Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 90
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Anzusetzende selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte sind zum Zugangszeitpunkt mit ihren Herstellungskosten zu bewerten (IAS 38.65). Die Herstellungskosten umfassen alle direkt zurechenbaren Kosten, die während des Herstellungszeitraums (ausführlich vgl. Tz. 54–73) anfallen (IAS 38.66). Beispielhaft nennt der IASB die folgenden Komponenten:
- Kosten für Material und Dienstleistungen, die für die Entwicklung/Herstellung des immateriellen Vermögenswertes genutzt oder gebraucht werden;
- Lohn- und Gehaltskosten sowie andere lohnähnliche Kosten für Mitarbeiter (IAS 19), die mit der Entwicklung/Herstellung des immateriellen Vermögenswertes beschäftigt sind;
- Registrierungsgebühren für Rechtsansprüche (zB Patentanmeldegebühren);
- Abschreibungen auf Patente und Lizenzen, die zur Erzeugung des immateriellen Vermögenswertes genutzt werden und
- Fremdkapitalkosten, sofern ein qualifizierter Vermögenswert iSv. IAS 23 hergestellt wird (zur Bilanzierung von Fremdkapitalkosten gem. IAS 23 vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 23, Tz. 11–51; Fink, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 23, Tz. 101–179).
Tz. 91
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Die Forderung nach der direkten Zurechenbarkeit (directly attributable) könnte vermuten lassen, dass nur Einzelkosten als Bestandteile der Herstellungskosten aktivierungspflichtig sind. In IAS 38.67 wird aber indirekt klargestellt, dass auch Verwaltungs- und Gemeinkosten aktivierungspflichtig sind, wenn sie der Herstellung bzw. Entwicklung zurechenbar sind (vgl. auch Theile, in: Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 6. Aufl., Kap. 13, Tz. 13.93). Die Pflicht zur Berücksichtigung von entwicklungsbezogenen Verwaltungs- und anderen allgemeinen Gemeinkosten ergibt sich auch dadurch, dass die Definition der Herstellungskosten von immateriellen Vermögenswerten grundsätzlich der Definition jener von Sachanlagen entspricht und in IAS 16 wiederum auf IAS 2 verwiesen wird, nach dem ua. gem. IAS 2.15 explizit (fixe und variable) Produktionsgemeinkosten (production overheads) ansatzpflichtig sind (zur Herstellungskostendefinition nach IAS 2 vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 2, Tz. 43–67). Demnach sind zB die Personalkosten für den Leiter der Entwicklungsabteilung oder die Abschreibungen für Laboreinrichtungen als Herstellungskostenbestandteile (ggf. anteilig) zu berücksichtigen.
Tz. 92
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Folgende Kosten dürfen gem. IAS 38.67 neben den nicht zurechenbaren Verwaltungskosten und anderen allgemeinen Gemeinkosten, die dem betrachteten selbst erstellten immateriellen Vermögenswert ebenfalls nicht direkt zurechenbar sind, nicht in die Herstellungskosten von selbst erstellten immateriellen Vermögenswerten einbezogen werden:
- Vertriebskosten,
- identifizierte Kosten für Ineffizienzen und betriebliche Anlaufverluste, die vor der geplanten Nutzung des immateriellen Vermögenswertes anfallen, und
- Kosten zur Schulung der Mitarbeiter zur Betreibung der immateriellen Vermögenswerte.
Tz. 93
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Neben dieser sachlichen Abgrenzung der Bestandteile der Herstellungskosten wird in IAS 38 zudem die zeitliche Abgrenzung der Bestandteile der Herstellungskosten ausführlich – auch anhand eines Beispiels – verdeutlicht. Aus bilanzieller Sicht beginnt der Herstellungszeitraum, sobald der selbst erstellte immaterielle Vermögenswert erstmalig aktivierungspflichtig ist, dh. erstmalig die sechs Ansatzkriterien gem. IAS 38.57 erfüllt sind, und endet, sobald der immaterielle Vermögenswert den vom Management beabsichtigten Gebrauchszustand erreicht hat. Kosten, die vor diesem Zeitraum anfallen, dürfen ebenso wenig aktiviert werden wie die Kosten, die nach der Herstellung der Gebrauchsfähigkeit bis zB zur tatsächlichen Nutzung anfallen. So dürfen nur die Kosten in die Herstellungskosten bei Zugangsbewertung einbezogen werden, die am oder nach dem Zeitpunkt angefallen sind, an dem die Ansatzkriterien für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte erstmalig erfüllt wurden. Kosten, die zwar innerhalb des laufenden Geschäftsjahres, aber vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Erfüllung der Ansatzkriterien angefallen sind, dürfen nach IAS 38.53 nicht als Bestandteil der Herstellungskosten aktiviert werden (für ein Beispiel vgl. Tz. 75).