Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
a. Notwendigkeit zur Verwendung eines optionspreistheoretischen Bewertungsmodells
aa. Vorbemerkung
Tz. 66
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Das Anwendungsgebiet des IFRS 2 erstreckt sich auf alle Transaktionen, bei denen Eigenkapitalinstrumente – wie Aktien, GmbH-Anteile oder Optionen auf Anteile des bilanzierenden Unternehmens – als Gegenleistung für zu erwerbende Güter und Dienstleistungen eingesetzt werden. Dabei liegt das Hauptaugenmerk des Standards auf der anteilsbasierten Führungskräfte- und Mitarbeitervergütung, insb. auf der Entlohnung mittels (realer oder virtueller) Aktienoptionen (IFRS 2.1, vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), IFRS-Kommentar, 20. Aufl., § 23, Tz. 1ff.; Pellens et al., 2021, S. 573). In den Fällen, in denen der beizulegende Zeitwert der empfangenen Güter und Dienstleistungen nicht verlässlich bestimmt werden kann, fordert IFRS 2.10 eine indirekte Bewertung über den Wert der hingegebenen Gegenleistung, was eine Bewertung der gewährten Eigenkapitalinstrumente zum beizulegenden Zeitwert impliziert. Bei Führungskräfte- und Mitarbeitervergütungen ist es regelmäßig unmöglich, den Wert der im Gegenzug erhaltenen Arbeitsleistung zu quantifizieren. Folglich ist eine indirekte Bewertung nicht nur nach IFRS 2.10 geboten, sondern ausdrücklich nach IFRS 2.11 als Standardvorgehen einzufordern. Im Hinblick auf die Notwendigkeit zur Anwendung optionspreistheoretischer Bewertungsverfahren kommt es im Wesentlichen darauf an, ob einerseits Optionen oder Aktien bzw. ähnliche Gesellschafterrechte verbriefende Anteile übereignet werden und andererseits, ob für die Anteile ein Marktpreis feststellbar ist oder nicht. Einen Überblick über die verschiedenen Bewertungsfälle gibt Abbildung 3:
Abb. 3: Bewertungsfälle des IFRS 2
Tz. 67
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Der Behelfscharakter der indirekten Bewertung von Arbeitsleistungen über den Umweg der Bewertung der Eigenkapitalinstrumente wird bei der Bewertung von vergütungshalber begebenen Eigenkapitalinstrumenten offenkundig (vgl. Ramscheid, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 24, Tz. 53ff.): In vielen Fällen machen die hingegebenen Eigenkapitalinstrumente lediglich einen Bruchteil des Vergütungspaketes aus. Folglich ergäbe sich beim Versuch einer direkten Bewertung das Problem, den spezifisch für die betrachtete anteilsbasierte Vergütungskomponente erbrachten Arbeitseinsatz zu isolieren. Weiterhin kann es aufgrund von aufeinander aufbauenden Vergütungselementen erforderlich sein, zunächst den beizulegenden Zeitwert des gesamten Vergütungspaketes zu ermitteln und in einem zweiten Schritt auf die einzelnen Komponenten zu verteilen (IFRS 2.12). Nichtsdestotrotz sind anteilsbasierte Vergütungstransaktionen auch dann vollständig anzusetzen, wenn die erhaltene Leistung nicht sicher identifiziert werden kann, weil davon auszugehen ist, dass die anteilsbasierte Vergütung nicht ohne adäquate Gegenleistung gewährt wird (vgl. IFRS 2.13A). Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine hohe Anreizwirkung vorliegt. Das Management soll mit dem Ziel der Aktienkurssteigerung zu operativen Anstrengungen motiviert werden. Dem steht auch der erhöhte Verwaltungsaufwand gegenüber anderen Formen der Eigenkapitalüberlassung nicht im Wege (vgl. John/Stachel, BB-Beilage Nr. 1 2009, S. 18f.).
bb. Anwendungsgebiet der optionspreistheoretischen Bewertung
Tz. 68
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Werden Dienstleistungen von Dritten erworben und durch die Hingabe von Aktien bzw. ähnlichen Anteilen oder Aktienoptionen vergütet, so erfolgt die Bewertung analog zu den Vorgehensweisen im Falle der Führungskräfte- und Mitarbeitervergütungen (vgl. Tz. 83ff.).
Tz. 69
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Werden Aktien oder ähnliche Anteile vergütungshalber hingegeben, so ist eine Bewertung zum Börsen- oder Marktpreis – unter Berücksichtigung der Ausgabebedingungen – vorzunehmen, sofern ein solcher existiert (IFRS 2.16). Nach IFRS 2.BC130 ist ein Börsen- bzw. Marktpreis der hingegebenen Eigenkapitalinstrumente der beste Indikator für den beizulegenden Zeitwert. Andernfalls sind geschätzte Marktwerte zu verwenden, zB für nicht börsennotierte Anteile. Allerdings können Anpassungen des beizulegenden Zeitwertes erforderlich werden, um Vertragsbedingungen zu berücksichtigen, die nicht Ausübungsbedingungen sind. Zu diesen Bedingungen gehören zB:
- Einschränkungen des Rechts, während des Erdienungszeitraums Dividenden zu beziehen oder
- Einschränkungen der Veräußerbarkeit der Anteile nach dem Erdienungszeitraum, wobei diese Einschränkungen bei Vorliegen eines liquiden Marktes vernachlässigbar sein dürften (vgl. EY, International GAAP 2022, Kap. 29, Abschn. 8.7.1).
Grundsätzlich ist die Bewertung vergütungshalber hingegebener Aktien oder ähnlicher Anteile deutlich einfacher als bei Optionen, da der Einsatz optionspreistheoretischer Bewertungsverfahren nicht erforderlich ist (vgl. Hasbargen/Stauske, BB 2004, S. 1157). Außerdem spielt im Gegensatz zu Optionsprogrammen die Durchführungsform des Aktienprogramms (Kapitalerhöhung oder Aktienrückkauf) für die bilanzielle Behandlung keine Rolle (vgl. Pellens et al., 2021, S. 575f.).
Tz. 70
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Auch wenn Unternehmen Aktienoptions- ...