Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Dr. Kathrin Köhling
Tz. 53
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Der Market Approach umfasst verschiedene, vergleichsorientierte Bewertungsmethoden. Bei diesem Ansatz werden Preise oder andere relevante Informationen genutzt, die sich aus Markttransaktionen mit identischen oder vergleichbaren (ähnlichen) Vermögenswerten oder Schulden ergeben und sich somit am Markt beobachten lassen (IFRS 13.B5). Sofern keine originären Marktwerte für den zu bewertenden Vermögenswert bzw. die zu bewertende Schuld zur Verfügung stehen, können bspw. Marktmultiplikatoren oder das sog. matrix pricing (vgl. Tz. 53a) als Bewertungsmethode des Market Approach verwendet werden. Bei Marktmultiplikatoren sind grundsätzlich quantitative und qualitative Faktoren bei der Auswahl geeigneter Multiplikatoren zu berücksichtigen (IFRS 13.B6; vgl. zur Konzeption von Multiplikatorverfahren auch Wagner, 2005, S. 5–19). Diese Multiplikatoren können bspw. auf die jeweilige Bilanzsumme, die Höhe der Umsatzerlöse oder aber eine Ergebnisgröße angewandt werden (vgl. Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 216). Die Anwendung dieser Methode kann indes grundsätzlich nur dann zur Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen beitragen und als zulässig angesehen werden, wenn der Multiplikatorbewertung hinreichend vergleichbare Transaktionen bzw. Sachverhalte zugrunde liegen und somit die bewertungsrelevanten Parameter weitestgehend übereinstimmen (vgl. hierzu auch IDW RS HFA 47, Tz. 60; Gutsche, IRZ 2015, S. 196; Purtscher, IRZ 2017, S. 513). Gleichwohl kann einem geringeren Grad an Vergleichbarkeit durch eine individuelle Anpassung der Referenzkennzahlen begegnet werden. Dies kann bspw. bei besonderen Marktumständen der Fall sein (vgl. EY, International GAAP 2018, S. 1001). Durch eine individuelle Anpassung der Referenzkennzahl kann jedoch ggf. kein unmittelbarer Marktbezug aufrechterhalten werden (ausführlich vgl. Tz. 72–80). Ferner bietet es sich oftmals an, auf verschiedene vergleichbare Transaktionen zurückzugreifen und die erhaltenen Bewertungsergebnisse anschließend zu aggregieren, um einzelfallbezogene Abweichungen in ihrer Wirkung möglichst einzugrenzen (vgl. hierzu insgesamt Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 217–219).
In der Konzeption des Multiplikatorverfahrens zeigen sich erneut die in der Fair-Value-Bewertung allgemein beobachtbaren Ermessensspielräume seitens des Bewertenden. So wird die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert mithilfe des Multiplikatorverfahrens elementar von der Auswahl der vergleichbaren Transaktionen/Unternehmen (peers) und der Auswahl des Referenzwertes abhängen. Hieraus lassen sich aus Sicht des Bewertenden verschiedene Multiplikatoren und somit verschiedene Fair Values rechtfertigen (vgl. ausführlich Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 16. Aufl., § 8a, Tz. 49–51). Gleichwohl ist dies kein immanentes Problem des Multiplikatorverfahrens, sondern trifft regelmäßig bei einer Vielzahl von nicht direkt beobachtbaren Inputparametern zu.
Tz. 53a
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Eine weitere Ausprägung des Market Approach ist das sog. matrix pricing. Bei dieser Methode wird zur Bewertung von bspw. festverzinslichen Wertpapieren nicht ausschließlich auf notierte Preise des zu bewertenden Wertpapieres zurückgegriffen, sondern es werden zusätzlich auch notierte Preise ähnlicher Wertpapiere als Benchmark sowie ihre Beziehung zu dem Bewertungsobjekt berücksichtigt (IFRS 13.B7). Dieses Verfahren wird va. aus Praktikabilitätsgründen dann angewandt, wenn eine Vielzahl von Marktwerten für ähnliche Vermögenswerte ermittelt werden soll, wobei zwar notierte Preise an aktiven Märkten vorliegen, diese aber nicht für alle Vermögenswerte uneingeschränkt zugänglich sind (bspw. wenn nicht alle Preise zeitnah verfügbar sind, vgl. auch Bieker, PiR 2007, S. 132f.).