Prof. Dr. Corinna Ewelt-Knauer, Dr. Julian Höbener
Tz. 28
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Während das erste Kontrollkriterium (obtain substantially all of the economic benefits) danach fragt, ob dem potenziellen Leasingnehmer die wirtschaftliche Nutzenziehung aus dem Leasingobjekt zusteht (benefit element der Kontrolle), widmet sich das zweite Kriterium (right to direct the use) der Frage, wer die konkrete Nutzung des Leasingobjekts bestimmen kann (power element der Kontrolle). Nur wenn beide vorgenannten Kriterien kumulativ erfüllt sind, wird das Recht zur Kontrolle der Nutzung (right to control the use) des identifizierten Vermögenswertes über den Verwendungszeitraum auf den Kunden übertragen (IFRS 16.B9; vgl. Tz. 26), folglich ist nur dann "Definitionskriterium 2" eines Leasingverhältnisses erfüllt (vgl. Tz. 16a).
Zur Konkretisierung des power elements definiert der Standardsetzer verschiedene Alternativen, die zum Recht auf Bestimmung der Nutzung (right to direct the use) des Leasingobjekts führen können. So gründet gem. IFRS 16.B24 das Recht, die Nutzung des identifizierten Vermögenswertes über den gesamten Verwendungszeitraum zu bestimmen, auf eines der folgenden Szenarien:
Tz. 29
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Mit Blick auf das erste Szenario, das das Recht auf Bestimmung der Nutzung begründen kann, gilt es zu beurteilen, ob der potenzielle Leasingnehmer das Recht hat, die Art und den Zweck der Nutzung (right to direct how and for what purpose) des dem Vertrag zugrunde liegenden Vermögenswertes während des gesamten Verwendungszeitraums zu ändern (IFRS 16.B25). Das Objekt der Kontrolle – "how" und "for what purpose" – dürfte zwar inhaltlich nicht vollständig überschneidungsfrei sein und weist insofern durchaus tautologische Tendenzen auf, ist aber ohnehin als single concept anzusehen, sodass diese beiden (Einzel-)Aspekte faktisch als Ganzes zu verstehen sind (IFRS 16.BC120; vgl. hierzu kritisch Hommel/Dehmel/Zeitler, BB 2016, S. 1772; Dollereder, 2018, S. 91f.).
Tz. 29a
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Im Rahmen der Beurteilung, ob der potenzielle Leasingnehmer die Art und den Zweck der Nutzung des Vermögenswertes determinieren kann, ist auf diejenigen Entscheidungsrechte (decision-making rights) abzustellen, die hinsichtlich des konkreten Leasingobjekts für die wirtschaftliche Nutzenziehung am relevantesten (most relevant) sind (IFRS 16.B25 iVm. IFRS 16.BC117). Derartige Entscheidungsrechte sind abhängig vom Wesen des jeweiligen Vermögenswertes, der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung sowie dem damit zusammenhängenden erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen (IFRS 16.B25; vgl. Ganssauge/Klockmann/Alymov, WPg 2016, S. 740; ausführlich Dollereder, 2018, S. 93–97). Konkret können solche Entscheidungsrechte bspw. auf die Möglichkeit zur Gestaltung der Art des Outputs des Leasingobjekts abzielen oder aber auf die Möglichkeit, den Zeitpunkt sowie den Ort der Nutzung des Leasingobjekts festzulegen (IFRS 16.B26 (a)–(c)). Ebenfalls sind hierunter bspw. Rechte zu subsumieren, darüber entscheiden zu können, ob und in welcher Menge Output produziert wird (IFRS 16.B26 (d)). Obgleich diese in IFRS 16.B26 angeführten, nicht abschließenden Beispiele von möglichen relevanten Entscheidungsrechten primär auf den konkreten "Output" eines Leasingobjekts abstellen, zielen die relevanten Entscheidungsrechte – angesichts der breiten Palette der potenziellen Nutzenziehung aus der Verwendung des Vermögenswertes (vgl. Tz. 27) – darauf ab, insgesamt die "wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit" in Bezug auf den jeweiligen Vermögenswert innezuhaben (vgl. zum Begriff der wirtschaftlichen Verfügungsmöglichkeit Brune, IRZ 2016, S. 122; Dollereder, 2018, S. 93). Mithin müssen die Rechte den potenziellen Leasingnehmer dazu befähigen, die wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung des Leasingobjekts beeinflussen zu können (IFRS 16.B25). Derartige Entscheidungsrechte über die Art und den Zweck der Nutzung des Vermögenswertes ähneln nach Auffassung des IASB den strategischen Entscheidungen, die der Vorstand eines Unterne...