Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Dr. Kathrin Köhling
Tz. 67
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Nach Meinung des IASB können beobachtbare Daten für Vermögenswerte und Schulden (auf der ersten und zweiten Ebene) an exchange markets, dealer markets, brokered markets oder principal-to-principal markets ermittelt werden (IFRS 13.68). Ein exchange market (Börse) ist ein Markt, an dem Schlusskurse verfügbar sind, die grundsätzlich den beizulegenden Zeitwert abzubilden vermögen (IFRS 13.B34 (a)). Hierzu gehört etwa die London Stock Exchange oder auch die Frankfurter Börse.
Bei einem dealer market (Händlermarkt) handelt der Händler auf eigene Rechnung. Der Händler stellt Liquidität durch Verwendung seines Kapitals bereit, um einen Vorrat der Posten zu halten, für den dieser einen Markt bietet. Im Gegensatz zu Schlusskursen sind hierfür regelmäßig Bid- und Ask-Preise (Geld- und Briefkurse) erhältlich, zu denen der Händler bereit ist, zu kaufen bzw. zu verkaufen. Zu einem dealer market zählt etwa der außerbörsliche Markt für Wertpapiere (IFRS 13.B34 (b)).
An einem brokered market (Vermittler-Markt) bringt ein Agent Käufer und Verkäufer zusammen, handelt hierbei jedoch nicht auf eigene Rechnung. In der Regel sind dem Broker die Bid- und Ask-Preise der beiden Parteien bekannt, wohingegen die Käufer und Verkäufer die Preisvorstellungen der Gegenseite regelmäßig nicht kennen. Teilweise sind die erzielten Transaktionspreise verfügbar. Zu diesen Märkten zählen etwa Electronic Communication Networks sowie die Märkte für Wohn- und Gewerbeimmobilien (sofern ein Broker eingeschaltet wird) (IFRS 13.B34 (c)). Electronic Communication Networks sind parallel zu den Börsen bestehende private, alternative elektronische Handelssysteme von Finanzdienstleistern (vgl. dazu auch erläuternd Bodendorf/Robra-Bissantz, 2003, S. 254–257). Hierbei könnte die Brokertätigkeit als Indiz dafür gewertet werden, dass der betrachtete Markt nicht aktiv ist (vgl. Peemöller, in: Handbuch IFRS 2011, Abschn. 6, Tz. 63; für den Fall eines aktiven Marktes vgl. Tz. 72).
Bei principal-to-principal markets (Direkt-Markt) verhandeln Käufer und Verkäufer direkt und ohne Intermediär miteinander (IFRS 13.B34 (d)). Häufig sind daher nur wenige Informationen zu diesen Transaktionen öffentlich verfügbar, was wiederum auf einen vergleichsweise inaktiven Markt schließen lässt (vgl. Peemöller, in: Handbuch IFRS 2011, Abschn. 6, Tz. 63). Ferner ist zu differenzieren, ob es sich bei den jeweiligen Märkten um aktive oder inaktive Märkte handelt, wobei aktive, durch eine entsprechende Handelsfrequenz und ein gewisses Handelsvolumen gekennzeichnete Märkte, vorzuziehen sind (vgl. Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 267; ausführlich vgl. Tz. 73–77).
Tz. 68
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Die an den oben aufgeführten Märkten ermittelbaren Preisnotierungen sind gemäß IFRS 13.B45 nicht zwangsläufig vom bilanzierenden Unternehmen selbst zu bestimmen. Sofern externe Dritte wie etwa Preisermittlungsdienstleister und Broker die Preise in Übereinstimmung mit den IFRS bestimmt haben, können diese Werte übernommen werden. Hierbei ist gemäß IFRS 13.B46 zu prüfen, inwiefern die Preise bei einer signifikanten Abnahme der Marktaktivität bzw. des Marktvolumens noch aktuellen Informationen entsprechen bzw. inwiefern bei Anwendung von Bewertungsmethoden noch die aktuellen Annahmen von Marktteilnehmern berücksichtigt werden. Grundsätzlich sind solche Preise zu bevorzugen und ggf. höher zu gewichten, die auf tatsächlichen Transaktionen beruhen, im Vergleich zu solchen, denen keine Transaktion zugrunde liegt. Außerdem sollen bindende Angebote nicht bindenden vorgezogen und ggf. höher gewichtet werden (IFRS 13.B47), zumal nicht bindende Angebote als Inputparameter der dritten Hierarchieebene angesehen werden können (vgl. EY, International GAAP 2018, S. 1016f.).
Auch in IFRS 13.IE56–58 wird deutlich gemacht, dass ggf. eigene Ermittlungen des Diskontierungszinssatzes stärker zu gewichten sind als von Dritten bereitgestellte, nicht bindende Zinssätze (zur Ableitung von Zinssätzen vgl. Tz. 108). Dies ist zB der Fall, wenn der selbst ermittelte Zinssatz die Risiken, die Marktteilnehmer einpreisen, berücksichtigt und darüber hinaus die Zinssätze von Dritten weder auf Transaktionen basieren, noch die Ermittlungsmethode oder die Inputparameter vom Bilanzierenden beurteilt werden können. Solche Zinssätze von Dritten können gemäß IFRS 13.IE56 bspw. nicht bindende Notierungen von einem angesehenen Broker für die Junior Tranche eines verbrieften Wohnungsbaukredits sein.