Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 79
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Erwirbt ein Unternehmen einen aktivierungspflichtigen immateriellen Vermögenswert im Rahmen einer separaten Anschaffung, ist dieser zum Zugangszeitpunkt mit seinen Anschaffungskosten zu bewerten. Die Anschaffungskosten errechnen sich aus folgenden Komponenten (IAS 38.27–32):
|
Kaufpreis (vgl. Tz. 80) |
+ |
Anschaffungsnebenkosten (vgl. Tz. 81) |
– |
Anschaffungspreisminderungen (vgl. Tz. 82) |
+ |
Fremdkapitalkosten (im Fall qualifizierter Vermögenswerte gem. IAS 23; vgl. Tz. 82) |
= |
Anschaffungskosten |
Tz. 80
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Der Kaufpreis (purchase price) stellt die Ausgangsgröße zur Ermittlung der Anschaffungskosten dar und ist regelmäßig der Eingangsrechnung zu entnehmen. Ist die Eingangsrechnung in einer anderen Währung aufgestellt als in der Währung, in der das Unternehmen seinen Jahresabschluss aufstellt, ist der Rechnungsbetrag umzurechnen. Als Umrechnungskurs ist der Kassakurs zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls zu wählen (IAS 21.21; zudem vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 21, Tz. 43–48).
Wird der Kaufpreis für einen immateriellen Vermögenswert nicht entgeltlich, sondern in Form von Unternehmensanteilen geleistet, handelt es sich um eine aktienbasierte Vergütung iSv. IFRS 2. Nach IFRS 2.10 sind aktienbasierten Vergütungstransaktionen, die durch Eigenkapitalinstrumente beglichen werden, mit ihrem beizulegenden Zeitwert anzusetzen, es sei denn, dass dieser nicht verlässlich geschätzt werden kann. Kann dieser Wert nicht verlässlich geschätzt werden, ist der Wert der erworbenen immateriellen Vermögenswerte unter Bezugnahme auf den beizulegenden Zeitwert der gewährten Eigenkapitalinstrumente zu ermitteln. Diese Vorgehensweise ähnelt der Zugangsbewertung von im Rahmen eines Tauschs erworbenen immateriellen Vermögenswerten (ausführlich vgl. Tz. 95–100). Bei aktienbasierten Vergütungstransaktionen, die in bar abgegolten werden, sind diese immateriellen Vermögenswerte gem. IFRS 2.30 mit dem beizulegenden Zeitwert der Schuld anzusetzen.
Tz. 81
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Ein weiterer Bestandteil der Anschaffungskosten sind die Anschaffungsnebenkosten. Hierzu zählen gem. IAS 38.27 alle direkt zurechenbaren Ausgaben, die notwendig sind, um den immateriellen Vermögenswert für seine vorgesehene Verwendung zu präparieren (directly attributable costs of preparing the assets for its intended use). Im Rahmen der Überarbeitung des IAS 38 in 2004 hat der IASB den unbestimmten Begriff "direkt zurechenbare Ausgaben, die notwendig sind, um den immateriellen Vermögenswert für seine vorgesehene Verwendung zu präparieren" weiter konkretisiert. Hierzu zählt der IASB in IAS 38.28f. Beispiele auf, die verdeutlichen sollen, welche Kosten dem erworbenen immateriellen Vermögenswert direkt zurechenbar sind und welche nicht. Diese Konkretisierung entspricht – abgesehen von den jeweils unterschiedlichen Beispielen und den für immaterielle Vermögenswerte nicht relevanten Abbruchkosten – der Konkretisierung der Anschaffungsnebenkosten der Sachanlagen (hierzu vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 16, Tz. 16–19a).
Beispiele für direkt zurechenbare Kosten sind gem. IAS 38.28:
- in direktem Zusammenhang mit der Versetzung in den betriebsbereiten Zustand verbundene Kosten für Leistungen an Arbeitnehmer iSv. IAS 19 (dh. im weiteren Sinne unmittelbare Personalkosten; vgl. Heckeler/Kühnel, in: Beck IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 4, Tz. 77);
- Honorare und
- Kosten für Testläufe, mit denen gewährleistet wird, dass der erworbene immaterielle Vermögenswert ordentlich funktioniert.
Aus IAS 38.27 wird darüber hinaus deutlich, dass Einfuhrzölle (import duties) und nicht erstattungsfähige Umsatzsteuern (non-refundable purchase taxes) explizit Teil der direkt zurechenbaren Kosten sind.
Beispiele für nicht einzubeziehende Kosten sind gem. IAS 38.29:
- Kosten für die Einführung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung (inkl. Kosten für Werbung und verkaufsfördernde Maßnahmen);
- Kosten für Geschäftstätigkeiten an einem neuen Standort oder mit einer neuen Kundengruppe (inkl. Personalschulungskosten);
- Verwaltungs- und andere allgemeine Gemeinkosten.
Aus den vom IASB angeführten Beispielen lassen sich verschiedene (allgemeingültige) Schlussfolgerungen ziehen. So wird aus IAS 38.28f. deutlich, dass neben Einzelkosten, die per Definition direkt zurechenbar sind, auch durchaus projektbezogene Gemeinkosten, die anhand von Mengen- oder Zeitschlüsselungen direkt zurechenbar sind, zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten zählen (vgl. ua. Theile, in: Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 6. Aufl., Kap. 13, Tz. 13.83; Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 196). Zwar sind nach IAS 38.29 (c) Verwaltungs- und andere allgemeine Gemeinkosten (administration and other general overhead costs) explizit nicht in den Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Indes bezieht sich der Wortlaut dieses Ausschlusses nicht auf projektbezogene Gemeinkosten. Grundvoraussetzung für eine Berücksichtigung von projektbezogenen Gemeinkosten in den Anschaffungsk...