Prof. Dr. Jens Wüstemann, Dr. Sonja Wüstemann
Tz. 123
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Ein Kundenvertrag kann auch ein vom Unternehmen an Kunden zu zahlendes Entgelt ("consideration payable to a customer") beinhalten, wobei dies nicht nur direkte Kunden, zB Zulieferer oder Endkunden, sondern jegliche Kunden der Vertriebskette umfasst (IFRS 15.70; vgl. TRG, Agenda Paper No. 28, 2015, Tz. 24–27; zur Zustimmung TRG, Agenda Paper No. 44, 2015, Tz. 15). Als zu erfassende Gegenleistungen gelten bspw. Zahlungen im Austausch für vom Kunden erhaltene Waren, Gutschriften, Rabatte oder Coupons (IFRS 15.70; IFRS 15.BC255). Auch sog. Platzierungsgebühren ("Slotting, Listing, Placement Fees"), die Unternehmen an Händler zur möglichst auffälligen Platzierung ihrer Waren zahlen, sind hierunter zu subsumieren (IFRS 15.IE160 f.; vgl. PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 4-30; Grote et al., Die neuen Vorschriften zur Umsatz- und Gewinnrealisierung (Teil 1), KoR 2014, S. 411; zu diesem sowie weiteren Beispielen EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 99 f.). Da diese Gebühren aufgrund bislang fehlender expliziter Vorschriften zur Erfassung etwaiger Gegenleistungen (vgl. TRG, Agenda Paper No. 28, 2015, Tz. 8; KMPG, 2014, S. 50) teilweise unterschiedlich, konkret als immaterielle Vermögenswerte aktiviert, sofort als Aufwand erfasst oder unmittelbar erlösmindernd bilanziert wurden (vgl. Lüdenbach et al., in: Haufe IFRS-Kommentar, 14. Aufl., § 25, Tz. 114), sind Änderungen der Bilanzierungspraxis zu erwarten (vgl. EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 100; KPMG, 2014, S. 50; Grote et al., Bevorstehender Anpassungsbedarf (Teil 2), KoR 2012, S. 174).
Tz. 124
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
An Kunden zu zahlende Entgelte können mit den an das Unternehmen zu leistenden Gegenleistungen verrechnet werden, auch wenn beide Transaktionen eigenständig sind (IFRS 15.BC257; zur Diskussion zu erfassender Entgelte vgl. TRG, Agenda Paper No. 28, 2015, Tz. 9–23; TRG, Agenda Paper No. 44, 2015, Tz. 10–13). Grundsätzlich sind Zahlungen an Kunden – sofern sie keine Gegenleistung für den Erhalt eigenständiger Güter oder Dienstleistungen darstellen (zu eigenständigen Leistungsverpflichtungen vgl. Tz. 55–63) – vom Transaktionspreis abzuziehen und folglich als Umsatzminderung zu erfassen (IFRS 15.70). Entgelte in Form variabler Vergütungsbestandteile sind entsprechend den Regelungen zur Schätzung des Transaktionspreises (unter Berücksichtigung möglicher Beschränkungen) zu bilanzieren (IFRS 15.70).
Tz. 125
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Bilanzierung an Kunden zu zahlender Entgelte, die eine Gegenleistung für eine eigenständige Leistungsverpflichtung darstellen, erfolgt wie ein Kaufgeschäft zwischen Unternehmen und Lieferanten (IFRS 15.71; IFRS 15.BC256). Eine etwaige Differenz aus einer den Fair Value der Vermögenswerte übersteigenden Zahlung ist transaktionspreismindernd zu erfassen (IFRS 15.71). Sofern der beizulegende Zeitwert der vom Kunden erhaltenen Güter oder Dienstleistungen jedoch nicht vernünftig ermittelt werden kann, ist das gesamte an den Kunden zu zahlende Entgelt vom Transaktionspreis abzuziehen (IFRS 15.71).
Tz. 126
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Eine Umsatzminderung aufgrund an Kunden zu zahlender Entgelte erfolgt entweder in dem Zeitpunkt, in dem das Unternehmen den Umsatz aus der erbrachten Leistung erfasst oder die Zahlung an den Kunden tätigt bzw. diesem zusichert, wobei der spätere der beiden Zeitpunkte maßgeblich ist (IFRS 15.72). Die Zusicherung einer Gegenleistung kann von dem Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängen und nur implizit aufgrund der gängigen Geschäftspraxis des Unternehmens bestehen (IFRS 15.72(b)). Sofern die Zahlung bestimmter Entgelte an Kunden jedoch bereits bei Vertragsschluss vom Unternehmen erwartet wird, wie bspw. bei Rabatten, sind diese als variable Vergütungen auch zu diesem Zeitpunkt im Transaktionspreis zu berücksichtigen, mithin nicht erst zu dem (späteren) Zeitpunkt, wenn das Unternehmen die Zahlung tätigt bzw. dem Kunden zusichert (vgl. TRG, Agenda Paper No. 44, 2015, Tz. 16; kritisch im Hinblick auf die entstehenden Inkonsistenzen EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 99).