Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 26a
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Ein Anteil an einem Beteiligungsunternehmen liegt vor, wenn der Investor aufgrund eines vertraglichen oder nichtvertraglichen Engagements schwankenden Renditen aus dieser Einheit ausgesetzt ist (IFRS 12 Appendix A). Der Begriff des Anteils (interest) ist deutlich weiter gefasst als der bloße Anteil an Eigen- oder Fremdkapitalinstrumenten. Als Anteil an einem anderen Unternehmen qualifizieren bspw. auch Kreditsicherheiten, Avale oder andere Garantien (IFRS 12 Appendix A). Aus dem Anteil an einem anderen Unternehmen kann eine Beherrschung iSd IFRS 10 resultieren. Nicht erforderlich ist, dass der Investor eine (finanzielle) Investition in das andere Unternehmen getätigt hat (zB Anteilserwerb). Vielmehr reicht es bereits aus, wenn der Investor ein wie auch immer geartetes Engagement (involvement) in das Beteiligungsunternehmen unterhält (IFRS 10.5; vgl. Beyhs/Buschhüter/Schurbohm, WPg 2011, S. 668ff.). Durch diese weite Definition des Anteils (interest) an einem anderen Unternehmen sind folglich nicht nur Anteilseigner oder Halter von Schuldtitel als Investoren anzusehen. Ein Anteil iSd. IFRS 12 liegt allerdings nicht notwendigerweise vor, wenn lediglich eine typische Kunden- oder Lieferantenbeziehung besteht (IFRS 12 Appendix A).
Tz. 26b
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Die Gesamtheit der einzelnen Rechte, die einem Investor gegenüber einem Beteiligungsunternehmen zustehen (zB Stimmrechte und/oder vertragliche Rechte), sind die Rechtsposition des Investors. Schutzrechte dienen dazu, die Interessen des Investors zu schützen, ohne dass dadurch grundsätzlich Verfügungsgewalt über die maßgeblichen Tätigkeiten entsteht. Stimmrechte und ähnliche Rechte umfassen sämtliche Entscheidungsbefugnisse (vgl. Tz. 91 ff.), die über Mehrheitsentscheidungen in entsprechenden Gremien getroffen werden. Darunter fallen sowohl Stimmrechte, welche mit Eigenkapitalinstrumenten (zB Aktien) verbunden sind, wie auch vertragliche Stimmrechte (zB einmal jährlich in einer Generalversammlung), bis hin zu vertraglich eingerichteten Entscheidungsgremien (zB Investitionskomittees mit Entscheidungskompetenzen). Nicht zu den Stimmrechten zählen bspw. qualifizierte Vetobefugnisse, durch die keine aktiven Entscheidungen getroffen, sondern lediglich Entscheidungen verhindert werden können. Bei der Beurteilung, ob der Investor aufgrund bestehender Rechte über die Fähigkeit verfügt, die maßgeblichen Tätigkeiten des Beteiligungsunternehmens zu bestimmen, sind nur substanzielle Rechte sowie solche Rechte einzubeziehen, die keine Schutzrechte sind (IFRS 10.10 iVm. B9; ausführlich vgl. Tz. 77 ff.).
Tz. 27
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Das IASB hat in IFRS 10 klargestellt hat, dass Verfügungsgewalt grds. auf Rechtspositionen basiert (power arises from rights, IFRS 10.10), und sieht auch das in IFRS 10 enthaltene Konzept der faktischen Beherrschung hierdurch gedeckt. Dabei hat ein Investor auch die Art seiner Beziehung zu Dritten zu berücksichtigen und abzuwägen, ob er die Dritten anweisen kann, in seinem Namen zu handeln (ausführlich zu De-facto-Agenten vgl. Tz. 106 ff.). Dabei muss mit einer De-facto-Agentenbeziehung nicht unbedingt eine vertragliche Vereinbarung einhergehen. Beispielsweise können auch dritte Parteien, die in enger Geschäftsbeziehung mit dem Investor stehen oder die ihre Geschäftstätigkeiten ohne nachrangige finanzielle Unterstützung des Investors nicht finanzieren können, kraft der Beschaffenheit ihrer Beziehung als De-facto-Agenten für den Investor handeln (IFRS 10.B75). Finanzielle Unterstützung (financial support) iSd. IFRS 12 beinhaltet bspw. sämtliche implizite oder explizite Zahlungsverpflichtungen des Investors gegenüber dem Beteiligungsunternehmen, zB Kreditzusagen, Liquiditätszusagen, Performance-Garantien, Zusagen zum Erwerb von Vermögenswerten des Beteiligungsunternehmen, Patronatserklärungen und andere Eventualverbindlichkeiten. Finanzielle Unterstützung kann sich daher auch mit einer Beteiligung iSd. IFRS überschneiden.