Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 94
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Manchmal werden immaterielle Vermögenswerte unentgeltlich (free of charge) oder für eine lediglich symbolische Gegenleistung (nominal consideration) von der öffentlichen Hand vergeben. Beispiele für solche mit Hilfe von öffentlichen Zuschüssen "erworbenen" immateriellen Vermögenswerte sind Fluglizenzen, Start- und Landerechte (vgl. dazu ausführlich Olbrich/Dallmayr/Zilch, BFuP 2009, S. 207–221), Fernseh- oder Radiorechte, Importlizenzen oder sonstige Kontingente für begrenzt verfügbare Vermögenswerte (IAS 38.44). Auch die seit dem 01.01.2005 von bestimmten Anlagebetreibern benötigten CO2-Emissionsrechte werden zT durch unentgeltliche Zuteilung vom Staat "erworben" (zur Bilanzierung von Emissionsrechten vgl. Tz. 174–178 sowie Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, 18. Aufl., Tz. 46–51).
In IAS 38.44 wird ausschließlich die Bilanzierung von zugewendeten immateriellen Vermögenswerten behandelt. Sofern ursprünglich von der öffentlichen Hand vergebene Vermögenswerte im Zuge einer gesonderten Anschaffung tatsächlich (entgeltlich) erworben werden, ist regelungssystematisch IAS 38.25–32 anzuwenden (vgl. so auch Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 244).
Für die Zugangsbewertung von durch die öffentliche Hand zugewendeten immateriellen Vermögenswerten sind die Bewertungsvorschriften des IAS 20 anwendbar (IAS 38.44). Hiernach kann das Unternehmen sowohl den immateriellen Vermögenswert als auch den Zuschuss jeweils mit dem beizulegenden Zeitwert zum Zugangszeitpunkt bewerten (IAS 20.23). Alternativ kann sowohl der immaterielle Vermögenswert als auch die Zuwendung mit einem Merkposten bzw. einem symbolischen Wert bewertet werden. Bei Anwendung dieser alternativen Möglichkeit sind den Anschaffungskosten (dh. dem Merkposten bzw. dem symbolischen Gegenwert) gem. IAS 38.44 die sonstigen direkt zurechenbaren Anschaffungsnebenkosten hinzuzurechnen, die erforderlich sind, um den immateriellen Vermögenswert in der vorgesehenen Verwendung nutzen zu können (vgl. Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 245; für eine Diskussion der bilanziellen Behandlung von privaten Zuschüssen, die vom IASB bisher nicht gesondert geregelt wurden vgl. ADS Int, Abschnitt 9, Tz. 71).