Prof. Dr. Christian Fink, Dr. Fedor Zeyer
Tz. 41
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Mit dem überarbeiteten IAS 24 wurde der Begriff der öffentlichen Stelle (zT auch als öffentliche Hand bezeichnet) in die Definitionen des IAS 24.9 aufgenommen. Aus Gründen der Konsistenz zwischen den einzelnen Standards bezieht sich eine öffentliche Stelle (government) nach IAS 24 – in Anlehnung an IAS 20.3 – auf Regierungsbehörden, Institutionen mit hoheitlichen Aufgaben und ähnliche Körperschaften, unabhängig davon, ob diese auf lokaler, nationaler oder internationaler Ebene angesiedelt sind. Beispielhaft können als Institutionen oder Körperschaften mit hoheitlichen Aufgaben Handwerkskammern, die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder die Bundesanstalt für Arbeit genannt werden (vgl. auch Zülch/Popp, PiR 2011, S. 93). Diese eher weit gefasste Definition öffentlicher Stellen trägt insbesondere dem Umstand Rechnung, dass eine enger gefasste und detailliertere Definition möglicherweise bestimmte Strukturen öffentlicher Stellen in einzelnen Rechtskreisen ausgrenzen könnte (IAS 24.BC41). Auf diese Weise soll demnach eine Berücksichtigung der Vielfältigkeit der Organisation öffentlicher Stellen gewährleistet und die Möglichkeit der Abbildung öffentlicher Stellen aller Rechtskreise sichergestellt werden.
Ein Unternehmen steht einer öffentlichen Stelle nahe, wenn diese das Unternehmen beherrscht, an dessen gemeinschaftlicher Führung beteiligt ist oder maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen ausübt (IAS 24.9, IAS 24.25 (a)).
Darüber hinaus werden – im Zuge der Gewährung bestimmter Erleichterungen bei den Angabepflichten – nach IAS 24.25 (b) auch Unternehmen als nahestehend definiert, wenn dieselbe öffentliche Stelle diese Unternehmen beherrscht, an deren gemeinschaftlicher Führung beteiligt ist oder maßgeblichen Einfluss auf sie ausübt. Grundsätzlich wird damit die ursprüngliche Logik der Definition nahestehender Unternehmen durchbrochen, da auf diese Weise auch zwei Unternehmen als nahestehend gelten können, wenn dieselbe öffentliche Stelle lediglich maßgeblichen Einfluss auf die beiden Unternehmen hat. Dies ist jedoch im Ergebnis entschuldbar, da ein Nahestehen aufgrund der Nähe zu einer öffentlichen Stelle bestimmte Befreiungstatbestände erfüllt und somit nur eine geringfügige Ungleichbehandlung aus dieser definitorischen Inkonsistenz resultiert.
Beispiel 12:
Die öffentliche Stelle A hält 100 % der Anteile an der A GmbH und beherrscht diese. Zudem hält die öffentliche Stelle A jeweils 25 % der Anteile an der berichterstattenden B GmbH und an der C GmbH und übt einen maßgeblichen Einfluss auf die beiden Unternehmen aus.
Entsprechend der Definition des IAS 24.25 (b) stehen der B GmbH neben der öffentlichen Stelle A auch die A GmbH und die C GmbH nahe.
Abb. 13
Insbesondere in einem verstärkt staatlich kontrollierten Umfeld kommt es häufig vor, dass eine öffentliche Stelle in Beziehung zu einer oder mehreren anderen öffentlichen Stellen steht. So ist es beispielsweise nicht unüblich, dass ein staatlicher Energieversorger seine Brennstoffe bei einer staatlich kontrollierten Ölgesellschaft erwirbt. In einem derartigen Umfeld ist es oftmals schwierig, andere Unternehmen als staatlich kontrollierte Unternehmen zu identifizieren, zumal diese untereinander durchaus auch in ein Konkurrenzverhältnis treten können und daher Beziehungen wie unter fremden Dritten pflegen. Aus diesem Grund hat sich der IASB dazu entschlossen für öffentlichen Stellen nahestehende Unternehmen bestimmte Erleichterungen bzgl. der Angabepflichten zu definieren (vgl. dazu Tz. 72ff.).