Dipl.-Kfm. Alexander Staß, Marcel Kottenstein
Tz. 9
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Zuwendungen der öffentlichen Hand (government grants) werden definiert als "Beihilfen der öffentlichen Hand, die an ein Unternehmen durch Übertragung von Mitteln gewährt werden und die zum Ausgleich für die vergangene oder künftige Erfüllung bestimmter Bedingungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens dienen".
Government grants sind Beihilfen der öffentlichen Hand, die an ein Unternehmen durch Übertragung von Mitteln (transfers of resources) gewährt werden. Die Übertragung geschieht regelmäßig durch Zahlung, in Ausnahmefällen auch durch die Zuwendung nicht monetärer Vermögenswerte (non-monetary assets), wie zB Grund und Boden (IAS 20.23), oder durch die Ermäßigung oder den Erlass von Verbindlichkeiten (IAS 20.9f.).
Die öffentliche Hand legt (meist in Gesetzen, Förderrichtlinien oder "Programmen") die Bedingungen (zT auch als Voraussetzungen, Befristungen, Auflagen ua. bezeichnet), jeweils angepasst an den Förderzweck, in einer Weise fest, von der sie sich ein zweckgerichtetes Verhalten der Zuwendungsempfänger verspricht. Eine sachgerechte Behandlung im Abschluss setzt eine Untersuchung der Bedingungen der betreffenden Zuwendung voraus. Dabei sind auch mögliche zwischenzeitliche Änderungen der Zuwendungsbedingungen zu beachten.
Stellt die öffentliche Hand im Rahmen öffentlich-privater Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen dem Betreiber bestimmte Vermögenswerte zur Verfügung, handelt es sich hierbei nicht um Zuwendungen der öffentlichen Hand im Sinne von IAS 20 (IFRIC 12.27; hierzu vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRIC 12, Tz. 71).
Tz. 10
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Die Definition der government grants schließt bestimmte Formen von Beihilfen der öffentlichen Hand aus, die sich nicht angemessen bewerten lassen. Außerdem werden Geschäfte (transactions) mit der öffentlichen Hand ausgeklammert, die von der normalen Geschäftstätigkeit nicht unterschieden werden können. Der Standard gibt in IAS 20.35 Beispiele für die ausgegrenzten Fälle. Als Beihilfen, denen nicht vernünftigerweise ein Wert beigemessen werden kann, werden die unentgeltliche technische oder Markterschließungs-Beratung (free technical or marketing advice) und die Bereitstellung von Garantien (provision of guarantees) angeführt. Unter den Begriff guarantees sind zB auch die Bürgschaften des Bundes und der Länder zu fassen, die für eine Vielzahl von Förderzwecken eingesetzt werden. Als Beispiel für eine Beihilfe, die nicht von der normalen Geschäftstätigkeit des Unternehmens unterschieden werden kann, wird die staatliche Beschaffungspolitik (government procurement policy) genannt, die für einen Teil des Umsatzes verantwortlich ist. Zur Begründung wird angeführt, dass das Vorhandensein des Vorteils dabei zwar nicht in Frage gestellt sein mag, doch könnte jeder Versuch, die betriebliche Tätigkeit von der Beihilfe zu trennen, leicht willkürlich sein.
Tz. 11
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
In IAS 20.36 wird mit Bezug auf die vorgenannten Beispiele darauf hingewiesen, dass die Bedeutung des Vorteils derart sein kann, dass Art, Umfang und Laufzeit der Beihilfe anzugeben sind, damit der Abschluss nicht irreführend ist. Die genannten Beihilfen dürften uE indes nur in seltenen Fällen einen Umfang erreichen, der die Besorgnis einer Irreführung hervorrufen kann. Am ehesten ist noch an die Auswirkung zu denken, die sich aus dem Auslaufen von Beschaffungsprogrammen ergeben kann.
Tz. 12
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Lange Zeit rechnete der Standard zinslose und niedrig verzinsliche Darlehen zwar zu den Beihilfen der öffentlichen Hand (IAS 20.37 aF), nach dem Wortlaut des Standards wurde der Vorteil jedoch nicht durch die Berechnung der Zinsen quantifiziert und folglich nicht in der Bilanz erfasst. Vielmehr schlug sich die Vergünstigung im geringeren Zinsaufwand der jeweiligen Perioden der Nutzung des Kapitals nieder (vgl. ADS Int 2002, Abschn. 11, Tz. 17). Im Rahmen des ersten annual improvements project wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2009 (vgl. Tz. 17) IAS 20.37 ersatzlos gestrichen und IAS 20.10A eingefügt (vgl. hierzu auch Rohatschek, IRZ 2009, S. 149–151). Gemäß IAS 20.10A sind zinslose und niedrig verzinsliche Darlehen in Übereinstimmung mit IFRS 9 zu bilanzieren, dh., der erstmalige Ansatz erfolgt gemäß IFRS 9.5.1.1 zum beizulegenden Zeitwert (fair value). Die Differenz zum Auszahlungsbetrag stellt den Vorteil (benefit) aus der Gewährung der Vorzugskonditionen dar und ist als Zuwendung der öffentlichen Hand nach IAS 20 zu bilanzieren. Die Zuwendung ist nach IAS 20.12 planmäßig (on a systematic basis) in den Perioden als Ertrag zu erfassen, in denen das Unternehmen die entsprechenden Aufwendungen erfasst, die sie kompensieren soll (vgl. Tz. 33ff.); bei Zuwendungen für abschreibungsfähige Vermögenswerte also grundsätzlich abschreibungsproportional (vgl. Tz. 38ff.).
Unter den Begriff der Zuwendungen der öffentlichen Hand fallen auch Zinszuschüsse für Kredite, die Banken oder andere Gläubiger dem Zuschussempfänger (idR zu Marktkonditionen) zur ...