Prof. Dr. Bernhard Pellens, Thorben Bonn
Tz. 15
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Um die EPS zu ermitteln, müssen alle während des Berichtszeitraums ausstehenden Aktien berücksichtigt werden. Wird die Aktienanzahl in der Berichtsperiode verändert, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die EPS-Berechnung. Zusätzlich ausgegebene Aktien sind vom Ausgabezeitpunkt an zu berücksichtigen. Vom Unternehmen zurückgekaufte Aktien werden mindernd erfasst, da die gehaltenen eigenen Aktien gemäß § 71b AktG nicht dividendenberechtigt sind (vgl. auch Beine/Schütte, in: Handbuch IFRS 2011, 7. Aufl., 2011, Abschn. 20, Tz. 36). Dies gilt zB für Aktienrückkäufe nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. Um eine Gewichtung vorzunehmen, werden die Aktien mit der Anzahl der Tage multipliziert, an denen sie ausstehend waren. Die so entstehende Summe wird durch 365 Tage geteilt. Sinnvolle Näherungslösungen (zB finanzmathematische 30-Tage-Monate) sind explizit erlaubt (IAS 33.19–20).
Beispiel zur gewichteten Anzahl der Aktien:
Ein Unternehmen hat zu Beginn des Berichtszeitraums, der dem Kalenderjahr entspricht, insgesamt 10.000 Aktien ausstehen. Zum 1. April werden weitere 4.000 Aktien emittiert.
Die gewichtete Durchschnittsanzahl der Aktien berechnet sich wie folgt: Die 10.000 Aktien sind während des gesamten Jahres ausstehend, werden also mit 365 multipliziert. Die 4.000 neuen Aktien werden mit 275 multipliziert, da sie nur für 275 Tage ausstehen. Die Summe der gewichteten Aktien wird nun durch 365 geteilt und beträgt 13.014 Aktien.
Tz. 16
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Einbeziehung der neuen Aktien ist nach IAS 33.21 das Emissionsdatum und damit verbunden der Eingang der Gegenleistung beim Unternehmen. Wenn die Aktien nicht gegen Geld, sondern im Rahmen einer Sacheinlage (§ 183 AktG iVm. § 27 AktG) für einen anderen Vermögenswert ausgegeben werden, dann liegt der Emissionszeitpunkt bei der Realisation des Vermögenszugangs (IAS 33.21 (f)).
Tz. 17
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Wurden Aktien im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses zur Finanzierung des Unternehmenskaufs ausgegeben, so sind sie zum Akquisitionszeitpunkt im Nenner zu erfassen (IAS 33.22). Dies ist gem. IFRS 3.8–9 der Augenblick, zu dem der Erwerber die Beherrschung (control) über das erworbene Unternehmen erlangt, was idR mit dem Zeitpunkt der Zahlung zusammenfällt (vgl. Pellens et al., 2021, S. 829).
Tz. 18
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Aktien, deren Ausgabe an das Erfüllen bestimmter Voraussetzungen gebunden ist (bedingt emissionsfähige Aktien), werden von dem Zeitpunkt an als ausstehend angesehen, ab dem sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind (IAS 33.24). Dies können zB Mitarbeiteraktien sein, die beim Erreichen bestimmter Ergebnisziele ausgegeben werden. Aktien, bei denen die einzige Voraussetzung für die Emission darin liegt, dass eine bestimmte Zeitspanne verstreicht, gelten gemäß IAS 33.24 jedoch nicht als bedingt emissionsfähige Aktien, da das Verstreichen von Zeit ein sicheres Ereignis darstellt.
Dieser Logik folgend sind Aktien, die künftig aus derzeit bestehenden, wandlungspflichtigen Instrumenten (zB Wandelanleihen mit Wandlungspflicht am Ende der Laufzeit) resultieren werden, gem. IAS 33.23 bereits bei Vertragsabschluss des wandlungspflichtigen Instruments als Aktien in die unverwässerten EPS einzubeziehen. Nicht vollständig bezahlte Aktien werden entsprechend ihrer Dividendenberechtigung anteilig erfasst (IAS 33.A15).
Tz. 19
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Bei Ausgabe von neuen Aktien ist die Nennergröße der EPS-Rechnung anzupassen. Wenn die Aktienanzahl ohne korrespondierenden Mittelzufluss verändert wird, wie zB bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gem. § 207 AktG oder einem Aktiensplit, muss die Veränderung der Aktienanzahl für den Anfang der Berichtsperiode angenommen werden. Ebenfalls sind die EPS-Rechnungen der Vorperioden dementsprechend anzupassen, da sonst eine Vergleichbarkeit mit den gegenwärtigen EPS nicht mehr gegeben wäre (IAS 33.26ff.). Dies liegt darin begründet, dass zB die Ausgabe von Gratisaktien keine Implikationen auf die prozentualen Beteiligungsverhältnisse sowie Gewinnansprüche der Altaktionäre haben (vgl. auch Beine/Schütte, in: Handbuch IFRS 2011, 7. Aufl., 2011, Abschn. 20, Tz. 26).
Beispiel zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln:
Periodenergebnis nach Steuern 2020 |
1.000 GE |
Periodenergebnis nach Steuern 2021 |
1.500 GE |
Anzahl der Aktien 2020 |
100 Stück |
Ergebnis je Aktie 2020 |
1.000 GE/100 Stück = 10 GE/Stück |
Kapitalerhöhung am 1. Juni 2021 |
Eine neue Aktie auf vier alte Aktien |
Ergebnis je Aktie 2021 |
1.500 GE/125 Stück = 12 GE/Stück |
Angepasstes Ergebnis je Aktie 2020 |
1.000 GE/125 Stück = 8 GE/Stück |
Tz. 20
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Bezugsrechte für neue Aktien enthalten dann ein Gratiselement, wenn der Ausgabekurs unter dem Marktwert liegt. In diesem Fall wird der Informationswert der EPS-Rechnungen der Vorperiode verzerrt, da bei gleicher Eigenkapitalrendite mit dem Emissionsbetrag die EPS-Größe des Vorjahres nicht erreicht werden kann. Um diesen Unterschied zu...