Clemens Jungsthöfel, Katharina Rohde
Tz. 89
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Der Variable Fee Approach findet ausschließlich auf solche Versicherungsverträge Anwendung, die durch eine direkte Überschussbeteiligung (vgl. Tz. 38) gekennzeichnet sind, bei denen die Zahlungen an den Versicherungsnehmer vertraglich an Referenzwerte gebunden sind und wesentlich mit dem Wert dieser schwanken. Das heißt, dass Teile der Wertentwicklung eines Unternehmens an die Versicherungsnehmer weitergegeben werden. Die Verbindung von Ergebnisbestandteilen eines Versicherungsvertrags mit Erfolgsbestandteilen des Unternehmens sowie die sehr unterschiedliche Ausgestaltung solcher Produkte im internationalen Kontext hat den IASB vor große Herausforderungen bei der Entwicklung des VFA gestellt.
Tz. 90
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Im Ergebnis sehen die Regelungen im IFRS 17 eine Bestimmung des Erfüllungswert nach dem allgemeinen Bewertungsmodell vor, welches jedoch angepasst wird, um einigen Besonderheiten Rechnung zu tragen (vgl. im Einzelnen IFRS 17.B67, IFRS 17.B101–114). Der VFA ist verpflichtend für die im Standard spezifizierten Versicherungsverträge mit direkter Überschussbeteiligung anzusetzen. Rückversicherungsverträge sind von der Anwendung des VFA ausgeschlossen und müssen zwingend der Bewertung mit dem GMM oder PAA unterstellt werden (IFRS 17.B109).
Tz. 91
Stand: EL 54– ET: 10/2024
In Abschnitt F. (vgl. Tz. 137ff.) wird grundsätzlich die Motivation des Standards dargelegt, die Ergebnisquellen eines Versicherungsunternehmens holistisch zu betrachten. So oft es sinnvoll erscheint, rückt der IFRS 17 dabei Veränderungen der versicherungstechnischen Rückstellungen und ihren Einfluss auf die GuV in den Kontext entsprechender Effekte in der Kapitalanlage. Während für die Verträge des GMM und des PAA diese Beziehung nicht offensichtlich erscheint, da die Kapitalanlage nicht unmittelbar an die Versicherungstechnik gekoppelt ist, sind die direkten Referenzen für Verträge mit direkter Überschussbeteiligung eine Notwendigkeit, um das Geschäftsmodell hinreichend abzubilden und künstliche Volatilitäten in der Finanzberichterstattung zu vermeiden.
Tz. 92
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Grundcharakteristikum für Versicherungsverträge mit direkter Überschussbeteiligung ist die Bildung eines unterliegenden Referenzportfolios, sog. underlying items. Diese sind nicht in erster Linie als Kapitalanlage des Versicherungsunternehmens zu verstehen. Vielmehr erfüllt das Versicherungsunternehmen mit der Bildung und Verwaltung dieser underlying items seine Verpflichtungen gegenüber dem Versicherungsnehmer und wird mit einer entsprechenden Gebühr (der variable fee) an den Kapitalerträgen beteiligt.
Der Begriff der underlying items wird nicht scharf abgegrenzt. IFRS 17 Appendix A und IFRS 17.106 umschreiben sie als Elemente, die einen Teil der Verpflichtung gegenüber dem Versicherungsnehmer bestimmen und betont deutlich, dass die Ausgestaltung nicht a priori eingegrenzt ist. Beispielhaft werden als mögliche Ausprägungsform der underlying items ein Referenzportfolio von Kapitalanlagen oder auch die gesamte Kapitalanlage des Versicherungsunternehmen selbst genannt. Das Versicherungsunternehmen muss die underlying items noch nicht einmal zwingend selbst halten. Diese bewusst weit gefasste Definition ist der Marktpraxis der Vielfalt von Versicherungsprodukten geschuldet.
Tz. 93
Stand: EL 54– ET: 10/2024
IFRS 17.B101 regelt auf dieser Grundlage den Anwendungsbereich des VFA durch das Kerncharakteristikum der relevanten Verträge: Diese sind gekennzeichnet durch die Bereitstellung der Kapitalanlage(-verwaltung) als Service-Leistung gegenüber dem Versicherungsnehmer. Dem Versicherungsnehmer stehen Investmenterträge auf Basis der Entwicklung der underlying items zu. Genauer müssen die Vertragsvereinbarungen eindeutig einen "Pool" von underlying items spezifizieren, an denen der Versicherungsnehmer (anteilig) beteiligt ist. Darüber hinaus muss evident sein, dass die Verpflichtungen des Versicherungsunternehmens gegenüber dem Versicherungsnehmer an die Bewertung der Kapitalanlage/der Erträge aus der Kapitalanlage zum fair value gekoppelt sind.
Die genannten Kriterien sind zu Beginn der Vertragslaufzeit zu prüfen (und ggf. mit der Anwendung des VFA zu beschließen). Ist die Entscheidung zur Wahl eines adäquaten Bewertungsmodells getroffen, können danach keine Veränderungen mehr vorgenommen werden, die Kriterien sind allerdings auch nicht wiederholt nachzuweisen.
Tz. 94
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Der Standard spezifiziert auf der Basis des oben genannten Service-Charakters die Versicherungsverträge im Anwendungsbereich des VFA darüber hinaus im IFRS 17.B104 durch die ökonomische Interpretation der Bildung einer adäquaten Rückstellung für ein solches Geschäftsmodell. Demnach muss die Bewertung der Verpflichtung gegenüber dem Versicherungsnehmer stets den Saldo aus zwei Elementen widerspiegeln:
- Auszahlungsbetrag der zum fair value bewerteten Kapitalanlage (gemäß der spezifizierten underlying items);
- variable fee, also die Servicegebühr...