Prof. Dr. Andreas Barckow
Tz. 68
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Der IASB hat sich bei der Bilanzierung von Finanzinstrumenten für ein Modell verschiedener Bewertungsmaßstäbe (Mixed Measurement Model) entschieden. Die Alternative eines Modells der durchgehenden Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (sog. Full Fair Value Model) wird zwar auch vom IASB immer wieder als Endziel postuliert (vgl. dazu das noch im Frühjahr 2008 erschienene IASB Discussion Paper Reducing Complexity in Accounting for Financial Instruments); von den Adressaten wird sie aber in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle als nicht entscheidungsnützlich angesehen, weshalb der IASB das Ziel einer einheitlichen Bewertung aller Finanzinstrumente einstweilen nicht aktiv weiterverfolgt. Die (Folge-)Bewertung der Finanzinstrumente zum beizulegenden Zeitwert oder zu fortgeführten Anschaffungskosten erfolgt nach IFRS 9 in Abhängigkeit von der Zuordnung der Instrumente zu sog. Bewertungskategorien; deren sieht der IASB fünf vor – drei auf der Aktiv- und zwei auf der Passivseite. Die Klassifizierung der einzelnen Instrumente erfolgt dabei im Kern anhand ihrer Ausstattungsmerkmale (sog. Zahlungsstromkriterium, vgl. Tz. 169ff.) sowie der Art der Realisierung ihrer Zahlungsströme (sog. Geschäftsmodellkriterium, vgl. Tz. 157ff.), teilweise kann sie aber auch frei gewählt werden. Die einmal vorgenommene Zuordnung ist grundsätzlich beizubehalten, eine erneute Klassifizierung ist nur in seltenen und genau bestimmten Ausnahmefällen zulässig (vgl. Deloitte LLP 2018, S. 113ff.; vgl. Tz. 191ff.).
a. Held for trading
Tz. 69
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Die Klassifizierung "zu Handelszwecken gehalten" wurde unverändert aus IAS 39 in IFRS 9 übernommen. Folgende Finanzinstrumente werden entsprechend klassifiziert:
- Finanzinstrumente, die vorrangig in der Absicht erworben oder eingegangen werden, sie kurzfristig wieder zu veräußern resp. zurückzukaufen (vgl. Tz. 70);
- Finanzinstrumente, die bei Zugang einem Portefeuille eigens benannter und gemeinsam gesteuerter Finanzinstrumente zugeordnet werden, für das in jüngerer Zeit nachweislich Hinweise auf kurzfristige Gewinnmitnahmen bestehen (vgl. Tz. 73); sowie
- derivative Finanzinstrumente mit Ausnahme von Finanzgarantien und von Derivaten, die als Sicherungsinstrument designiert und als solche wirksam sind (vgl. Tz. 74).
Tz. 70
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Beabsichtigt ein Unternehmen, Finanzinstrumente nur vorübergehend zu halten und sich nach kurzer Zeit wieder von ihnen zu trennen, besteht die Motivation zur Durchführung derartiger Geschäfte offenkundig nicht im Halten, sondern im Ausnutzen von kurzfristigen Preis- bzw. Kursunterschieden zwischen An- und Verkauf bzw. Emission und Tilgung oder der Realisierung einer Handelsmarge (vgl. IFRS 9.B4.1.5). Der IASB geht dabei davon aus, dass die Tätigkeit aktiv und häufig ausgeübt wird; jedoch dürfte auch bei nur gelegentlicher Handelstätigkeit die dahinterstehende Margenerzielungsabsicht nicht zu verneinen sein, so dass eine entsprechende Klassifizierung auch in diesen Fällen sachgerecht erscheint. Maßgeblich ist in jedem Fall die Situation zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses. Die Handelsabsicht überlagert allerdings andere Mussvorschriften im Regelwerk der IFRS: So wurde dem IFRS Interpretations Committee die Frage zur Klärung überreicht, ob eigene Aktien, die zu Handelszwecken gehalten würden, auch dieser Bewertungskategorie zuzuordnen wären. Das IFRS Interpretations Committee stellte fest, dass eigene Anteile nach SIC-16.6 (heute IAS 32.33) ohne Ausnahme vom Eigenkapital des Emittenten in Abzug zu bringen seien und sie entsprechend nicht als zu Handelszwecken klassifiziert werden könnten (vgl. IFRIC Update August 2002, S. 3; zur Regelung selbst vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 32, Tz. 89f.).
Tz. 71
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Finanzielle Verbindlichkeiten, die zu Handelszwecken gehalten werden, sind eng abzugrenzen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass man zwar mit Vermögen, dem Grunde nach aber nicht mit Schulden handeln kann – man geht sie ein und bedient sie. Im Gegensatz zu Vermögenswerten können Schulden nicht ohne weiteres übertragen werden: Eine Übertragung auf einen anderen Schuldner bedarf zwingend der Zustimmung des Gläubigers. Ein derartiges Einverständnis ist bei Vermögenswerten nicht vonnöten, weshalb sich die Handelsabsicht hier auch leichter realisieren lässt. Dies kann rein sachlogisch bei Verbindlichkeiten nur in einem sehr begrenzten Rahmen der Fall sein, nämlich bei Leerverkäufen (Short Sales) und bei Derivaten, die nicht als Sicherungsinstrument designiert wurden (vgl. dazu Tz. 74). Bei Leerverkäufen verkauft ein Unternehmen etwas, was es gar nicht besitzt; es muss sich also eindecken. Dabei spekuliert das Unternehmen darauf, dass der Wiedereindeckungspreis unter dem Preis liegt, zu dem es den Posten an die Vertragspartei veräußert hat. Hier liegt die Margenerzielungsabsicht offenkundig vor. Alle anderen finanziellen Verbindlichkeiten hingegen mögen Handelsaktivitäten zwar finanzieren; das macht aus ihnen aber selb...