Dr. Stefan Bischof, Dr. Sonja Harms
Tz. 226q
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
IFRS 15 ist erstmals für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen, anzuwenden. Grundsätzlich haben IFRS-Erstanwender IFRS 15 zum Übergangszeitpunkt vollständig retrospektiv anzuwenden. Der IASB gesteht damit einem IFRS-Erstanwender nicht das einem laufenden IFRS-Anwender bei erstmaliger Anwendung von IFRS 15 eingeräumte Wahlrecht einer modifiziert retrospektiven Anwendung (also ohne Anpassung der Vorjahreszahlen) zu. Allerdings erlaubt IFRS 1.D34 einem IFRS-Erstanwender auf eine, mehrere oder alle der folgenden Erleichterungsvorschriften des IFRS 15.C5 zurückzugreifen (wobei IFRS 1.D34 klarstellt, dass der in IFRS 15.C5 verwendete Begriff "Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung" für Zwecke des IFRS 1 als "Beginn der ersten IFRS-Berichtsperiode" zu verstehen ist):
- Erfüllte Verträge muss ein IFRS-Erstanwender nicht neu bewerten, wenn diese innerhalb desselben Geschäftsjahres beginnen und enden, oder zu Beginn der frühesten dargestellten Periode bereits erfüllt waren.
- Bei erfüllten Beträgen, die eine variable Gegenleistung enthalten, kann ein IFRS-Erstanwender den Transaktionspreis zum Zeitpunkt der Vertragserfüllung ansetzen, anstatt die Höhe der variablen Gegenleistungen in den Vergleichsperioden zu schätzen.
Bei Verträgen, die vor Beginn der frühesten dargestellten Periode geändert wurden, muss der IFRS-Erstanwender keine rückwirkende Neubewertung gem. IFRS 15.20–21 vornehmen, um den Vertragsänderungen Rechnung zu tragen. Stattdessen hat er in nachstehend genannten Fällen die aggregierte Änderung aller Modifikationen, die vor Beginn der frühesten dargestellten Periode eingetreten sind, zu berücksichtigen,
- wenn er ermittelt, welche Leistungsverpflichtungen erfüllt und welche nicht erfüllt sind;
- wenn er den Transaktionspreis bestimmt und
- wenn er den Transaktionspreis den erfüllten und nicht erfüllten Leistungsverpflichtungen zuordnet.
- Ein IFRS-Erstanwender ist nicht verpflichtet, für alle vor Beginn der ersten IFRS-Berichtsperiode dargestellten Berichtsperioden den Betrag des Transaktionspreises, der den verbleibenden Leistungsverpflichtungen zugeordnet wurde, offenzulegen oder eine Erklärung abzugeben, wann es mit der Erfassung dieses Betrags als Erlös rechnet (s. IFRS 15.120).
Ein IFRS-Erstanwender, der von diesen Erleichterungsvorschriften Gebrauch macht, hat gem. IFRS 1.D34 auch die Vorschriften des IFRS 15.C6 zu befolgen. Dh., die gewählten Erleichterungswahlrechte in IFRS 15.C5 sind in allen dargestellten Perioden konsistent, und zwar auf alle Verträge, anzuwenden. Zusätzlich ist anzugeben, welche Erleichterungsvorschriften des IFRS 15.C5 in Anspruch genommen worden sind, sowie eine qualitative Beurteilung der geschätzten Auswirkung jeder einzelnen in Anspruch genommenen Erleichterungsvorschrift, soweit dies nach vernünftigem Ermessen möglich ist.
Tz. 226r
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Ein IFRS-Erstanwender ist nicht verpflichtet, Verträge, die vor der frühesten dargestellten Periode erfüllt worden sind, neu zu bewerten (IFRS 1.D35). Gemäß der für Zwecke des IFRS 1 anzuwendenden Definition in IFRS 1.D35 gilt ein Vertrag als erfüllt, wenn in Bezug auf den Vertrag der IFRS-Erstanwender alle Güter und Dienstleistungen übertragen hat, die in Übereinstimmung mit den bislang geltenden Rechnungslegungsvorschriften identifiziert worden sind. Diese Definition weicht konsequenterweise von der Definition in IFRS 15.C2 (b) ab, wonach ein erfüllter Vertrag vorliegt, bei dem das Unternehmen alle gem. IAS 11, IAS 18 sowie den zugehörigen Interpretationen identifizierten Güter und Dienstleistungen übertragen hat; diese Definition ist somit für einen IFRS-Erstanwender irrelevant. Dementsprechend hat ein IFRS-Erstanwender bereits erhaltene Beträge, die noch nicht die Voraussetzungen für eine Umsatzrealisation erfüllen, als Verbindlichkeit zu passivieren, die ggf. um eine Finanzierungskomponente zu korrigieren ist (IFRS 1.IG17).