Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Dr. Kathrin Köhling
Tz. 106
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Falls das bilanzierende Unternehmen Abnormitäten hinsichtlich des Marktgeschehens feststellt (zB wenn Transaktionen nicht gewöhnlich sind, vgl. Tz. 102–105), so sind die beobachteten notierten Preise bzw. Transaktionspreise zu adjustieren, sofern diese als Inputparameter für die Fair-Value-Bewertung herangezogen werden und die Adjustierung in ihrem Umfang (bzgl. des Bewertungsergebnisses) von Bedeutung ist (IFRS 13.B38). Anpassungen können allerdings auch unter anderen Umständen erforderlich sein, bspw. wenn Preise für ähnliche Positionen an den eigentlichen Vermögenswert angepasst werden müssen oder wenn Preise nicht mehr aktuell sind (IFRS 13.B38).
Tz. 107
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
IFRS 13 schreibt keine Methode zur Anpassung von notierten Preisen oder Transaktionspreisen vor, sondern verweist in IFRS 13.B39 auf die allgemein in IFRS 13 angelegten Bewertungsmethoden (vgl. Tz. 53–61). Unabhängig von der Bewertungsmethode muss das Unternehmen stets jene Risikozu- oder -abschläge berücksichtigen, die Marktteilnehmer für die Unsicherheit in den erwarteten Cashflows des Vermögenswertes bzw. der Schuld zur Kompensation verlangen, da anderenfalls der beizulegende Zeitwert nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend abgebildet würde. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass durch den Wertansatz keine glaubwürdigen Informationen vermittelt werden (IFRS 13.B39).
Die zu berücksichtigende Risikoprämie soll die Eigenschaften einer gewöhnlichen Transaktion am Bewertungsstichtag unter gegenwärtigen Bedingungen (also bspw. auch in einer Liquiditätskrise) wiedergeben. Gemäß dieser Konzeption sind die Liquiditätscharakteristika der Vermögenswerte und Schulden im Rahmen von gewöhnlichen Transaktionen bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes zu berücksichtigen. Bemisst sich der beizulegende Zeitwert nach Level-1-Inputfaktoren, so werden die relevanten Liquiditätscharakteristika bereits ganzheitlich abgebildet, sodass der beobachtete Transaktionspreis keiner Anpassung bedarf. Basiert die Fair-Value-Ermittlung jedoch bspw. auf Level-3-Inputfaktoren und wird die Liquidität nicht bereits mittelbar oder unmittelbar als Einflussgröße bei der Bewertung berücksichtigt, so ist der beobachtete Transaktionspreis dann an die verringerte Liquidität anzupassen, wenn dies zugleich auch den Eigenschaften eines Vermögenswertes bzw. einer Schuld bei einer unterstellten, gewöhnlichen Transaktion auf dem relevanten Markt entspricht. Führt die reduzierte Marktaktivität indes dazu, dass die beobachtbaren Transaktionen nicht mehr länger als gewöhnlich einzustufen sind, so ist der Transaktionspreis derart anzupassen bzw. zu gewichten, dass letztlich die mit einer gewöhnlichen Transaktion verbundenen Liquiditätscharakteristika widergespiegelt werden, damit jene Informationen bei der Fair-Value-Ermittlung berücksichtigt werden können.
Tz. 108
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Illustrative Example 14 verdeutlicht exemplarisch, wie solche Anpassungen bei einem deutlich verringerten Marktgeschehen sachgerecht vorgenommen werden können (IFRS 13.IE48–58). In diesem Beispiel sollen verbriefte Wohnungsbaukredite (residential mortgage-backed securities) zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, die zum Emissionszeitpunkt einer Junior-Triple-A-Tranche entsprachen. Bis zum Bewertungsstichtag werden die verbrieften Wohnungsbaukredite auf ein Single A-Rating herabgestuft. Zudem kommt das bilanzierende Unternehmen zu dem Schluss, dass die Indikatoren in IFRS 13.B37 im vorliegenden Fall als erfüllt anzusehen sind und demnach das Handelsvolumen oder die Handelsaktivität im Vergleich zum üblichen Marktgeschehen in deutlichem Umfang reduziert ist. Zur Ermittlung eines möglichen Diskontierungszinssatzes bei Anwendung eines barwertwertorientierten Verfahrens ist der risikolose Zinssatz (300 Basispunkte) um die geschätzten Zu- bzw. Abschläge anzupassen, um das Risiko der verbrieften Wohnungsbaukredite zu reflektieren. Hierbei sind auch Anpassungen erforderlich, wenn die verfügbaren Marktdaten von den Eigenschaften des Bewertungsobjektes abweichen. Die Anpassungen berücksichtigen Risiken der Nicht-Erfüllung und andere Risikoarten (Ausfallrisiko, Sicherheitenrisiko, Liquiditätsrisiko), die auch typische Marktteilnehmer bei der Preisfindung einkalkulieren würden.
Beispielhaft werden die folgenden Faktoren zur Ermittlung der Zu- bzw. Abschläge berücksichtigt: