tz. 23

Stand: EL 35 – ET: 6/2018

Nach IAS 28 liegt ein maßgeblicher Einfluss auf das zu beurteilende Beteiligungsunternehmen bereits vor, wenn der Investor die Möglichkeit zur Einflussnahme besitzt. Wie nach US-GAAP (ASC 323–10–15–8), allerdings anders als nach HGB, ist dabei nicht die tatsächliche Einflussnahme, sondern die Möglichkeit einer Einflussnahme des Investors relevant. Wenn die Assoziierungsvermutung widerlegt werden soll, muss eindeutig gezeigt werden (can be clearly demon­strated), dass der Investor keine Möglichkeit einer maßgeblichen Einflussnahme besitzt (vgl. dazu Küting/Weber, S. 194f., und mit Bezug auf die fast identische Regelung in den US-GAAP Eisolt, 1992, S. 305; Scherrer, 2000, S. 370f.).

 

Tz. 24

Stand: EL 35 – ET: 6/2018

Bei einem Stimmrechtsanteil von weniger als 20 % gilt die umgekehrte Assoziierungsvermutung: In diesem Fall wird vermutet, dass der Investor keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäfts- und Finanzpolitik des Beteiligungsunternehmens ausüben kann (IAS 28.5). Auch diese Vermutung ist widerlegbar. Es wäre also eindeutig zu zeigen, dass der Investor die Möglichkeit besitzt, die Geschäfts- und Finanzpolitik des Beteiligungsunternehmens maßgeblich zu beeinflussen (vgl. Tz. 30–34).

 

Tz. 25

Stand: EL 35 – ET: 6/2018

Bei der Prüfung, ob die Assoziierungsvermutung greift, ist auch zu beurteilen, ob potenzielle Stimmrechte (potential voting rights) zu berücksichtigen sind (IAS 28.7f.). Potenzielle Stimmrechte können sich aus Finanzinstrumenten, wie Aktienoptionen oder Wandelanleihen, ergeben, die sich in Anteile am Beteiligungsunternehmen oder andere stimmrechtsvermittelnde Eigenkapitalinstrumente umwandeln lassen. Auf diese Weise räumen derartige Finanzinstrumente ihrem Inhaber möglicherweise Stimmrechte ein oder sie bieten auch die Möglichkeit, die Stimmrechte eines anderen Anteilsinhabers zu beschränken. Potenzielle Stimmrechte sind bei der Beurteilung, ob maßgeblicher Einfluss gegeben ist, immer dann zu berücksichtigen, wenn sie gegenwärtig – also unmittelbar – ausgeübt werden können oder umwandelbar sind (currently exercisable). Indes spielt es gemäß IAS 28.8 keine Rolle, ob die Geschäftsleitung tatsächlich den Willen oder die finanziellen Möglichkeiten hat, die potenziellen Stimmrechte auszuüben bzw. zu wandeln. Liegen potenzielle Stimmrechte vor, die gegenwärtig ausübbar bzw. umwandelbar sind, sind diese folglich zu berücksichtigen, auch wenn keine Intention der Verantwortlichen besteht, dies tatsächlich zu tun. In solchen Fällen, in denen potenzielle Stimmrechte berücksichtigt werden, ist der einem Investor zuzurechnende Stimmrechtsanteil an einem assoziierten Unternehmen nicht auf der Grundlage der tatsächlichen Beteiligungsquote zu berechnen, sondern auf der Grundlage der Beteiligungsquote zuzüglich der potenziellen Stimmrechte.

 

Tz. 26

Stand: EL 35 – ET: 6/2018

Zu beachten ist, dass bei potenziellen Stimmrechten stets die Bedingungen zu prüfen sind, unter denen das jeweilige Finanzinstrument ausgeübt bzw. umgewandelt werden kann. Potenzielle Stimmrechte sind insbesondere dann nicht "currently exercisable", wenn Ausübungsbeschränkungen bestehen. Bei Aktienoptionen liegen solche Ausübungsbeschränkungen bspw. vor, wenn eine Option erst ab einem künftigen Datum oder bei Eintritt eines künftigen Ereignisses (zB der Steigerung des Unternehmensgewinns innerhalb eines bestimmten Zeitraums) ausgeübt oder umgewandelt werden darf. In diesem Fall dürfen die potenziellen Stimmrechte nicht in die Berechnung der Beteiligungsquote einbezogen werden. Gegen die Einbeziehung potenzieller Stimmrechte spricht bei einer Aktienoption hingegen nicht die Tatsache, dass der Ausübungspreis zum Stichtag möglicherweise ungünstig ist, die Option also aus dem Geld ist (out of the money). So kann es für den Investor potenzieller Stimmrechte aus verschiedenen Gründen – zB wegen der Möglichkeit der Nutzung von Synergien – ökonomisch sinnvoll sein, potenzielle Stimmrechte auszuüben bzw. zu wandeln, auch wenn sie aus dem Geld sind. Dieser Befund gilt hingegen nicht, sofern der Ausübungspreis so hoch ist (deeply out of the money), dass die Aktienoption bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gar keine Option darstellt, weil es ausgeschlossen werden kann, dass ein rational handelnder Kaufmann die Option tatsäch...

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