Dipl.-Kfm. Alexander Staß, Marcel Kottenstein
Tz. 27
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Ist eine Zuwendung bereits im Abschluss erfasst worden, so bestimmt IAS 20.11, dass jede damit verbundene Erfolgsunsicherheit in Übereinstimmung mit IAS 37 Provisions, Contingent Liabilities and Contingent Assets zu behandeln ist. Damit ist die Frage gestellt, ob, wann und in welchem Umfang Rückzahlungsverpflichtungen zu passivieren sind.
Viele Zuwendungsbestimmungen (Gesetze, Förderrichtlinien usw.) enthalten Bedingungen, die vom Zuwendungsempfänger nach Gewährung der Zuwendung einzuhalten sind, um den Zuwendungszweck zu sichern. Werden bestimmte Bedingungen nicht eingehalten (zB die Bindung einer Investition an eine bestimmte Verwendung, eine Region, einen bestimmten Betrieb, die Einhaltung einer Verbleibensfrist, die Schaffung einer bestimmten Zahl neuer Arbeitsplätze), so sehen die Zuwendungsbedingungen meist eine Pflicht zur vollständigen oder teilweisen Rückzahlung der Zuwendung vor.
Bei der Beurteilung und Berücksichtigung des Rückzahlungsrisikos sind IAS 37.14ff. zu beachten. Nach IAS 37.14 ist ein Rückzahlungsrisiko als Rückstellung zu erfassen, wenn das Unternehmen aus den Zuwendungsbedingungen eine gegenwärtige rechtliche oder faktische Verpflichtung zur Rückzahlung hat, ein Mittelabfluss zur Erfüllung dieser Verpflichtung wahrscheinlich ist und eine zuverlässige Schätzung der Höhe der Verpflichtung möglich ist (zu Angaben bei wahrscheinlichem Mittelabfluss (Rückstellung) vgl. IAS 37.84f., bei lediglich nicht unwahrscheinlichem (unless the possibility […] is remote) Mittelabfluss (Eventualverbindlichkeit) vgl. IAS 37.86; zu Einzelheiten vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 37).
Eine Verletzung der Zuwendungsbedingungen kann bereits vorliegen oder künftig wahrscheinlich bzw. nicht unwahrscheinlich sein. Wurde die Nichteinhaltung von Bedingungen, die eine Rückzahlungspflicht auslösen, in der Vergangenheit verursacht (zB durch unzulässiges Verbringen eines geförderten Gegenstands aus dem Fördergebiet), dürfte eine Wahrscheinlichkeitsbeurteilung regelmäßig zur Passivierung der Rückzahlungsverpflichtung führen. (Im deutschen Rechtsraum steht der Straftatbestand des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) im Raum, wenn eine Rückzahlung durch Verletzung von Informationspflichten gegenüber der zuständigen Behörde bezüglich eines rückzahlungsbegründenden Sachverhalts vermieden werden soll.) Ein vergangenes Ereignis (zB Beschluss zur Schließung eines Werks) kann jedoch (in Abhängigkeit von den Zuwendungsbedingungen und den gegebenen oder fehlenden Handlungsalternativen) auch erst künftig eine Verletzung der Bedingungen herbeiführen oder vermeiden lassen. Ist eine Vermeidung grundsätzlich möglich, wird die geplante oder (bei fehlender Planung) die wahrscheinlichste Alternative in die Beurteilung einzubeziehen sein. In der geforderten Prognose können auch Absichtserklärungen (zB bezüglich eines Wegfalls von geförderten Arbeitsplätzen im Folgejahr) zu berücksichtigen sein, wenn eine Durchführung der Maßnahme (unter Beachtung der sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen) wahrscheinlich ist.
In anderen Fällen beteiligt sich die öffentliche Hand mit der Zuwendung an den Risiken einer Maßnahme (zB Zuwendung für Forschung und Entwicklung). Sie will jedoch die gewährten Mittel zurückerhalten, wenn und soweit diese für eine Risikodeckung entbehrlich sind. Deshalb sehen solche Fördermaßnahmen meist grundsätzlich eine Rückzahlung der Zuwendung vor, wobei die Frage, ob, wann und wie viel zurückzuzahlen ist, von einem oder mehreren künftigen ungewissen Ereignissen abhängt (ferner vgl. Tz. 26).
Tz. 28
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Je nach Fördermaßnahmen und Förderzweck sind auch die Bedingungen für das Maß der Risikobeteiligung der öffentlichen Hand unterschiedlich ausgestaltet. So können zB Zuwendungen, die die öffentliche Hand mit dem Ziel gewährt, gefährdete Arbeitsplätze zu retten, mit der Bedingung versehen sein, dass die Zuwendungen ganz oder teilweise aus künftigen Gewinnen des Unternehmens zurückzuzahlen sind. Die Rückzahlungsverpflichtung entsteht in diesen Fällen zum Ende des Geschäftsjahres, in dem der Gewinn erzielt wurde (Eintritt der Rückzahlungsbedingung). Wollte man die Rückzahlungsverpflichtung bereits früher (vor Gewinnerzielung, zB in Verlustjahren) passivieren, weil der Eintritt künftiger Gewinne wahrscheinlich ist, so würde im Ergebnis ein nicht erwirtschafteter Gewinn aufgeteilt, der an den Zuwendungsgeber solange nicht ausgezahlt werden könnte, bis er tatsächlich entsteht. Auch aus Sicht der Erfolgsabgrenzungsprinzipien (matching principle) ist bei einer an die Erfolgsentstehung anknüpfenden Rückzahlungsbedingung der Aufwand der Periode zuzuordnen, in der der aufzuteilende Erfolg erzielt wurde.
Bei der Projektförderung kommen unterschiedlich ausgestaltete Rückzahlungsbedingungen vor, die an einen "Erfolg" des Projekts anknüpfen. Der Erfolg, der die Rückzahlungspflicht auslöst, kann zB bestimmt sein als Erreichen der Marktfähigkeit (Beginn der Produktion, Lizenzierung), als Überschreiten ein...