Dipl.-Kfm. Christoph Piesbergen, Silvia Geberth
Tz. 15
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
IFRIC 12 sieht vor, dass die Interpretation nur auf Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen Anwendung findet, bei denen der Konzessionsgeber die Einrichtung kontrolliert. Gemäß IFRIC 12.5 ist eine Kontrolle durch den Konzessionsgeber gegeben, sofern die Vereinbarung die folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt:
(a) |
Der Konzessionsgeber kontrolliert oder bestimmt, welche Dienstleistungen der Betreiber mit der Infrastruktureinrichtung zu erbringen hat, an wen er sie zu erbringen hat und zu welchem Preis; und |
(b) |
der Konzessionsgeber kontrolliert nach Ablauf der Vereinbarung aufgrund von Eigentumsansprüchen oder von anderen vergleichbaren Rechten "alle verbleibenden wichtigen Interessen" (dh. den Restwert) an der Infrastruktureinrichtung. |
Liegen die Voraussetzungen der Buchstaben (a) und (b) zusammen vor, so impliziert dies nach Auffassung des IFRIC, dass der Konzessionsgeber die Infrastruktureinrichtung während der gesamten Dauer ihrer wirtschaftlichen Nutzung kontrolliert. Der Betreiber hingegen leitet lediglich den Betrieb der Infrastruktureinrichtung für den Konzessionsgeber (vgl. IFRIC 12.AG4 und.AG5). Die Infrastruktureinrichtung kann daher beim Betreiber keine Sachanlage darstellen (vgl. Tz. 29; vgl. IFRIC 12.BC21–22).
Tz. 16
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die Kontrolle oder Regulierung der Dienstleistungen muss nicht vertraglich festgelegt sein, sie kann auch durch eine Regulierungsstelle erfolgen und umfasst sowohl Fälle, in denen der Konzessionsgeber der alleinige Abnehmer der erbrachten Leistungen ist, als auch die Fälle, in denen andere Benutzer Abnehmer der Leistungen sind. Bei der Beurteilung, ob Kontrolle durch den Konzessionsgeber vorliegt, sollten der Konzessionsgeber und alle mit ihm verbundenen Parteien stets zusammen betrachtet werden. Ist der Konzessionsgeber öffentlich-rechtlich organisiert, so wird die gesamte öffentliche Hand zusammen mit allen Regulierungsstellen, die im öffentlichen Interesse tätig werden, als dem Konzessionsgeber zugehörig angesehen (vgl. Tz. 11).
Tz. 17
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die sich aus dem "Preis" ergebende Vergütung für die Dienstleistung kann dabei sowohl durch den Konzessionsgeber als auch durch die Benutzer der öffentlichen Dienstleistung an den Betreiber entrichtet werden. Für das Erfordernis der Kontrolle über die Preisfestsetzung (vgl. Tz. 15) reicht es aus, dass für den Kernbereich der Vereinbarung der Preis vom Konzessionsgeber durch Vertrag oder von einer Regulierungsbehörde reguliert wird, zB durch einen Preisbegrenzungsmechanismus und/oder durch das generelle Erfordernis der Genehmigung von Preisen durch den Konzessionsgeber (vgl. KPMG, 2021, Tz. 5.12.110.10–60). Dies gilt dann nicht, wenn es Hinweise dafür gibt, dass das Erfordernis der Genehmigung durch den Konzessionsgeber nicht substanziell ist (vgl. Deloitte, 2021, Volume A, Chapter A35, Section 2.2.2.1–1). Kontrolle über die Preisfestsetzung liegt auch dann vor, wenn für den Betreiber eine Maximalrendite auf die vereinbarte Investition in die Infrastruktur festgelegt wird, sodass der Betreiber zwar Preise im engeren Sinne frei bestimmen kann, aber zusätzliche Gewinne an den Konzessionsgeber abführen muss (vgl. hierzu IFRIC 12.AG3).
Tz. 18
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die Kontrolle des Konzessionsgebers über die wesentlichen noch bestehenden Rechte und Ansprüche an der Infrastruktureinrichtung sollte die Möglichkeit des Betreibers, diese Einrichtung zu verkaufen oder zu belasten, beschränken. Der Konzessionsgeber muss gem. IFRIC 12.AG4 für die Dauer der Vereinbarung über ein fortlaufendes Nutzungsrecht verfügen. Muss der Betreiber während der Laufzeit der Vereinbarung einen Bestandteil einer Infrastruktureinrichtung teilweise ersetzen, zB den Belag einer Straße, so ist die Infrastruktureinrichtung (dh. hier die Straße) als Einheit zu werten. Die oben (vgl. Tz. 15) dargestellte Voraussetzung des Buchstaben (b) ist für die gesamte Infrastruktureinrichtung einschließlich des ersetzten Teils erfüllt, wenn der Konzessionsgeber auch die Kontrolle über die wesentlichen noch bestehenden Rechte und Ansprüche an diesem "Ersatzteil" innehat (vgl. hierzu IFRIC 12.AG6).
Tz. 19
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
IFRIC 12 führt nicht weiter aus, wann verbleibende Interessen bzw. wann die verbleibenden Restwerte an der Infrastruktureinrichtung im Sinne von IFRIC 12.5 (b) "wichtig" bzw. "wesentlich" sein könnten. Ein wenig geeigneter Maßstab zur Beurteilung ist die Höhe einer etwaigen Vergütung, die der Betreiber vom Konzessionsgeber bei Rückgabe der Infrastruktureinrichtung erhält, da diese nicht notwendigerweise ein Indikator für den Restwert der Infrastruktureinrichtung darstellt. Ein guter Indikator wird dagegen regelmäßig die Länge der Restnutzungsdauer der Einrichtung bei Rückgabe an den Konzessionsgeber sein. Beträgt bspw. die Restnutzungsdauer einer mautpflichtigen Straße bei Rückgabe an die öffentliche Hand noch zwanzig Jahre, so können die verbleibenden Interessen (Restwerte) im Allgemeinen...