Prof. Dr. Isabel von Keitz, Prof. Dr. Peter Wollmert
Tz. 92a
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Unter Abgaben (levies) iSd IFRIC 21 sind gemäß IFRIC 21.4f. Beträge zu verstehen, die das bilanzierende Unternehmen an die öffentliche Hand künftig zu zahlen hat und die weder eine Ertragsteuer iSd. IAS 12 noch eine Strafe oder ein Bußgeld noch eine Zahlung für den Kauf eines Vermögenswertes oder einer Dienstleistung darstellen. Verpflichtung aus dem Handel mit Emissionszertifikaten sind gemäß IFRIC 21.6 explizit aus dem Anwendungsbereich des IFRIC 21 ausgenommen. Unter die "öffentlichen Hand" werden gemäß IFRIC 21.4 analog zu den Definitionen in IAS 20 und IAS 24 regionale, nationale sowie internationale Regierungsbehörden und ähnliche Körperschaften verstanden (vgl. dazu IFRS-Komm., Teil B, IAS 20, Tz. 7). In den Anwendungsbereich des IFRIC 21 fallen zB die sogenannten Bankenabgaben, die nach § 2 RStruktFG beitragspflichtige Kreditinstitute an den Restrukturierungsfonds jeweils zum 30.09. als Jahresbeitrag zu leisten haben (vgl. dazu auch Tz. 159a).
IFRIC 21 konkretisiert die Anforderungen an den Ansatz einer Rückstellung für derartige Abgaben, insbesondere für die Frage, was in diesem Fall eine gegenwärtige Verpflichtung aus einem Ereignis der Vergangenheit (vgl. Tz. 41 ff.) konstituiert: Bei dem verpflichtenden Ereignis in der Vergangenheit handelt es sich um die Tätigkeit des Unternehmens, die die Abgabepflicht ausgelöst hat (IFRIC 21.8). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass weder der Erlass der Abgabepflicht durch den Staat noch die Zahlung der Abgabe für sich genommen das ausschlaggebende Ereignis sind (vgl. Urbanczik, KoR 2013, S. 414). Zudem stellen IFRIC 21.9ff. klar, dass dieses Ereignis in der Vergangenheit liegen muss. Aus der Tatsache, dass das Unternehmen voraussichtlich in künftigen Perioden weiterhin tätig sei wird (Prämisse der Unternehmensfortführung) und ggf. in diesen künftigen Perioden durch seine Tätigkeiten eine Abgabepflicht auslöst, leitet sich für die Gegenwart keine (auch keine faktische) Verpflichtung zur Bildung einer Rückstellung ab. Wurde die Abgabe dennoch gezahlt, bevor das verpflichtende Ereignis eingetreten ist, so ist ein dafür ein Vermögenswert anzusetzen (IFRIC 21.14). Entsprechend gilt auch für den Zwischenabschluss: Sofern das verpflichtende Ereignis zum Stichtag des Zwischenabschlusses (noch) nicht eingetreten ist, ist keine Rückstellung anzusetzen (IFRIC 21.13).
Sofern das verpflichtende Ereignis nicht zu einem einzelnen Zeitpunkt, sondern über einen Zeitraum stattfindet, ist die Rückstellung zeitanteilig zu bilden. Im Zusammenhang des Anwendungsfalls der Bankenabgaben ergibt sich hier die Fragestellung, ob diese jeweils zu Jahresbeginn bereits in voller Höhe zu passivieren sind oder zeitanteilig über die Quartale (vgl. dazu Tz. 159a). Entsteht die Abgabepflicht erst, wenn ein bestimmtes Aktivitätslevel erreicht ist, löst hingegen erst das Erreichen dieses Levels den Ansatz der Rückstellung aus (IFRIC 21.11f.).