Dipl.-Kfm. Christoph Piesbergen, Silvia Geberth
Tz. 28
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Um den Anwendungsbereich der Interpretation und die Abgrenzung zu nicht unter IFRIC 12 fallende Vereinbarungen zu verdeutlichen, stellt das IFRIC in Information note 2 zu IFRIC 12 folgende Tabelle (Abb. 2) zur Verfügung:
Abb. 2: Mögliche Vereinbarungen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor (Quelle: IASB, IFRIC 12, Information note 2)
a. Abgrenzung zwischen Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen und Vermögenswerten nach IAS 16
Tz. 29
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
In IFRIC 12.11 wird explizit ausgeführt, dass Infrastruktureinrichtungen im Rahmen einer Dienstleistungskonzession im Anwendungsbereich des IFRIC 12 beim Betreiber nicht als Sachanlagen nach IAS 16 zu bilanzieren sind, da die vertragliche Dienstleistungsvereinbarung dem Betreiber nicht das Recht einräumt, den Vermögenswert (die Infrastruktur) zu kontrollieren. Der Betreiber erhält lediglich ein Zugangsrecht zur Infrastruktur, das es ihm ermöglicht, die Infrastruktur zu betreiben bzw. der Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Dieses Zugangsrecht ist im Vergleich zum Recht des wirtschaftlichen Eigentümers einer Infrastruktur, welches nach IAS 16 zu bilanzieren wäre, deutlich reduzierter im Umfang. Finanziert ein privates Unternehmen den Bau und Betrieb einer Infrastruktur, ohne dafür eine Gegenleistung vom Staat zu erhalten und ohne die Verpflichtung einzugehen, die Infrastruktur zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Staat zu übertragen, handelt es sich bei der Infrastruktur aus Sicht des Betreibers (des privaten Unternehmens) in der Regel um einen Vermögenswert iSd. IAS 16. Auch bei einer Dienstleistungskonzessionsvereinbarung wird die Infrastruktur vom privaten Unternehmen, dem Betreiber, finanziert. Jedoch erhält dieses als Gegenleistung in der Folge entweder ein festes Entgelt von der öffentlichen Hand oder das Recht, von den Nutzern der Infrastruktur Gebühren zu vereinnahmen. Bei einer Dienstleistungskonzessionsvereinbarung liegt das wirtschaftliche Eigentum bei der öffentlichen Hand (vgl. hierzu ausführlich Klaholz, 2009, S. 89ff.).
b. Abgrenzung zwischen IFRIC 12 und Vereinbarungen, die in den Anwendungsbereich von IFRS 16 fallen
Tz. 30
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Eine Vereinbarung zwischen der öffentlichen Hand und einem privaten Unternehmen kann auch einen Leasingvertrag beinhalten, der gemäß IFRS 16 zu bilanzieren wäre. Während IAS 17, der Vorgängerstandard von IFRS 16, auf einem Risiko-Chancen-Modell zur Identifizierung von Leasingverträgen basierte, wendet IFRS 16 ebenso wie IFRIC 12 ein Kontrollmodell an. Entsprechend dürfte die Abgrenzung zwischen Leasingverträgen und nach IFRIC 12 zu bilanzierenden Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen durch das Inkrafttreten von IFRS 16 einfacher geworden sein. Vor diesem Hintergrund hatte das IASB geprüft, ob es erforderlich ist, Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen im Anwendungsbereich von IFRIC 12 explizit aus dem Anwendungsbereich von IFRS 16 auszuschließen. Auf Wunsch von Interessenträgern hat das IASB aus Gründen der Klarheit in IFRS 16 einen Anwendungsbereichsausschluss für Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen aufgenommen (vgl. IFRS 16.BC69).
Tz. 31
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Ein Leasingverhältnis ist nach IFRS 16 definiert als eine Vereinbarung, bei welcher der Vertrag das Recht überträgt, die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts für einen bestimmten Zeitraum gegen eine Gegenleistung zu kontrollieren (vgl. IFRS 16.9). Das Recht, die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts zu kontrollieren, wird dann in Form des Rechts beschrieben, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen, dh., der Kunde muss berechtigt sein
(a) |
im Wesentlichen den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwendung des identifizierten Vermögenswerts zu ziehen und |
(b) |
über die Nutzung des identifizierten Vermögenswertes zu entscheiden (vgl. IFRS 16.B9). |
Im Falle einer Dienstleistungskonzessionsvereinbarung, bei der die Voraussetzungen des IFRIC 12.5 vorliegen, würde der Betreiber nach Ansicht des IFRIC aber gerade nicht das Recht haben, die Verwendung der Infrastruktur zu kontrollieren. Der Betreiber bei einer Dienstleistungskonzessionsvereinbarung hat lediglich ein Zugangsrecht für die Errichtung bzw. Sanierung und den Betrieb der Infrastruktur (vgl. IFRIC 12.BC22 bis BC24).
Tz. 32
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Viele Outsourcing-Vereinbarungen werden nicht in den Anwendungsbereich von IFRIC 12 fallen. SIC 29.1 nennt als Beispiele für Vereinbarungen, die keine Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen sind, das Outsourcen eines Unternehmens von internen Dienstleistungen (zB Mitarbeiterkantine, Gebäudeinstandhaltung, Buchhaltung oder Informationstechnologie). Im September 2005 erklärte das IFRIC, dass eine IT-Outsourcing-Vereinbarung mit einer Behörde seiner Ansicht nach nicht Gegenstand der Interpretation ist (vgl. IFRIC, September 2005, S. 1–3; PwC, 2021, Tz. FAQ 34.5.2; Deloitte, 2021, Chapter A35, Section 2.1). Das IFRIC kam vorläufig zu dem Schluss, dass auf eine solche Outsourcing-Vereinbarung IFRIC 4 (heute: IFRS 16) Anwendung finden würde. Die Infrastruktureinrichtung würde in diesem Fall vom Konzessionsgeber genutzt, um ihn in die Lage zu verset...