Tz. 30

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Ein langfristiger Vermögenswert oder eine Veräußerungsgruppe sind als zur Veräußerung gehalten auszuweisen, wenn der zugehörige Buchwert überwiegend bzw. hauptsächlich (principally) durch ein Veräußerungsgeschäft und nicht durch fortgesetzte Nutzung realisiert wird (IFRS 5.6). IFRS 5.6 ist die zentrale Vorschrift dieses Standards. Zur Erfüllung dieser Vorschrift muss der Vermögenswert oder die Veräußerungsgruppe im gegenwärtigen Zustand zu Bedingungen, die für den Verkauf derartiger Vermögenswerte oder Veräußerungsgruppen gängig und üblich sind, sofort veräußerbar und eine solche Veräußerung höchstwahrscheinlich (highly probable) sein (IFRS 5.7).

 

Tz. 31

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Der langfristige Vermögenswert bzw. die Veräußerungsgruppe muss in seinem bzw. ihrem aktuellen Zustand veräußerbar sein. Sind noch vor der Veräußerung Modifikationen bzw. Maßnahmen erforderlich, dürfen diese im Hinblick auf die Verkaufsbedingungen nicht unüblich sein (vgl. Zülch/Willms, StuB 2004, S. 648). Die noch ausstehende Räumung eines Verwaltungsgebäudes, das zum Verkauf bestimmt ist, ist für die Anwendung von IFRS 5 unbeachtlich (IFRS 5.IG, Beispiel 1(a)). Ist hingegen noch die Fertigstellung eines neuen Verwaltungsgebäudes erforderlich oder müssen im bestehenden Gebäude noch wesentliche Renovierungsmaßnahmen durchgeführt werden, ist IFRS 5 nicht anwendbar, da der Verkauf noch von einem anderen Ereignis abhängig gemacht wird (IFRS 5.IG, Beispiel 1(b)). Im Falle einer Generalüberholung einer Maschine muss diese abgeschlossen sein, damit die sofortige Veräußerbarkeit gegeben ist (vgl. Hoffmann/Lüdenbach, BB 2004, S. 2007). Solange es an der sofortigen Veräußerbarkeit mangelt, ist die vertragliche Fixierung des Verkaufs für die Anwendbarkeit von IFRS 5 unbedeutend. Ein vergleichbares Beispiel ist der Abschluss einer Vereinbarung über den Verkauf (firm purchase commitment) einer technischen Anlage. Benötigt der Verkäufer die Anlage noch, um offene Fertigungsaufträge abzuwickeln, steht der Anwendung von IFRS 5 die mangelnde unmittelbare Verfügbarkeit aufgrund eines noch ausstehenden Ereignisses entgegen (IFRS 5.IG, Beispiel 2(b)). Übernimmt hingegen der Käufer die Abwicklung der Aufträge, die im Zeitpunkt der Übergabe noch offen sind, ist die unmittelbare Veräußerbarkeit gegeben (IFRS 5.IG, Beispiel 2(a)). Es ist auch denkbar, dass ein bereits zur Veräußerung gehaltener Vermögenswert wieder aus dieser Kategorie umgegliedert werden muss. Wird zum Beispiel bei einem zur Veräußerung gehaltenen Grundstück, für das noch keine Verkaufsvereinbarung abgeschlossen wurde, eine Bodenkontaminierung festgestellt, ist keine unmittelbare Verfügbarkeit des Grundstücks mehr gegeben. Bis zur Beseitigung der Kontaminierung ist IFRS 5 nicht anwendbar, sodass das Grundstück entsprechend umzuklassifizieren ist (IFRS 5.IG, Beispiel 3(b)).

In der Praxis ist es möglich, dass die disposal group zum Zeitpunkt der erstmaligen Klassifizierung als held for sale noch nicht alle Elemente umfasst, zB weil diese noch nicht bestehen oder im Einzelnen noch nicht bestimmt werden können. Dies steht der Klassifikation als held for sale uE nicht entgegen, wenn die disposal group zumindest die wesentlichen Bestandteile enthält und die noch einzubeziehenden Vermögenswerte und Schulden abstrakt bestimmt werden können. Die endgültigen Vermögenswerte und Schulden der disposal group werden in der Regel spätestens zum Zeitpunkt der Übertragung konkret bekannt sein.

 

Tz. 32

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Eine Veräußerung gilt als höchstwahrscheinlich, wenn gemäß IFRS 5.8

  • das Management einen Plan für den Verkauf des Vermögenswerts oder der Veräußerungsgruppe beschlossen hat und
  • mit der Suche nach einem Käufer und der Durchführung des Plans aktiv begonnen wurde.
  • Des Weiteren muss der Vermögenswert (oder die Veräußerungsgruppe) aktiv zum Erwerb für einen Preis angeboten werden, der in einem angemessenen Verhältnis zum gegenwärtig beizulegenden Zeitwert steht.
  • Die Haltefrist bis zum Abschluss der Veräußerung darf grundsätzlich ein Jahr ab der Einstufung als held for sale nicht überschreiten und
  • die zur Umsetzung des Plans erforderlichen Maßnahmen müssen den Schluss zulassen, dass wesentliche Änderungen am Plan oder eine Aufhebung des Plans unwahrscheinlich sind.
  • Zudem ist die Wahrscheinlichkeit einer Genehmigung durch die Anteilseigner, sofern gesetzlich vorgeschrieben, bei der Beurteilung, ob der Verkauf höchst­wahrscheinlich ist, zu berücksichtigen.
 

Tz. 33

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Eine Quantifizierung des Wahrscheinlichkeitskriteriums highly probable ("wahrscheinlicher als wahrscheinlich") unterbleibt in IFRS 5. Bisher war lediglich der Begriff "wahrscheinlich" (probable) in den Standards gebräuchlich. Soweit in den Standards das Merkmal probable verwendet wird, ist damit eine Wahrscheinlichkeit von knapp über 50 % gemeint (more likely than not) (IAS 37.23). Mit dem Begriff highly probable geht das IASB somit weit über die 50 % hinaus (vgl. auch Baetge/Kirs...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?