Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Eva Bracht
Tz. 114
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Vertragliche Vereinbarungen enthalten meist Regelungen über Zeitpunkt und Höhe der Gewinnrealisierung. Schuldrechtliche Beziehungen zwischen einer Innengesellschaft ohne eigenes Vermögen, die für Zwecke einer gemeinschaftlichen Vereinbarung gegründet wurde, und den Parteien, die zu einer Gewinnrealisierung führen, bestehen idR nicht.
Tz. 115
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Bei "unechten" Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe kann es jedoch zu direkten Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien und den Kunden der gemeinschaftlichen Tätigkeit kommen. Im Regelfall rechnen die Parteien aber ihre Teillieferungen und -leistungen im Rahmen des Gesamtprojektes untereinander direkt oder über den Betreiber als geschäftsführende Partei ab.
Tz. 116
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Sofern die Parteien im Außenverhältnis direkt mit den Kunden der gemeinschaftlichen Tätigkeit eine Geschäftsbeziehung eingehen, liegen Teillieferungen bzw. -leistungen vor, die zu Marktwerten abgerechnet werden. Die abrechnende Partei realisiert dabei im ersten Schritt das Ergebnis aus der Leistungserbringung. Im zweiten Schritt werden im Innenverhältnis die Gesamterlöse für die Erzeugnisse der gemeinschaftlichen Vereinbarung gemäß der vertraglichen Vereinbarungen (Abrechnungsmodus) aufgeteilt und anteilig die gemeinsamen Aufwendungen weiterbelastet. Das endgültige Ergebnis einer Partei kann deshalb wesentlich von dem sich aus der Direktabrechnung von Teillieferungen und -leistungen zu Marktwerten ergebenden Gewinn abweichen. Die Partei muss daher mögliche Ausgleichszahlungen an andere Parteien der gemeinschaftlichen Vereinbarung für bereits erbrachte Leistungen berücksichtigen.
Tz. 117
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Beispiel:
A und B errichten eine gemeinschaftliche Vereinbarung, die keine eigenen Vermögenswerte besitzt. Für dieses Vorhaben wird eine Innengesellschaft gegründet. Jede Partei rechnet eigenständig mit dem Kunden ab, nachdem die Gesamtleistung erstellt wurde. Eine Aufteilung des gesamten Erlöses folgt am Ende des Geschäftes in einem festgelegten Verhältnis. Jede Partei weist ihren Erlösanteil aus, aktiviert die eigenen Herstellungskosten bzw. erfasst die nicht aktivierungsfähigen Kosten aufwandswirksam. Nicht aktivierungsfähige Aufwendungen, die gemeinsam anfallen, sind gemäß dem festgelegten Verhältnis zu erfassen. Wenn allerdings A seinen Erlös schon vor B realisiert, darf A den Erfolg nur in Höhe des Anteils, der ihm zusteht, realisieren. Den Rest hat A erfolgsmindernd in Form einer Ausgleichsverpflichtung zu bilanzieren. Außerdem muss A eine Ausgleichsforderung für den ihm zustehenden Anteil an den Erlösen, die B erzielt, bilanzieren. Diese beiden Posten können saldiert werden und gleichen sich im einfachsten Fall aus.
Tz. 118
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Die Abrechnungsmodalitäten bei gemeinschaftlichen Tätigkeiten sehen idR vor, dass die Parteien die eigenen Ausgaben tragen und einen Anteil am Gesamterlös erhalten. Dies erfordert Vereinbarungen über die Abrechnung der Teilleistungen der Parteien entweder auf Kosten- oder Marktpreisbasis.
Bei komplexen Großprojekten, wie dem Bau von Kraftwerken oder Flugzeugen mit hohen Anforderungen an Planung, Steuerung und Qualitätssicherung, vertritt im Außenverhältnis meist ein Betreiber als geschäftsführende Partei die gemeinschaftliche Tätigkeit. Der Betreiber ist auch für die Abrechnung der gemeinschaftlichen Vereinbarung und die Aufteilung der Erlöse und der gemeinschaftlichen Ausgaben auf die Parteien zuständig.
Tz. 119
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Die interne Abrechnungsstruktur ist indes besonders bei langfristigen Fertigungsaufträgen unabhängig von den Grundsätzen der Gewinnrealisierung. Von der Abrechnungsstruktur bleibt dennoch die Frage unberührt, wann im IFRS-Abschluss aus der Leistungserbringung der gemeinschaftlichen Tätigkeit Gewinne zu realisieren sind. Hier gelten gem. IFRS 11.21 die allgemeinen Gewinnrealisierungsgrundsätze des IFRS 15.
Tz. 120
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Beispiel:
A und B vereinbaren eine gemeinschaftliche Tätigkeit zum Bau einer Autobahntrasse. A planiert und erstellt das Fundament, und B trägt die Fahrbahndecke auf. Der Auftrag geht über mehrere Bilanzstichtage. Der Gesamterlös von 400 GE wird gemäß der gemeinschaftlichen Vereinbarung hälftig auf die Parteien aufgeteilt. Am 31.12. des ersten Jahres hat das Projekt einen Fertigstellungsgrad von 60 %. Somit kann ein Gewinn iHv. 240 GE (60 % von 400 GE) bereits realisiert werden. Indes ist der Fertigstellungsgrad bei den Planier- und Fundamentarbeiten höher als der Fertigstellungsgrad in Bezug auf die Fahrbahndecke. Ohne Betrachtung der gemeinschaftlichen Vereinbarung würde sich ein Erfolg bei A von 140 GE und B von 100 GE ergeben. Die Erfolge sind uE gemäß der gemeinschaftlichen Vereinbarung wie folgt zu erfassen und aufzuteilen:
- A erfasst 140 GE und B 100 GE. Dadurch zeigt sich die unterschiedliche Leistungserbringung.
- A mindert seine Erlöse (Ertrag an Forderung aus langfristigem Fertigungsauftrag) und ...