Tz. 61

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Als drittes und letztes Ansatzkriterium wird das allgemeingültige Ansatzkriterium der Bewertbarkeit bzw. der zuverlässigen Schätzbarkeit für die Rückstellungspassivierung gefordert. Aufgrund der Natur der Rückstellungen wird an dieses Kriterium indes nur eine vergleichsweise geringe Anforderung gestellt. So sind Schätzungen bei der Erstellung eines Abschlusses üblich und für die Zuverlässigkeit des Abschlusses nicht schädlich (IAS 37.25). Aufgrund der mit den Rückstellungen per Definition einhergehenden Unsicherheit hinsichtlich der Höhe des möglichen künftigen Nutzenabflusses ist es ausreichend, eine Bandbreite des künftigen Mittelabflusses zuverlässig schätzen zu können (zur Bewertung vgl. Tz. 101 f.). Nur in sehr seltenen Fällen, in denen eine solche Bandbreite nicht bestimmt werden kann, muss die Passivierung einer Rückstellung aufgrund der mangelnden Bewertbarkeit unterbleiben (IAS 37.26). In diesen Fällen existiert zwar eine Schuld, die aber nicht passiviert werden kann. Diese ist dann ggf. als Eventualverbindlichkeit im Anhang anzugeben (vgl. hierzu Tz. 140 ff.).

In der Praxis sind Fälle, bei denen unter dem Kriterium der Bewertbarkeit eine Passivierung gänzlich unterbleibt, kaum denkbar. Selbst bei Sammelklagen im US-amerikanischen Rechtsbereich oder in wesentlichen Rechtsfällen ohne nennenswerte Rechtsprechungspraxis (zB Kartellfälle) werden zumindest eine Einschätzung der externen Prozesskosten und/oder die Bandbreite möglich sein. Ist der vonseiten der Kläger geltend gemachte Anspruch unvertretbar hoch, ist es uE nicht sachgemäß, den geltend gemachten Anspruch als Obergrenze der Bandbreite zu verwenden.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge